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Fall: Ein Vertreter, der doch kein Experte war


A. Sachverhalt
Naiv (N) ist Studentin im ersten Semester Wirtschaftsrecht. Sie lernt in einer Party den Maschinenbaustudenten Angeber (A) kennen. Da N gerade ein Auto kaufen möchte, spricht sie mit ihren Freundinnen und Freunden auf der Party über Möglichkeiten, gut erhaltene Gebrauchte zum vernünftigen Preis zu besorgen. A schaltet sich ein und gibt zu vielen Themen rund ums Auto immer wieder sehr professionelle Bemerkungen ab. N denkt, dass A ein kompetenter Autoexperte ist und bittet ihn anschließend um Hilfe bei der Suche nach ihrem neuen Gebrauchten.

A wundert sich etwas, weil er sein Wissen über Autos ausschließlich aus der Autobild bezieht, willigt aber nicht zuletzt deshalb ein, weil es ihm schmeichelt, von der N um Hilfe gebeten zu werden. Im Ergebnis bekommt A 5.000 EUR in die Hand gedrückt und soll für N ein "möglichst gutes und cooles" Auto finden.

Dies tut A mehr schlecht als recht und bringt der N nach einigen Tagen ein völlig überteuertes Fahrzeug im katastrophalen Zustand, das er beim Händler Ehrenwort (E) im Namen der N gekauft und sogleich bezahlt hat. N ist enttäuscht und erkennt nun, dass A doch keine Ahnung von Autos hat. Sie meint, dass sie die Beauftragung des A rückgängig machen will, weil sie sich über die Kompetenzen des A geirrt habe. Sie möchte auch ihr Geld zurück haben.

B. Frage
Wie ist die Rechtslage?

C. Musterlösung - Gruppe CD

1. Anspruch der N gegen E auf Rückzahlung der 5.000 EUR gem. 812 I 1 1. Alt. BGB
N könnte gegen E einen Anspruch auf Erstattung der 5.000 EUR aus § 812 I 1 1. Alt. BGB haben. Dies ist dann der Fall, wenn E durch eine Leistung eines anderen auf dessen Kosten erlangt hat und dies ohne rechtlichen Grund geschah.

a. Etwas durch eine Leistung erlangt
Die 5.000 EUR wurden aufgrund des geschlossenen Kaufvertrages von N über A an E gezahlt. Damit hat E das Geld durch eine Leistung etwas erlangt.

b. Ohne rechtlichen Grund
Ein rechtlicher Grund könnte gegeben sein, wenn zwischen N und E ein wirksamer Kaufvertrag geschlossen wurde.

N hat hier persönlich keinen Vertrag mit E geschlossen. Der Vertrag zwischen N und E könnte jedoch dadurch geschlossen worden sein, dass für N der A gehandelt hat. Angebot und Annahme zwischen A und E liegen vor. A hat laut Sachverhalt im Namen der N das Auto gekauft. Damit ist das Handeln des A der N zuzurechnen.

Problematisch ist hier jedoch, inwiefern das Geschäft für und gegen die N wirkt, weil N den dem A erteilten Auftrag rückgängig machen möchte. Dadurch könnte A ohne Vollmacht gehandelt haben. A handelte mit Vollmacht, wenn N ihm die Vollmacht gem. § 167 I BGB erteilt hat, diese Vollmacht noch fortbesteht und das Rechtsgeschäft vom Umfang der Vollmacht gedeckt ist.
Es stellt sich die Frage, ob N dem A Vollmacht erteilt hat. Die Vollmachtserteilung ist eine Willenserklärung, die N gegenüber A oder dem Geschäftspartner abgegeben haben muss. N hat bei Übergabe der 5000 EUR Vollmacht zum Erwerb eines "möglichst guten und coolen" Autos erteilt. Aber N könnte gem. § 119 BGB die Erteilung der Vollmacht mit der Wirkung gem. § 142 BGB anfechten. Voraussetzung dafür ist, dass das Rechtsgeschäft anfechtbar ist, N die Anfechtung rechtzeitig erklärt und dass die Anfechtung nicht ausgeschlossen ist.

Anfechtungsgrund könnte dadurch gegeben sein, dass N nicht wusste, dass A im Hinblick auf den Autokauf nicht kompetent genug ist. Darin könnte ein Eigenschaftsirrtum gem. § 119 Abs. 2 BGB. Die Voraussetzungen des § 119 II BGB sind gegeben, wenn ein Irrtum über die Eigenschaften einer Person oder Sache vorliegt, diese Eigenschaft verkehrswesentlich ist und die Kausalität zwischen dem Irrtum und der Erklärung gegeben ist. N hat sich insofern geirrt, dass sie dachte, dass A von Autos Ahnung hat, während dies nicht der Fall war. Ein Irrtum seitens N im Hinblick auf die Eigenschaften einer Person liegt somit vor. Die Eigenschaft - Kompetenz im Hinblick auf Autos - war für die Vollmachterteilung wesentlich. Hätte N von Anfang von der fehlenden Kompetenz des A gewusst, hätte sie ihm keine Vollmacht erteilt. Damit war der Irrtum für die Vollmachtserteilung kausal. Damit ist der Irrtum i.S.d. § 119 II BGB als Anfechtungsgrund in diesem Fall gegeben.

Weitere Voraussetzung ist die Anfechtungserklärung gem. § 143 BGB. Die Rückgängimachung des Auftrags bedeutet, dass N sich vom Rechtsgeschäft mit A komplett distanziert. Damit drückt sie auch den Willen aus, dass die ursprünglich erteilte Vollmacht auch keinen Bestand haben sollte. Damit ist eine Anfechtungserklärung im Hinblick auf die Vollmachtserteilung seitens N anzunehmen.

Zudem ist die Anfechtungsfrist gem. § 121 BGB - unverzüglich nach Kenntnis des Anfechtungsgrundes - erfüllt. Die Anfechtung ist im vorliegenden Fall auch nicht ausgeschlossen.

Damit durfte N die Vollmachterteilung erfolgreich anfechten.











D. Musterlösung - Gruppe AB






E. Lösungshinweise
Problem: kann die Vollmachterteilung angefochten werden?
Nach Rechtsprechung ja. Damit wendet der BGH die Vorschrift wörtlich an, indem die Anfechtung möglich ist und der Vertreter dafür - sofern er als Vertreter ohne Vertretungsmacht in Anspruch genommen wird - einen Anspruch aus § 122 BGB hat.

Andere Lösungen wären:
- Ausschluss der Anfechtung
- Zulassung der Anfechtung durch Vertretener gegenüber dem Geschäftspartner direkt (*)
(*) Vgl. dazu Medicus, BGB AT Rn. 945.
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