Version [25306]
Dies ist eine alte Version von FallBuecherGegenGebot erstellt von AnnegretMordhorst am 2013-04-13 15:53:21.
Fall: Bücher gegen Gebot
A. Sachverhalt
An der Hochschule in S wurde ein elektronisches schwarzes Brett errichtet, mit dessen Hilfe Studierende Bücher, CDs, Möbel und ähnliche Gegenstände kaufen, verkaufen oder tauschen können. Der Wirtschaftsstudent Faul (F) bietet am 25.10. mehrere Bücher zu BWL und VWL, die er nach den jeweils erfolgreichen Prüfungen nicht mehr benötigt, zum Verkauf an. Die Bücher sollen in einem Paket an den Höchstbietenden gehen, wie sich F ausdrückt. Zwecks Kontakt hinterlässt F eine E-Mail-Adresse. Das Angebot erscheint auf dem schwarzen Brett normalerweise 10 Tage lang, F verlängert seine Anzeige nicht.
Die Studentin des ersten Semesters Tüchtig (T) schreibt bereits am 28.10. an F, dass sie die Bücher für insgesamt 90 EUR gern nimmt und wartet vergeblich mehrere Tage auf eine Antwort. Als T sich schließlich - mangels Alternative - einige neue Bücher zulegt, schreibt ihr F am 20.11. eine E-Mail, dass er den von T vorgeschlagenen Preis akzeptiere und fragt, wo das Geschäft vollzogen werden kann.
T ist verwirrt und möchte die Bücher, die sie nun doppelt hätte, nicht mehr von F nehmen.
B. Frage
Kann F von T verlangen, dass die Bücher bezahlt und abgenommen werden?
C. Lösungshinweise
Bitte unbedingt § 145 BGB und ff. lesen! Die nachstehenden Lösungshinweise sind kein vollständiges Gutachten.
Wie in jedem Fall, bei dem die Frage nach einem Anspruch gestellt wird, ist die Anspruchsgrundlage zu identifizieren und der zur Anspruchsgrundlage passende Prüfungsaufbau ist zu durchlaufen.
Als Anspruchsgrundlage kommt hier der Zahlungsanspruch des Verkäufers gem. § 433 II BGB in Betracht.
Jeder Anspruch - auch der aus § 433 II BGB - ist dann gegeben, wenn er:
- erworben und
- nicht verloren wurde sowie
- durchsetzbar ist.
Der Anspruch aus § 433 II BGB ist ein klassischer vertraglicher Anspruch auf Vertragserfüllung. Einen solchen Anspruch erwirbt man auf jeden Fall dann, wenn:
- ein Vertrag geschlossen wurde,
- dieser Vertrag dem Inhalt nach dem geltend gemachten Anspruch entspricht (hier: Kaufvertrag, Bücher für 90 EUR) und
- der Vertrag auch wirksam ist.
Zunächst ist hier der Vertragsschluss zu prüfen. Zum Abschluss eines Vertrages müssen folgende Voraussetzungen vorliegen:
- auf der einen Seite liegt ein Angebot vor,
- die andere Partei nimmt das Angebot an (Annahme)
- die Annahme erfolgt in der Weise / zu einem Zeitpunkt, dass die Annahme noch zum Vertragsschluss führen kann, das Angebot also noch bindend ist (Annahmefähigkeit),
- beide Erklärungen stimmen überein (Konsens oder Übereinstimmung)
Im vorliegenden Fall ist problematisch, von welcher Seite ein Angebot ausgegangen ist. Das Einstellen der Anzeige ist im Ergebnis nicht verbindlich genug, damit darin ein Angebot gesehen werden könnte. Es ist also zu prüfen, ob die E-Mail der T ein Angebot darstellt. Ein Angebot ist:
- eine Willenserklärung - E-Mail der T mit der Absicht, Bücher zu kaufen (+)
- mit dem Inhalt Angebot - alle notwendigen Umstände erläutert (Bücher, Preis) (+)
- Abgabe und Zugang - E-Mail abgesendet und bei F auch angelangt.
Eine Annahme seitens F ist nach gleichen Regeln zu prüfen:
- Willenserklärung - E-Mail an T mit Einverständnis (+)
- inhaltlich Annahme - (+)
- Abgabe und Zugang (+), T hat die E-Mail erhalten
Annahmefähigkeit ist aber problematisch. Ein Angebot ist zumindest dann nicht annahmefähig, wenn die Bindung an den Antrag nicht mehr besteht. Nach §§ 146 ff richtet sich das nach:
- festgesetzter Frist, § 148 BGB - T hat aber keine Frist gesetzt
- nach § 147 II BGB entsprechend dem normalen Zeitrahmen für den Rücklauf der Antwort.
Ergebnis:
- keine Annahmefähigkeit = kein Vertrag geschlossen
- also Anspruch nicht erworben
- also kein Anspruch.
Ähnlicher Sachverhalt auch im AS Skript, Grundlagen Fälle BGB AT, 2007, Fall 9.
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