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Konzessionsverträge in der Energiewirtschaft

rechtliche Vorgaben nach EnWG


Den Musterkonzessionsvertrag des Städte und Gemeindebund Thüringen finden Sie hier


A. Einführung

Das Gesetz verwendet in der Überschrift des § 46 EnWG den Begriff des Konzessionsvertrages nicht. Dort heißt es Wegnutzungsverträge. Demnach ist bei der Benutzung von öffentlichen Verkehrswegen zwischen dem einfachen und dem qualifizierten Wegnutzungsvertrag zu unterscheiden. Bei qualifizierten Wergnutzungsverträge, diese werden auch als Konzessionsverträge bezeichnet, umfasst der Vertragsgegenstand die Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen zur direkten Versorgung von Letztverbrauchern innerhalb eines Gemeindegebiets. Somit sind die Leitungen vom Konzessionsvertrag umfasst, welche zum Netz der allgemeinen Versorgung zählen. Dieser ist also gebietsbezogen. Im Gegensatz hierzu hat der einfache Wegnutzungsvertrag gem. § 46 Abs. 1 EnWG nur eine Energieleitung, die zur direkten Versorgung von Letztverbrauchern vorgesehen ist (Direktleitung), zum Inhalt. Im Gegensatz zu § 46 Abs. 1 EnWG besteht für den Abschluss des Konzessionsvertrag gem. § 46 Abs. 2 EnWG kein Kontrahierungszwang.[1]

Beim Konzessionsvertrag handelt es sich um einen privatrechtlichen Vertrag. Somit kommt dieser durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen (durch Angebot und Annahme) zustande. Die hierbei zu beachtenden gesetzlichen Regelungen ergeben sich aus den §§ 145 ff. BGB.
Hauptpflichten der Parteien sind gem. § 46 Abs. 2 S. 1 EnWG auf Seiten der Gemeinde die zur Verfügungstellung ihrer öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zu einem Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören sowie der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern dienen. Auf Seiten des Energieversorgungunternehmen sind, soweit nichts anderes vereinbart, die Konzessionsabgaben nach § 48 EnWG i.V.m. den zulässigen Umfang des § 2 KAV für die Einräumung des Wegnutzungsrechts zu zahlen.

Aufgrund der Komplexität des im Folgenden zu behandelten Themas werden im Weiteren folgende Punkte näher behandelt:

  1. die Anforderungen an die Einräumung des Wegnutzungsrechts,
  1. die Gegenleistung für die Einräumung des Wegnutzungsrechts
  1. die Begrenzung der Laufzeit
  1. die Überlassungspflicht bei Beendigung eines Konzessionsvertrages undatiert
  1. das Auslaufen eines Konzessionsvertrages sowie ge
  1. die Neureglung im Konzessionsrecht, insb. bei der Neuvergabe von Konzessionen nach § 46 Abs. 3 EnWG und
  1. eine Aufllistung ausgewählter Rechtsprechung

B. Anforderungen an die Einräumung des Wegnutzungsrechts

1. Berechtigter

Zur Nutzung der öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Energieleitungen, welche zum Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung zählen und zur unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern vorgesehen ist, ist das Energieversorgungsunternehmen berechtigt. Nach § 3 Nr. 18 EnWG ist dies jede natürliche oder juristische Personen, die Energie an andere liefern, ein Energieversorgungsnetz betreiben oder an einem Energieversorgungsnetz als Eigentümer Verfügungsbefugnis besitzen. Ausgenommen hiervon sind Betreiber einer Kundenanlage bzw. einer Kundenanlage zur Eigenversorgung. Dies kann sowohl ein fremdes Energieversorgungsunternehmen wie auch ein Eigenbetrieb der Gemeinde sein.[2]

Die Qualifizierung als Berechtigter i.S.d. § 46 Abs. 2 EnWG ist dann schwierig, wenn ein Konzern auf dieser Seite auftritt. Vor allem stellt sich dann die Frage, welches Unternehmen konkret den Vertrag schließt. Aufgrund der Entflechtungsvorgaben der §§ 6 ff. EnWG muss ein vertikal, integriertes Energieversorgungsunternehmen den Netzbetreich von den anderen Sparten trennen. Eine Anforderungen diesbezüglich besteht, dahingehend das nach § 7 EnWG, diese Unternehmen sich rechtlich entflechten müssen. Dies erfolgt durch die Gründung einer selbstständigen Netzgesellschaft. Sodann wird auf diese die Netze durch Eigentumsübertragung oder Verpachtung übertragen.[3]

Mehr Informationen zum Thema Entflechtung können im Artikel zur Entflechtung nachgelesen werden.


2. Verpflichteter

Zur Einräumung des Nutzungsrechts der öffentlichen Verfkehrswege durch Vertrag für die Verlegung und den Betrieb von Energieleitungen, welche zum Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung zählen ist nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 2 EnWG ausdrücklich die Gemeinde verpflichtet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass ausschließlich Gemeinden nach den einzelnen Gemeindeordnungen verpflichtet sein können die Nutzung der öffentlichen Verkehrswege für die Verlegung und den Betrieb von Energieleitungen, welche zum Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung zählen durch Vertrag zu gestatten. Nach § 7 KAV können auch Landkreise mit Versorgern Konzessionsverträge abschließen. Dies aber nur dann, wenn die Landkreise aufgrund von Absprachen mit den Gemeinden die Rechte nach § 1 Abs. 2 zur Verfügung stellen können. Aufgrund das § 7 S. 3 KAV, die Vorgaben der KAV für diese Fälle entsprechend anwendbatr erklärt, haben Landkreise auch die Regelung des § 2 KAV für die Höhe der Konzessionsabgabe zu beachten. [4]

3. Keine Verweigerungsgründe

Zudem dürfen für die Einräumung des Wegnutzungsrechts auf Seiten der Gemeinde keine sachlichen Verweigerungsgründe für den Abschluss eines Konzessionsvertrages vorliegen. Im Einzelnen sind folgende sachliche Verweigerungsgründe denkbar:

  • Verweigerung nach § 46 Abs. 1 S. 2 EnWG
  • Keine Genehmigung oder nur eine Genehmigung für eine der Sparten

a. Verweigerung nach § 46 Abs. 1 S. 2 EnWG

Ein sachlicher Verweigerungsgrund ergibt sich aus § 46 Abs. 1 S. 2 EnWG. Demnach können die Gemeinden den Abschluss von Verträgen ablehnen, solange das Energieversorgungsunternehmen die Zahlung von Konzessionsabgaben in Höhe der Höchstsätze nach § 48 Abs. 2 EnWG verweigert und eine Einigung über die Höhe der Konzessionsabgaben noch nicht erzielt ist. Hinsichtlich des Verweises auf § 48 Abs. 2 EnWG ist anzumerken, dass dieser nicht genau genug ist weil § 48 Abs. 2 EnWG die zulässigen Höchstsätze für die Konzessionsabgaben nicht regelt. Dieser verweist als Ermächtigungsgrundlage auf die KAV. In § 2 KAV sind sodann die zulässigen Höchstsätze für die Konzessionsabgaben normiert.[5]

b. Fehlende Genehmigung oder keine ausreichende Genehmigung

Als weiterer Verweigerungsgrund kann die fehlende Genehmigung für den Betrieb der Netze gem. § 4 EnWG oder das Vorhandensein einer Genehmigung ausschließlich für einen Bereich auf Seiten des Wegnutzungsrecht anstrebenden Energieversorgungsunternehmen in Betracht kommen.

Entsprechend § 4 Abs. 1 EnWG wird eine Genehmigung für die Aufnahme des Betriebs eines Energieversorgungsnetzes durch die nach Landesrecht zuständige Behörde benötigt. Diese Feststellung erfolgt mit der Absicht, die personelle, technische und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit zu begutachten damit die Netzbetreiber die ihnen auferlegten Aufgaben nach § 11 EnWG gerecht werden können und somit die Ziele nach § 1 EnWG realisiert werden. Vor diesem Hintergrund ist es für die Kommune möglich den Abschluss eines Konzessionsvertrages vom Vorliegen einer Genehmigung nach § 4 EnWG abhängig zu machen. Für den anderen Fall, in dem das Wegnutzungsrecht begehrende Energieversorgungsunternehmen nur über eine Genehmigung für den Betrieb des Gasnetzes verfügt bedarf es, wenn es Netze im Strombereich übernehmen möchte, für diesen Bereich einer gesonderten Genehmigung.[6]

Mehr Informationen zum Thema Genehmigung des Netzbetriebs können im Artikel zur Anzeige und Genehmigung nachgelesen werden.


4. Spezielle Anforderungen

Können die allgemeine Anforderungen bejaht werden, so müssen im weiteren folgende spezielle Anforderungen zusätzlich erfüllt werden:

  • Öffentliche Verkehrswege
  • Verlegung und Betrieb von Leitungen die zum Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung zählen
  • Unmittelbare Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet

a. Öffentliche Verkehrswege

Zudem muss die Gemeinde ihre öffentlichen Verkehrswege bereitstellen. Die sind Plätze, Wege, welche dem öffentlichen Verkehr gewidmet sind. Bei der Widmung handelt es sich um einen hoheitlichen Akt. Mittels diesen werden Straßen, Wege und Plätze einer konkreten, im öffentlichen Interesse liegende Verwendung zugeordnet. Die Widmung unterliegt keine konkreten Form. Demnach kann diese auch konkludent statt finden. Dabei unterscheidet § 46 EnWG nicht zwischen solchen Wegen, die ausschließlich dem öffentlichen Verkehr dienen und solche die diesem rechtlich gewidmet sind. Demnach sind öffentliche Wege, diejenigen diejenigen Wege einer Gemeinde auf welchen der öffentliche Verkehr möglich ist. Könnte die Gemeinde selber bestimmen welche Wege als öffentliche Wege anzusehen sind, so könnte diese in die Energieversorgung zum Nachteil der Letztverbraucher eingreifen. Dennoch ist maßgeblich, dass die Nutzung sich innerhalb des Gemeindegebrauchs abspielt. Gemeingebrauch ist das jedermann zustehende Recht die öffentlichen Straßen, Wege, und Plätze innerhalb der Widmung und der Verkehrsvorschriften zu fließenden und ruhenden Verkehr wahrzunehmen. Alleine dann ist die Nutzung auf Basis eines privatrechtlichen Vertrags möglich. Hiervon zu unterscheiden ist die Sondernutzung. Eine solche liegt vor, wenn der Gemeingebrauch direkt eingeschränkt wird oder hierzu geeignet ist. Dieser Fall wird von § 46 EnWG nicht erfasst. Nicht zu den öffentlichen Verkehrswege zählen die fiskalischen Grundzüge der Gemeinde. Bei diesen handelt es sich um rein privat genutzte Grundstücke der Gemeinde.[7]

b. Verlegung und Betrieb von Leitungen, die zum Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung zählen

Ferner erstreckt sich die Pflicht der Gemeinden aus § 46 Abs. 2 EnWG auf die Verlegung und den Betrieb von Leitungen, die zum Energieversorgungsnetz der allgemeinen Versorgung zählen. Weitere Informationen zum Begriff des Energieversorgungsnetzes der allgemeinen Versorgung können hier nachgelesen werden.

c. Unmittelbare Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet

Diese Leitungen müssen auch der direkten Versorgung von Letztverbrauchern im Gemeindegebiet dienen. In aller Regel handelt es sich hierbei um Niederspannungsnetze, doch kann eine Direktversorgung auch durch ein Mittelspannungsnetze statt finden. Hingegen ist hiervon die reine Einspeisung in ein bereits bestehendes Netz hiervon nicht erfasst. Hiervon ist selbst selbst dann auszugehen, wenn dieses Netz direkt Letztverbraucher versorgt. selbst dann auszugehen, wenn dieses Netz direkt Letztverbraucher versorgt.[8]

Hingegen kommt es für die Qualifizierung der Leitung als direkter Versorgungsweg nicht darauf an, dass diese durch das ganze Gemeindegebiet verläuft bzw. nur die Versorgung innerhalb des Gemeindegebietes übernimmt. Hiernach ist es möglich, dass auch Letztverbraucher in angrenzenden Gemeinden aus dem Mittelspannungsnetz versorgt werden. Auf diese sog. Gemischt genutzten Mittelspannungsleitungen wird bei der Überlassungspflicht gem. § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG näher eingegangen.

C. Gegenleistung für die Einräumung des Wegnutzungsrechts

Das Energieversorgungsunternehmen hat gem. § 48 EnWG im Gegenzug für die Einräumung des Wegnutzungnsrechts eine Konzessionsabgabe zu entrichten. Hinsichtlich der Anforderungen an die Zulässugkeit und die Bemessung der Konzessionsabgabe enthält § 48 Abs. 2 EnWG eine Verordnungsermächtigung, zur näheren Ausgestaltung. Von diesem Recht hat die Bundesregierung durch den Erlass der Konzessionsabgabenverordnung (KAV) Gebrauch gemacht. Dort werden in § 2 KAV die zulässigen Höchstsätze für die Konzessionsabgabe festgesetzt.

D. Begrenzung der Laufzeit

Nach § 46 Abs. 2 S. 1 EnWG ist die Laufzeit von Konzessionsverträgen auf maximal 20 Jahre begrenzt. Diese Laufzeitbegrenzung verfolgt das Ziel, dass alle 20 Jahre ein Wettbewerb um die örtlichen Verteilernetze stattfindet. Überschuldet die Vertragsdauer die 20 Jahre so ist der Vertrag gemäß §134 BGB von Anfang an unwirksam. Eine geltungserhaltende Schwächungsabsenkung auf die erlaubten 20 Jahöre ist aufgrund des klaren Wortlaut ausgeschlossen. Dem gegenüber gilt diese Begrenzung nicht für einfache Wegnutzungsverträge nach § 46 Abs. 1 EnWG.[9]

E. Überlassungspflicht bei Beendigung eines Konzessionsvertrages

1. Allgemeines

Für den Fall, dass ein Konzessionsvertrag nach seiner Beendigung nicht verlängert wird, ist der bisher Nutzungsberechtigte verpflichtet, seine für den Betrieb der Netze der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet notwendigen Verteilungsanlagen dem neuen Energieversorgungsunternehmen gegen Zahlung einer wirtschaftlich angemessenen Vergütung zu übereignen. Alternativ hierzu kann sich das neue Energieversorgungsunternehmen den Besitz hieran einräumen lassen. Bis zum EnWG 2005 war eine solche Pflicht im Gesetz nicht vorgesehen. Damals regelte man diese durch Endschaftsbestimmungen im jeweiligen Konzessionsvertrag. Demnach war die Gemeinde anspruchbertechtigt. Diese trat entweder ihren Anspruch aus der Endschaftsbestimmung an den neuen Konzessionsinhaber ab oder ließ sich in einem ersten Schritt die Verteilungsanlagen des Altkonzessionärs übertragen und übertrug diese dann in einem zweiten Schritt auf den Neukonzessionär.[10]
Vor diesem Hintergrund ist im Weiteren die Frage zu klären, in welcher Beziehung diese Endschaftsbestimmung zu der bestehenden gesetzlichen Regelung des § 46 Abs. 2 S. 2 und 3 EnWG hinsichtlich des Überlassungsanmspruchs des neuen Konzessionsinhaber stehen. Von Relevanz ist diese Frage aufgrund das die Bestimmungen in Endschaftsvereinbarungen weitergehen als jene aus § 46 Abs. 2 S. 2 und 3 EnWG. Für die Beantwortung dieser Frage ist zwischen noch abzuschließenden und bereits geschlosenen Konzessionsverträgen zu differenzieren. Beinhaltet die Endschaftsbestimmung eines zukünftigen Konzessionsvertrages eine positive Regelung für die Gemeinde, welche sich im Widerspruch zum rechtlich bestehenden Anspruch des neuen Konzessionsinhabers befindet, ist der abzuschließende Konzessionsvertrag nichtig. Diese Folge ist auch nachvollziehbar, weil der gesetzliche Anspruch des neuen Konzessionsinhabers durch eine solche Regelung ins Leere laufen würde. Ein solcher Fall ist dann denkbar, wenn die Gemeinde für den Weiterverkauf der Verteilungsanlagen an den neuen Konzessionsinhaber einen höheren Kaufpreis, als die angemessene Vergütung von diesem fordern würde. Hierdurch erhält der Konzessionsvertrag eine Gestalt eines Vertrages zu Lasten Dritter. Dieser ist somit unwirksam. Hinzukommt das § 46 EnWG zwingend ist.[11]
Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen die Kommune ein Recht auf Überlassung der Verteilungsanlagen eines bereits vor dem EnWG 2005 geschlossenen Konzessionsvertrages hat. In diesem Fall hat der BGH 2010 entschieden, dass sich nunmehr der Anspruch aus der Endschaftsbestimmung und der gesetzliche ausschließend gegenüberstehen. Dieses Konkurrenzverhältnis wird in der Praxis so gelöst, dass die Kommune ihren Anspruch aus der Endschaftsvereinbarung auf den neuen Konzessionsinhaber überträgt, sodass dieser seinen Anspruch auf zwei Grundlagen gegenüber dem Altkonzessionär geltend machen kann.[12]

2. Die einzelnen Anforderungen

a. Verteilungsanlagen

Die zur grundlegenden Versorgung im Gemeindegebiet dienenden Verteilungsanlagen führen in der Summe zum örtlichen Verteilernetz. Hiervon zu unterscheiden sind solche Anlagen, welche nicht zur örtlichen Zuteilung vorgesehen sind. Konkret sind hiermit Durchgangsleitungen angesprochen. Die hierbei vorzunehmende Differenzierung erfolgt funktional , d.h es kommt auf die Funktion der jeweiligen Anlage an. Demgegenüber ist die jeweilige Spannungsebene unerheblich. Demnach tragen in großen Gemeinden auch Anlagen auf höheren Spannungsebenen noch zur örtlichen Versorgung bei. Hingegen wird dies bei kleineren Gemeinden nicht der Fall sein. [13]
Von den Verteilungsanlagen sind auch gemischt genutzte Anlagen erfasst. Bei diesen handelt es sich um solche Anlagen, welche sowohl zur Versorgung der im Gemeindegebiet lebenden Letztverbrauchern wie auch derjenigen außerhalb dieses beitragen. Hinsichtlich deren Notwendigkeit können zwei Ansichten vertreten werden. Zum einem ist die Überlassung dieser dann notwendig, wenn diese nicht hinweg gedacht werden können, ohne das der neue Konzessionsinhaber seine Rechte genauso gut ausüben kann wie der Alte, d.h. wenn diese Anlagen sind notwendig, wenn diese ausschließlich bzw. überwiegend der Versorgungssicherheit dienen. Zum anderen wird die Pflicht zur Übertragung dieser Anlagen mit Verweis auf Art. 14 GG abgelehnt.[14]

b. Eigentumübertragung oder Einräumen von Besitz

Zudem sind diese Verteilungsanlagen vom Altkonzessionär dem Neukonzessionär gem. § 46 Abs. 2 S. 2 EnWG zu übereigenen. Alternativ hierzu sieht § 46 Abs. 2 S. 3 EnWG vor, dass sich der neue Konzessionsinhaber auch nur den Beistz an den Verteilungsnalagen einräumen lassen kann. Dies erfolgt sodann durch Verpachtung. Entscheidet sich der Neukonzessionär für eine Verpachtung, bedarf dies im Hinblick auf die Gewährleistung, dass der zukünftige Neukonzessionär die zur allgemeinen Versorgung, erforderlichen Verteilungsanlagen auch auf eine zukünftigen Konzessionsnehmer übertragen bekommt einer näheren Betrachtung. Nach dem Gesetz ist der Altkonzessionär nur verpflichtet seine für die allgemeine Versorgung notwendigen Verteilungsanlagen dem Pächter nach Beendigung seines geschlossenen Konzessionsvertrages bereitzustellen und keinen Dritten EVU. Hingegen sieht das Gesetz in § 46 Abs. 2 EnWG keine Regelung vor, wie es sich verhält, wenn der Konzessionsvertrag des Pächters nach 20 Jahren endet und dieser nun verpflichtet ist die für die allgemeine Versorgung notwendigen Verteilungsanlagen dem Neukonzessionär zu übereignen oder diesem Besitz hieran zu verschaffen. Dies ist nur vertraglich dadurch möglich, dass der Pächter und der Verpächter in ihren Vertrag eine Regelung treffen, wonach es dem Pächter nach 20 Jahren möglich sein soll die zur allgemeinen Versorgung notwendigen Verteilleranlagen an den Neuen zu angemessenen Anforderungen zu übereignen oder an ihn zu verpachten. Auch steigen die Netznutzungsentgelte durch eine Verpachtung gem. § 4 Abs. 5 StromNEV/GasNEV nicht.[15]

c. Wirtschaftlich, angemessene Vergütung

Als Gegenleistung für die Übereignungspflicht darf der Alltkonzessionär eine wirtschaftlich, angemessene Vergütung vom Neukonzesionär verlangen. Genauere Anforderungen an die wirtschaftliche Angemessenheit stellt das Gesetz nicht. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass ein Versorgerwechsel nicht aufgrund eines zu hohen Kaufpreises misslingt. Hierzu ist es notwendig die wirtschaftlich angemessene Vergütung in jeden Fall für sich zu bestimmen. Demnach ist es zunächst Aufgabe der Parteien eine Einigung über eine wirtschaftlich angemessene Vergütung zu erzielen. Ist dies nicht möglich, muss im darauf folgenden gerichtlichen Verfahren durch Sachverständige beurteilt werden, ob die vom Alkonzessionär vorgeschlagene Vergütung wirtschaftlich angemessen ist. Hierbei prüft das Gericht vor allem, ob die Forderung zu hoch ist und hierdurch der Versorgeraustausch verkompliziert bzw. ausbremst.[16]

F. Bekanntgabepfiichten bei Auslaufen eines Konzessionsvertrages

1. Grundfall, § 46 Abs. 3 S. 1 EnWG

Läuft der Konzessionsvertrag ab, so bestimmt § 46 Abs. 3 S. 1, dass die Gemeinde das Ende der Vertragslaufzeit spätestens zwei Jahre zuvor bekannt zugeben hat. Dies hat im Bundesanzeiger zu erfolgen. Bei mehr als 100.000 unmittelbar oder mittelbar angeschlossenen Kunden hat dies dann im Amtsblatt der europäischen Union zu erfolgen. Die großzügige Frist von zwei Jahren dient dazu, dass sowohl mögliche Interessenten wie auch die eeinde genügend Zeit haben sich über das Angebot umfassend zu informieren bzw. die Gemeinde ausreichend Zeit hat die Angebote zu erstellen, die eigehenden unterschiedlichen Angebote gründlich zu prüfen sowie die erforderlichen Verhandlungen bezüglich des Inhalts des Konzessionsvertrages durchzuführen.[17]
Anhand des Wortes spätestens ist es für die Gemeinde auch möglich das Ende der Vertragslaufzeit auch noch früher bekannt zu machen. Auch trifft § 46 Abs. 3 S. 1 EnWG hinsichtlich einer früheren Bekanntmachung keine Vorgaben. Ausgangspunkt für die Ermittlung der zwei Jahresfrist, zu der spätestens die Bekanntmachung statt zu finden hat, bildet das Vertragsende des laufenden Konzessionsvertrages. Die Pflicht zur Bekanntmachung liegt auch dann vor, wenn der Konzessionsvertrag nicht auf maximal 20 Jahre geschlossenb wurde. Hiervon zu unterscheiden sind die Fälle, in denen bereits bei Vertragsschluss eine Verlängerung erfolgen soll und hierdurch die Höchstlaufzeit von 20 Jahren eingehalten wird. Hierbei besteht der Vertrag aus der Grundlaufzeit und der Verlängerungsperiode. Ein solcher Fall kann bei einer Kündigungoption der Gemeinde denkbar sein und soll nachstehend am folgenden Beispiel verdeutlicht werden:[18]
Beispiel:
Das EVU schließt am 10.01.2001 einen Konzessionsvertrag mit der Gemeinde G. In diesem Vertrag vereinbaren A und G zunächst eine Laufzeit von 10 Jahren. Des Weiteren sieht dieser Vertrag eine Regelung vor: Sollte die Gemeinde G den mit A geschlossenen Konzessionsvertrag nicht kündigen, so verlängert sich dieser um 5 Jahre

Bei Vorliegen einer solchen Vereinbarung sind bezüglich der Bekanntmachungspflicht zwei Fälle zu unterscheiden. Kündigt die Gemeinde G den Konzessionsvertrag bereits nach Ablauf der 15 Jahre, so ist der letztmögliche Zeitpunkt für die Bekanntmachung der 10.01.2009. Kündigt die Gemeinde hingegen den Vertrag mit A nicht, verlängert sich dieser um 5 Jahre auf den 10.01. 2016. In diesem Fall wäre die letzte Möglichkeit zur Bekanntgabe der 10.01.2014. Aus der Regelung ergibt sich nicht eindeutig, wie sich eine nicht vorgenommene, verspätete oder fehlerhafte Bekanntmachung auf die Wirksamkeit des Konzessionsvertrages auswirkt. Bei einer unterlassenen Bekanntmachung ist von einer Unwirksamkeit des Konzessionsvertrages auszugehen. Der Gemeinde ist es verboten einen Konzessionsvertrag ohne vorherige Bekanntmachung abzuschließen. Insofern handelt es bei der Bekanntmachungspflicht um ein gesetzliches Verbot. Sinn und Zweck. Besteht darin einen Wettbewerb um Versorgungsnetze zuzulassen. Gerade deshalb widerspricht es diesem Sinn einen Vertrag am Leben zu lassen, welcher unter Missachtung der Bekanntgabepflicht geschlossen wurde. Auch behindert die Gemeinde durch die nicht vorgenommene Bekanntmachung das Entstehen des Wettbewerbs und privilegiert den bisherigen Konzessionsinhaber. Hinzu kommt, dass ausschließlich die Gemeinde zur Vergabe der Konzession berechtigt ist. Insoweit verfügt diese über eine marktbeherrschende Stellung ach §§ 19, 20 GWB. Diese Stellen ebenso ein gesetzliches Verbot i.S.d. § 134 BGB dar. Folglich führt eine unterlassene, verspätete oder fehlerhafte Bekanntmachung zur Gesamtnichtigkeit des neu abgeschlossenen Konzessionsvertrages.[19]

2. Bekanntgabepflicht bei vorzeitige Verlängerung des Konzessionsvertrages, § 46 Abs. 3 S. 3 EnWG

Wird der Konzessionsvertrag vor Ablauf der Laufzeit verlängert, so normiert S. 3 dass die Gemeinde die bestehenden Verträge zu beenden und die vorzeitige Beendigung sowie das Vertragsende öffentlich bekannt zu geben hat. Anders als bei der regulären Beendigung hat dies drei Monate vor der Beendigung des laufenden Vertrages zu erfolgen.
Im Unterschied zu Abs. 3 S. 1 und 2 regelt S. 3 auch nicht wo die Bekanntgabe zu erfolgen hat. An dieser Stelle ist § 46 Abs. 3 S. 1 und 2 analog anwendbar. Dies ergibt sich zum einem aus der Systematik und zum anderen aus dem Sinn und Zweck der Regelung einen Wettbewerb um die Versorgungnetze zu ermöglichen. Dieser Zweck dient wiederum dazu die Ziele gem. § 1 EnWG, insbesondere im Hinblick auf einen sicheren und unverfälschten Wttbewerb, zu erreichen. Demnach ist auch die Bekanntgabe der vorzeitigen Beendigung im Bundesanzeiger vorzunehmen und bei mehr als 100.000 Kunden hat diese im Amtsblatt der europäischen Union zu erfolgen.[20]
§ 46 Abs. 3 S. 3 EnWG kommt aber nur dann zur Anwendung, wenn die Vertragsparteien im Rahmen der vorzeitigen Verlängerung des Konzessionsvertrages eine vom ursprünglichen Inhalt sich unterscheidende Verlängerung verfolgen. Hingegen ist es kein Fall von Abs. 3 S. 3, wenn bereits im Ausgangsvertrag eine Verlängerungsoption enthalten ist, diese wahrgenommen wird und die Höchstlaufzeit von 20 Jahren hierdurch eingehalten wird. Etwas anderes gilt wiederum für Vertragsverlängerungen welche die Laufzeit des Konzessionsvertrages unberührt lassen. Diese sind der Bekanntgabepflicht nur dann unterworfen, wenn sie dem Abschluss eines neuen Konzessionsvertrages entsprechen. In aller Regel werden dies Änderungen sein, welche die Hauptbestandteile des Konzessionsvertrages berühren.[21]
Die Norm ist auch dahingehend nicht klar, das schon auf den Willen der Gemeinde einen Konzessionsvertrag vor Ablauf der Vertragsgeltungsdauer zu verlängern die Verpflichtung zur Beendigung des laufenden Kosten onzessionsvertrages Bezug genommen wird. Dieser Verpflichtung kann die Gemeinde jedoch in aller Regel nicht nachkommen, weil ein Konzessionsvertrag stets befristet ist und somit sausschließlich außerordentlich gekündigt werden kann. Doch begründet die in § 46 Abs. 3 S. 3 EnWG enthaltene Verpflichtung kein Recht zur außerordentlichen Kündigung auf Seiten der Gemeinde. Vielmehr bedarf der vorzeitigen Beendigung des Konzessionsvertrages einer Einvrständnisses des Altkonzessionärs. Dies erfolgt in der Regel durch einen Aufhebungsvertrag.[22]
Zudem darf gem. § 46 Abs. 3 S. 4 EnWG im Fall der vorzeitigen Beendigung eines laufenden Konzessionssvertrages, ein Vertrag mit einem neuen Konzessionsnehmer frühestens drei Monate nach der Bekanntgabe der vorzeitigen Beendigung abgeschlossen werden. Diese drei Monatsfrist dient dazu, dass die Interessenten ausreichend Zeit haben um ein Angebot zu erstellen.[23]

G. Fallbeispiel

H. Exkurs: Novellierung des Konzessionsrechts, insb. des Vergabeverfahrens bei Neukonzessionen

Synopse als pdf zu den §§ 46 ff. EnWG und §§ 46 ff. EnWG -RefE

Für die Neuvergabe einer Konzession bzw. bei vorzeitiger Verlängerung des bestehenden Konzessionsvetrtrages hat gem. § 46 Abs. 3 EnWG ein vergaberechtlich ähnliches Verfahren spätestens alle 20 Jahre zu erfolgen. Jene Verfahren wie auch die bei einer Auswechselung des Inhabers des Wegenutzungsrechtes notwendigen Netzübernahmeverhandlungen führten in der Vergangenheit, in der Praxis, immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen. Ebenso ist es absehbar, dass zukünftig solche gerichtlichen Prozesse anstehen. Hierbei besteht das Risiko, dass auch diese Verfahren einige Probleme mit sich bringen werden. Eines der großen Probleme wird die Rechtsunsicherheit sein. In letzter Zeit beschwerten sich vor allem die kommunalen Vertreter, dass eine geplante Übernahme von Energieversorgungsnetzen in kommunale Hand ("Rekommunalisierung") in der Praxis mit großen Rechtsunsicherheiten verbunden sei. Um dem entgegenzuwirken verabschiedete das Bundeskabinett letzte Woche eine Reform der Regelungen für das Verfahren der Neuvergabe einer Nutzungskonzession für Strom- und Gasversorgungsnetze. Dies erfolgte auch vor dem Hintergrund der Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag ("Bewertungsverfahren bei Neuvergabe (z. B. bei der Rekommunalisierung) der Verteilernetze eindeutig und rechtssicher zu regeln sowie die Rechtssicherheit im Netzübergang zu verbessern“". Im Wesentlichen soll dies durch folgende Instrumente sichergestellt werden:[24]

  • Ergänzung der Auswahlkriterien für das Vergabeverfahren durch Aufnahme des Merkmals "Belange der örtlichen Gemeinschaften"
  • Klarheit bei Netzkaufpreis durch Festlegung der Ertragswertmethode als durchzuführendes Bewertungsverfahren
  • Konkretisierung des Auskunftsanspruches gegenüber dem Altkonzessionär,
  • Aufnahme einer Rügenobliegenheit mit Präklusionswirkung,
  • Recht auf Akteneinsicht der Bewerber, § 47 Abs. 3 EnWG-RefE,
  • Fortzahlung der Konzessionsabgabe nach Auslaufen des Konzessionsvertrages, § 48 Abs. 4 EnWG -RefE sowie
  • Resultat der Gemeinde und Pflicht zur Beantragung einer einstweiligen Verfügung, § 47 Abs. 4 und 5 EnWG-RefE

1. Rügeobliegenheit und Präklusionswirkung der Bewerber, § 47 Abs. 1 und 2 EnWG-RefE [25]

Zunächst soll eine Rügenobliegenheit und die hiermit verbundene Präklusionswirkung gem. § 47 Abs. 1 und 2 EnWG-RefE für die Bewerber eingeführt werden. Mit der Rügenobliegenheit für sämtliche Unternehmen wird das Ziel verfolgt, dass diese jegliche Verfahrensfehler nicht mehr Jahre später nach der Entscheidung geltend machen können. Hierdurch verringert sich wiederum Rechtsunsicherheit auf Seiten der Gemeinde wie auch beim Neukonzessionär. Hinsichtlich der Rügemöglichkeiten normiert § 47 Abs. 2 EnWG-RegE verschiedene Zeitpunkte zu denen eine Rüge mit unterschiedlichen Fristen erfolgen kann. Folgende sind demnach zu unterscheiden:
  • Rüge von Fehlern in der gemäß § 46 Abs. 3 EnWG-RefE im Bundesanzeiger zu veröffentlichenden Bekanntmachung über das Auslaufen des Konzessionsvertrages innerhalb der Interessensbekundungsfrist des § 46 Abs. 4 S. 4 EnWG-RefE von wenigstens 3 Monaten,
  • Rüge von Fehlern in den den Bewerbern gemäß § 46 Abs. 4 S. 4 EnWG-RefE mitzuteilenden Auswahlkriterien und deren Gewichtung im Rahmen einer Frist von 15 Tagen ab deren Zugang und
  • Rüge von Fehlern in der Auswahlentscheidung der Gemeinde, die aus der Information der unterlegenen Bewerber gemäß § 46 Abs. 5 S. 1 EnWG-RefE erkennbar sind, innerhalb von 30 Kalendertagen Zugang.

Erfolgt die Rüge nicht innerhalb dieser Rügefristen, so ist der Bieter präkludiert und kann den Fehler zu einem späteren Zeitpunkt nicht mehr rügen. Bei der in Absatz 4 Satz 3 vorgesehene Präklusionswirkung handelt es sich um die letzte Ebene des Präklusionsregimes des neuen § 47 EnWG. Innerhalb dieser Frist muss vor den ordentlichen Gerichten einstweiliger Rechtsschutz beantragt werden, damit ein Vertragsschluss nach § 46 Abs. 2 EnWG abgewendet werden kann.
Um dem zu entgehen, regelt § 47 Abs. 3 EnWG-RefE ein Recht der Bieter, bei einer Rüge der Auswahlentscheidung, auf Akteneinsicht. Hierdurch sollen die unterlegenen Bieter schnellstmöglich alle Informationen über Tatsachen erhalten, welche eine Verletzung ihrer Rechte begrünen könnten. Durch die Antragstellung erfolgt ein Neustart de 30 tätigen Rügefrist. Das Recht auf Akteneinsicht kann von der Gemeinde nur dann versagt werden, wenn die Wahrung von Betriebs- und Gechäftageheimnissen dem entgegensteht. Hierbei besteht das Risiko, dass die Bieter ihr gesamtes Angebot als Betriebs- und Gechäftageheimnisse ausweisen und entsprechende Schwärzungen vornehmen. Dies gefährdet allerdings die Transparenz des Verfahrens zur Neuvergabe einer Konzession.
Ferner enthält § 47 Abs. 4 EnWG-RefE die Verpflichtung der Gemeinde über erhobene Rügen zu entscheiden. Ist die Rüge nach Ansicht der Gemeinde begründet, so hat die Gemeinde der Rüge in dergestalt Abhilfe zu schaffen, indem sie das Verfahren ab dem Zeitpunkt neu zu starten, ab welchem der Verfahrensfehler gerügt wurde. Hierdurch soll sichergestellt werden, dass eine Fehlererkennung und die Fehlerkorrektur frühzeitig erfolgen kann. Hilft die Gemeinde der Rüge nicht ab, so hat diese das rügende Unternehmen hierüber in Textform zu informieren und ihre Entscheidung zu begründen. Diese Begründung erfordert allerdings eine tiefergehende Beschäftigung mit sämtlichen gerügten Rechtsverstößen.
Zudem soll durch die Vertragssperre nach § 47 Abs. 5 EnWG-RefE sichergestellt werden, dass die unterlegenen Bieter genügend Zeit haben eine Rüge vorzubereiten und begründen zu können.
Im Zusammenhang mit der Rügeobliegenheit steht die Pflicht der Gemeinde die unterlegenen Bieter gem. § 46 Abs. 5 S. 2 EnWG-RefE über die Gründe der vorgesehene Ablehnung ihrer Angebote sowie über den nächstmöglichen Zeitpunkt des beabsichtigten Vertragsabschluss in Textform zu informieren. Dies dient dazu, dass es für die Bieter klar ist aus welchen Gründen ein anderer Bieter erfolgreich sein soll. Hierbei muss der Bewerber den bestmöglichen Einblick in die Erwägungen der Gemeinde für deren diskriminierungsfreie Sachentscheidung erhalten.

2. Bestimmung der wirtschaftlich angemessenen Vergütung bei Netzüberlassungen [26]

In Bezug auf den Kaufpreis bei Netzüberlassung gem. § 46 Abs. 2 EnWG sah diese Vorschrift bisher vor, dass hierfür eine angemessene, wirtschaftliche Vergütung zu zahlen ist. Alternativ hierzu könnte man sich den Besitz am Netz verschaffen lassen. Kam es zu einer Netzüberlassung, dann müsste der objektive Wert des Netzes bestimmt werden, fraglich war nur nach welcher Methode.
Nunmehr soll gem. § 46 Abs. 2 S. 4 EnWG-RefE der Kaufpreis (die angemessene, wirtschaftliche Vergütung) für das Netz anhand der objektiven Ertragswertmethode bestimmt werden. Diese Festlegung ist damit zu begründen, dass es trotz der Kaufering“-Rechtsprechung des BGH zu Situationen kam, in denen der Altkonzessionär die Netzübernahme durch eine unverhältnismäßig hohe Kaufpreisforderung zeitlich weit nach hinten verschob. Ebenso sei eine Bewerbung nur dann ökonomisch sinnvoll, wenn der Kaufpreis des Netzes sich an dessen Ertragswert orientiert. Die Bundesregierung sieht wohl, dass durch diese Regelung das in Art. 14 GG garantierte Eigentum des Altkonzessionärs tangiert wird, jedoch ist es nach ihrer Ansicht eine erlaubte Schranken-undInhaltsbestimmung. Deren Rechtfertigung lässt sich aus dem Grundgedanken des § 46 EnWG herleiten.

3. Konkretisierung des Auskunftsanspruchs, § 46a EnWG-RefE [27]

Durch § 46a EnWG-RefE erfolgt eine Konkretisierung des Auskunftsanspruch der Gemeinde gegenüber dem Altkonzessionär. Dieser bestimmt vor allem in S. 2 näher, welche Informationen über den wirtschaftlichen und technischen Zustand des Netzes von der Gemeine verlangt werden können. Die hierbei gewonnen Informationen bilden zum einem die Grundlage für ein transparentes und diskriminierungsfreies Ausschreibungsverfahren. Zum anderen stellen diese die entscheidende Basis für die Entscheidung potenzieller Bewerber, am Verfahren teilzunehmen, weil erst hierdurch eine Bewertung des Netzes möglich wird. Zu diesen zählen:

  • die im Zeitpunkt der Errichtung der Verteilungsanlagen jeweils erstmalig aktivierten Anschaffungs- und Herstellungskosten gemäß § 255 HGB,
  • das Jahr der Aktivierung der Verteilungsanlagen,
  • die jeweils in Anwendung gebrachten betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauern und
  • die jeweiligen kalkulatorischen Restwerte und Nutzungsdauern laut den betreffenden Bescheiden der jeweiligen Regulierungsbehörde.

Durch das Wort "insbesondere" ist davon auszugehen, dass diese Aufzählung nicht abschließend sein soll. Vielmehr sind alle, je nach Einzelfall, zur Verfügung stehenden Informationen herauszugeben. Im Übrigen ist nach § 46a S. 3 EnWG-RefE, auch wenn dort nicht explizit genannt, diesbezüglich der gemeinsame Leitfaden der Bundesnetzagentur und des Bundeskartellamts zu Vergabe von Strom- und Gaskonzessionen und zum Wechsel des Konzessionsnehmers zu beachten.

4. Belange der örtlichen Gemeinschaften als Auswahlkriterium, § 46 Abs. 4 S. 2 EnWG-RefE [28]

Nach § 46 Abs. 4 S. 1 EnWG-RefE ist die Gemeinde bei der Auswahl des Unternehmens den Zielen des § 1 Abs. 1 EnWG verpflichtet. Diese Vorgabe steht in einem Spannungsverhältnis mit dem kommunalen Selbstverwaltungsgrundsatz des Art. 28 Abs. 2 GG. Um dieses zu entlasten können nach § 46 Abs. 4 S. 2 EnWG-RefE nunmehr kommunale Belange im Rahmen der Auswahlkriterien berücksichtigt werden können, soweit diese zur Wahrung netzwirtschaftlicher Anforderungen, insbesondere der Versorgungssicherheit und der Kosteneffizienz dienen. Denkbar sind hier vor allem Laufzeit und Modelle, die bessere Koordinierung von Baumaßnahmen mit weiteren Sparten (z.B. Wasserleitungen) sowie die Zahlung der höchstmöglichen Konzessionsabgabe nach der Konzessionsabgabenverordnung. Dennoch befinden sich diese berücksichtigungsfähigen Kriterien nicht in Konkurrenz zu § 1 Abs. 1 EnWG. Vielmehr sind im Rahmen der Aufstellung und Bewertung der Auswahlkriterien die Ziele des § 1 Absatz 1 EnWG heranzuziehen, kommunale Belange, sofern die Gemeinde dies für erforderlich erachtet, können aber berücksichtigt werden. Dies ergibt sich aus der Formulierung [" ...können auch..."].
Entscheidend ist, dass die Gemeinde die Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG als Kriterien sachgerecht einordnet und bewertet. Der Umfang der sachgerechten energiewirtschaftlichen Kriterien für die Entscheidung der Gemeinde ist aufgrund der Entflechtung des Netzbetriebs von der Erzeugung und Vertrieb auf Aspekte des Netzbetriebs zu begrenzen. In der Praxis erfolgt die Auswahl und Bewertung der Kritierien durch eine sog. Bewertungsmatrix.
Von einer Aufnahme eines akuraten Kriterienkatalogs wird durch den Entwurf abgesehen. Andernfalls bestünde wieder die Gefahr, dass eine Rechtsunsicherheit entstünde. Aus diesem Grund ist es sachgerecht der Geminde einen unfangreichen Ermessensspielraum zu belassen und die Präzi­sienirung der einzelnen Ziele des § 1 Abs. 1 EnWG der Praxis und der Ausleegung der Rechtsprechung zu überlassen. Demnach wird von einer Festlegung der Gewichtung der einzelnen Kriterien in dieser Regelung abgesehen.

Hinweis:Im Zusammenhang mit der Novellierung des Konzessionsvergaberecht zur Vergabe von Wegenutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung ist auch folgende BT-Drs. 18/8184 vom 21.04.2016 zu beachten.

I. Rechtsprechung

In diesem Abschnitt finden Sie eine Auswahl zur Rechtsprechung aus dem Bereich zum Vergabeverfahren für Konzessionen nach $ 46 EnWG. Eine Auflistung aller Entscheidungen ist wegen deren Menge nicht möglich.

1. Rechtsweg bei Rechtsstreitigkeiten hinsichtlich dem Vergabeverfahren gem. § 46 EnWG

  • ...

2. Verstoß gegen die Verfahrensvorschrift des § 46 Abs. 3 EnWG

  • .....

3. Verschiedenes

  • ...


Quellen:
[1] Kelller - Herder, Der Konzessionsvertrag unter dem neuen Energiewirtschaftsrecht, S. 75; König/Kühling/Rasbach, Energierecht, Kap. 8, Rn. 3.; Kermel, in: Kermel, Brucker, Baumann, Wegnutzungsverträge und Konzessionsverträge in der Energieversorgung, S. 10; BerlKommEnR / Wegner, § , Rn. 58.
[2] Kelller - Herder, Der Konzessionsvertrag unter dem neuen Energiewirtschaftsrecht, S. 51.
[3] Kermel, in: Kermel, Brucker, Baumann, Wegnutzungsverträge und Konzessionsverträge in der Energieversorgung, S. 32.
[4] Kelller - Herder, Der Konzessionsvertrag unter dem neuen Energiewirtschaftsrecht, S. 49; Kermel, in: Kermel, Brucker, Baumann, Wegnutzungsverträge und Konzessionsverträge in der Energieversorgung, S. 31.
[5] Kermel, in: Kermel, Brucker, Baumann, Wegnutzungsverträge und Konzessionsverträge in der Energieversorgung, S. 44.
[6] Kermel, in: Kermel, Brucker, Baumann, Wegnutzungsverträge und Konzessionsverträge in der Energieversorgung, S. 42, 43.
[7] Kermel, in: Kermel, Brucker, Baumann, Wegnutzungsverträge und Konzessionsverträge in der Energieversorgung, S. 33, 34, 35; Danner/Theobald/Theobald EnWG § 46 Rn. 22.
[8] BGH NVwZ-RR 2009, 596, 597; Danner/Theobald/Theobald EnWG § 46 Rn. 23.
[9] BerlKommEnR / Wegner, § 46 , Rn. 59; Danner/Theobald/Theobald EnWG § 46 Rn. 34; Albrecht, in: Schneider/Theobald, Recht der Energiewirtschaft, § 9, Rn. 66.
[10] BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 62.
[11] BerlKommEnR / Wegner, § 46 , Rn. 63.
[12] BerlKommEnR / Wegner, § 46 , Rn. 63, 64.
[13] Danner/Theobald/Theobald EnWG § 46 Rn. 36; OLG Frankfurt/Main in ausdrücklicher Abkehr von seiner alten Rechtsprechung, vgl. OLG Frankfurt/Main, RdE 2011, 422 ff.; inzident auch LG Hannover, ZNER 2010, 414, 416; a. A. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 12. 12. 2012, Az. VI-3 Kart 137/12 (V).
[14] Danner/Theobald/Theobald EnWG § 46 Rn. 37; BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 68.; Theobald, Grundzüge EnWR, S. 452, 453.
[15] Danner/Theobald/ Theobald EnWG § 46 Rn. 43; BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 71 ff..
[16] BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 76, 77.
[17] BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 110.
[18] BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 111 - 113.
[19] Bahr/Sassenberg, RdE 2011, 170, 171; OLG Düsseldorf, ZNER 2008, 165 ff..
[20] Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 37; Thomale/Kießling, N&R 2008, 167, 173; Klemm, Konzessionsverträge und Konzessionsabgaben nach der Energierechtsreform 2005, VersorgW 2005, 197, 201; Berzel, in: Kermel, Praxishandbuch der Konzessionsverträge und Konzessionsabgaben, Kap. 5, Rn. 48 ff
[21] BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 122.; Pippke/Gaßner, RdE 2006, 33, 40.
[22] BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 122.
[23] BerlKommEnR / Wegner, § 46, Rn. 124.
[24] Referententwurf des BMWi zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegnutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung v. 02.12.2015, S. 1, 9 ff..
[25] Referententwurf des BMWi zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegnutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung v. 02.12.2015, S. 21, 23 - 25.
[26] Referententwurf des BMWi zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegnutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung v. 02.12.2015, S. 15, 16.
[27] Referententwurf des BMWi zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegnutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung v. 02.12.2015, S. 22,
[28] Referententwurf des BMWi zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung der Vorschriften zur Vergabe von Wegnutzungsrechten zur leitungsgebundenen Energieversorgung v. 02.12.2015, S. 17, 18, 20.

CategoryEnergierecht
Kommentare
kommentiert von antoma
2018-03-21 12:01:35
Hallo,
das Recht auf Akteneinsicht der Bewerber, gibt es mit Sicherheit noch
nur nicht in § 47 Abs. 3 EnWG der ist aufgehoben! Bitte berichtigen.

Bitte auch den Kommentar auf Energielieferverträge - zivilrechtliche Regeln beantworten
Danke!
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