Tatbestand einer verbotenen Beihilfe
gem. Art. 107 Abs. 1 AEUV
Eine Maßnahme kann dann als Beihilfe angesehen werden, wenn diese die Tatbestandsvoraussetzungen einer Beihilfe gem. Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt. Dies ist dann der Fall, wenn eine selektive Begünstigung durch den Staat erfolgt oder zumindest mit staatlichen Mitteln finanziert wurde und dies zu einer Handelsbeeinträchtigung der zwischenstaatlichen Gemeinschaft sowie zu einer Wettbewerbsverfälschung führt. Des Weiteren muss sich die Begünstigung an einen bestimmten Adressaten richten also sich auf bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige beziehen. Die hier genannten Voraussetzungen wurden nachstehend im Detail beschrieben [1].
A. Begünstigung
Der - weit auszulegende Begriff einer Begünstigung i.S.d. Art. 107 Abs. 1 AEUV ist zu verstehen als eine Leistung ohne angemessene - also ohne marktübliche - Gegenleistung, vgl. im Einzelnen dazu folgende Struktur. Da hierunter nicht nur Zuführung von Geldmitteln sondern auch Minderungen der Belastung eines Unternehmens fallen, ist eine Begünstigung i.S. einer Beihilfe auch in folgenden Fällen gegeben:
- Befreiung von Soziallasten,
- besondere Steuertarife,
- Darlehen unter marktüblichen Zinssätzen etc.
Eine Begünstigung liegt nicht vor, wenn der Vorteil lediglich Ausgleich für Kosten der Erfüllung von Gemeinwohlaufgaben im Auftrag des Staates schaffen soll. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn die Kriterien der Altmark-Trans-Entscheidung erfüllt sind, d. h. wenn:
Aus dem Leitsatz 3 der Altmark-Trans-Entscheidung:
Ein derartiger Ausgleich ist im konkreten Fall jedoch nur dann nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfuellung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein. Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigt. Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. Nur bei Einhaltung dieser Voraussetzung ist gewährleistet, dass dem betreffenden Unternehmen kein Vorteil gewährt wird, der dadurch, dass er die Wettbewerbsstellung dieses Unternehmens stärkt, den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht. Wenn viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Transportmitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.
Ein derartiger Ausgleich ist im konkreten Fall jedoch nur dann nicht als staatliche Beihilfe zu qualifizieren, wenn eine Reihe von Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss das begünstigte Unternehmen tatsächlich mit der Erfuellung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut sein, und diese Verpflichtungen müssen klar definiert sein. Zweitens sind die Parameter, anhand deren der Ausgleich berechnet wird, zuvor objektiv und transparent aufzustellen, um zu verhindern, dass der Ausgleich einen wirtschaftlichen Vorteil mit sich bringt, der das Unternehmen, dem er gewährt wird, gegenüber konkurrierenden Unternehmen begünstigt. Drittens darf der Ausgleich nicht über das hinausgehen, was erforderlich ist, um die Kosten der Erfüllung der gemeinwirtschaftlichen Verpflichtungen unter Berücksichtigung der dabei erzielten Einnahmen und eines angemessenen Gewinns aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen ganz oder teilweise zu decken. Nur bei Einhaltung dieser Voraussetzung ist gewährleistet, dass dem betreffenden Unternehmen kein Vorteil gewährt wird, der dadurch, dass er die Wettbewerbsstellung dieses Unternehmens stärkt, den Wettbewerb verfälscht oder zu verfälschen droht. Wenn viertens die Wahl des Unternehmens, das mit der Erfüllung gemeinwirtschaftlicher Verpflichtungen betraut werden soll, im konkreten Fall nicht im Rahmen eines Verfahrens zur Vergabe öffentlicher Aufträge erfolgt, das die Auswahl desjenigen Bewerbers ermöglicht, der diese Dienste zu den geringsten Kosten für die Allgemeinheit erbringen kann, so ist die Höhe des erforderlichen Ausgleichs auf der Grundlage einer Analyse der Kosten zu bestimmen, die ein durchschnittliches, gut geführtes Unternehmen, das so angemessen mit Transportmitteln ausgestattet ist, dass es den gestellten gemeinwirtschaftlichen Anforderungen genügen kann, bei der Erfüllung der betreffenden Verpflichtungen hätte, wobei die dabei erzielten Einnahmen und ein angemessener Gewinn aus der Erfüllung dieser Verpflichtungen zu berücksichtigen sind.
- Unternehmen mit Erfüllung einer klar definierten Aufgabe des Allgemeinwohls betraut wurde,
- die Parameter für die Berechnung des Ausgleichs zuvor objektiv und transparent aufgestellt wurden,
- der Ausgleich die Kosten der Aufgabenerfüllung nicht übersteigt (Nettomehrkosten),
- Unternehmen im Wege eines öffentlichen Vergabeverfahrens betraut oder die Ausgleichshöhe in einer Vergleichsmarktanalyse ermittelt wurde.
B. Staatlicher Ursprung der Begünstigung
Eine Beihilfe ist nicht nur dann gegeben, wenn die Begünstigung direkt durch den Staat oder eine seiner Untergliederungen gewährt wird. Bereits der Wortlaut des Art. 107 Abs. 1 AEUV sieht vor, dass die Beihilfe staatlich sein kann, dass aber auch ausreichend ist, wenn die Beihilfe "aus staatlichen Mitteln" gewährt wird.
Eine Begünstigung wurde "aus staatlichen Mitteln" gewährt, wenn sie durch eine staatlich benannte Einrichtung gewährt wurde. Auf die Frage der Abhängigkeit der gewährenden Stelle vom Staatsapparat kommt es dabei weniger an, als auf die Frage, inwiefern die gewährten Mittel der staatlichen (behördlichen) Kontrolle unterliegen. Darüber hinaus ist erforderlich, dass die Begünstigung auch den öffentlichen Haushalt (des Staates oder einer anderen öffentlichen Stelle) belastet. Hierfür ist wiederum erforderlich, dass der jeweils belastete Haushalt dem Staat zuzurechnen ist (*).
(*) vgl. dazu auch Haratsch u.a., Europarecht Rn. 1146 f.
Indizien für diese Zurechnung sind:- Eingliederung der gewährenden Stelle in die staatliche Verwaltung,
- Beteiligung der Staatsverwaltung am Erlass der Maßnahme, deren Folge Zuweisung der Mittel war,
- Initiative des Staates bzw. der staatlichen Stelle (und nicht etwa Initiative der Begünstigten als Mitgestalter der jeweiligen öffentlichen Stelle, z. B. eines Berufsverbandes),
- zumindest teilweise Finanzierung des Haushalts der öffentlichen Stelle, aus dem die Begünstigung stammt, direkt durch den Staat,
- verfolgter politischer Zweck bzw. ein Zweck der staatlichen Aufgabenerfüllung (im Gegensatz zu eventuell kommerziellen Zielen privater Rechtssubjekte, die an bestimmter Mittelverwendung interessiert sind und diese veranlassen).
Der EuGH hat die formellen und materiellen Kriterien der Annahme der staatlichen Herkunft zuletzt in der Entscheidung Pearle zusammengefasst.
C. Bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige
Eine Beihilfe ist von der allgemeinen Förderung abzugrenzen. Damit liegt keine Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 87 I EGV) vor, wenn rein unterschiedslose Maßnahmen zugunsten der gesamten Wirtschaft getroffen werden. In folgenden Fällen ist die Bestimmtheit i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 87 I EGV) jedoch anzunehmen:
- wenn eine an sich unterschiedslose Regelung den Behörden einen Ermessensspielraum einräumt, der stets zugunsten eines Unternehmens oder einer Gruppe von Unternehmen genutzt wird;
- wenn Abgaben (Steuern, Sozialversicherungsbeiträge) abweichend von den allgemein anwendbaren Regeln des Steuer-/Abgabensystems erhoben werden, ohne dass derartige Ausnahmen von der Systematik der Rechtsordnung her gerechtfertigt wären.
Eine bisher nicht ausdrücklich geklärte Frage ist, inwiefern sich der Tatbestand der Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV (ex-Art. 87 I EGV) nur auf inländische Sachverhalte bezieht, d. h. ob ein Fall vom Anwendungsbereich des Beihilferechts ausgeschlossen ist, wenn die einem Staat zurechenbare Begünstigung Rechtssubjekten im Ausland zugeführt wird. Bislang wurde z. B. Förderung im Rahmen der Entwicklungshilfe, also zumindest nicht direkt eigennütziges Verhalten der Staaten nicht am Art. 107 AEUV (ex-Art. 87 EGV) geprüft. Der Sinn und Zweck der Art. 107 ff. AEUV ist, den Protektionismus einzelner Staaten gegenüber ihren eigenen Wirtschaften zu begrenzen, weshalb Begünstigungen gegenüber ausländischen Rechtssubjekten in der Regel vom - durch Schöpfer des AEUV beabsichtigten - Anwendungsbereich des europäischen Beihilferechts wohl nicht erfasst sind.
D. Verfälschung des Wettbewerbs
Eine unzulässige Beihilfe i. S. d. Art. 107 Abs. 1 AEUV ist nur dann gegeben, wenn durch sie eine Verfälschung des Wettbewerbs eintritt. Dies ist dann der Fall, wenn die Gewährung einer Begünstigung in den Wettbewerb eingreift, so dass sich das Geschehen auf dem Markt verändert. Dabei kommt es auf die Spürbarkeit der Veränderung nicht an. Damit führt jede Verbesserung der Wettbewerbssituation einzelner Unternehmen stets zur Wettbewerbsverfälschung (*). Insofern kann festgestellt werden, dass die Erfüllung der übrigen Tatbestandsmerkmale einer verbotenen Beihilfe nach Art. 107 Abs. 1 AEUV eine Wettbewerbsverfälschung vermuten lässt (**).
(**) Rittner/Dreher § 26 Rn. 42]]
E. Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten
Eine Voraussetzung des Art. 107 Abs. 1 AEUV ist auch die sog. Zwischenstaatlichkeitsklausel. Sie stellt klar, dass das europäische Beihilferecht nur dann anzuwenden ist, wenn der Handel zwischen den Mitgliedstaaten betroffen ist, wobei im Falle der Beihilfe relativ selten daran Zweifel anzunehmen sind. Allein die Stärkung der Finanzkraft des Begünstigten reicht hierfür aus (*). Auch Beihilfen an nur regional tätige Unternehmen können den Handel zwischen den Mitgliedstaaten insofern beeinträchtigen, als dadurch der Zugang von ausländischen Unternehmen zu diesem regionalen Markt erschwert wird.
Nur ausnahmsweise, wenn ausschließlich eine rein lokale Infrastrukturdienstleistung bezuschusst wird, kann ihr regionaler Charakter dazu führen, dass dadurch keine Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Handels zu befürchten ist (**).
(**) Kommission am 12. 01. 2001 (Freizeitbad Dorsten)
Auch im Hinblick auf das Merkmal der Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten wird vertreten, dass diese vermutet werden kann, wenn die übrigen Voraussetzungen des Art. 107 Abs. 1 AEUV erfüllt sind (***). (***) Rittner/Dreher § 26 Rn. 43]]
Die beiden letztgenannten Tatbestandsmerkmale (Wettbewerbsverfälschung und Beeinträchtigung des Handels) werden durch den EuGH ebenso wie durch die Kommission häufig zusammen geprüft, so dass sich im Einzelfall schwer ermitteln lässt, inwiefern ein Merkmal erfüllt ist und inwiefern das andere. Auch die behauptete Vermutung des Vorliegens beider Merkmale führt dazu, dass in der Praxis beide Tatbestandsmerkmale zusammenhängend zu prüfen und kaum zu trennen sind.
[1] Mehr dazu auch bei Wallenberg/Schütte in Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, 55. Ergänzungslieferung 2015. Art. 107 AEUV, Rn. 318 ff. Zu den einzelnen Tatbestandsvoraussetzungen vgl. auch Egart in Zeitschrift für Europäisches Umwelt- und Planungsrecht EurUP 2013, 197 ff.
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