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Betriebswirtschaftslehre 2 - Investitionsrechnung und Finanzierung - Kapitel 11 - Innenfinanzierung
Inhalte von Prof. Dr. Thomas Urban
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11.1 Wesen und Funktion
- Unterscheidungsmerkmale der Innen- und Außenfinanzierung aus zahlungsstromorientierter Sicht
- 1. Zustrom der Zahlungsmittel erfolgt bei beiden Finanzierungsarten von Quellen außerhalb der Unternehmung,
- bei der Innenfinanzierung jedoch innerhalb des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses
- bei der Außenfinanzierung hingegen durch gesonderte Finanztrans-aktionen außerhalb des betrieblichen Leistungs- und Umsatzprozesses
- 2. Gegenleistungen für den Zahlungsmittelzufluss
- bei der Innenfinanzierung: Erfüllung der Leistungskontrakte, d. h. Lieferung von Gütern, Erbringen von Dienstleistungen
- bei der Außenfinanzierung: Erfüllung der Finanzkontrakte, d. h. Zahlung von Zinsen, Tilgungen und Dividenden
- 3. Zeitpunkt der Gegenleistungen
- bei der Innenfinanzierung i. d. R. vor oder gleichzeitig mit der Einzahlung, selten danach (z. B. bei der Kundenanzahlung)
- bei der Außenfinanzierung (zwingend) nach der Einzahlung
- für die Beurteilung der Wirkung der Innenfinanzierung ist grundsätzlich die zahlungsstromorientierte und nicht die bilanzielle Sichtweise relevant
- Finanzierungseffekt entsteht einerseits, wenn dem Unternehmen in dem jeweiligen Betrachtungszeitraum liquide Mittel zufließen und kein auszahlungswirksamer Aufwand in gleicher Höhe entsteht
- andererseits können Finanzierungseffekte auch entstehen, wenn nicht zahlungswirksamer Aufwand verrechnet wird
Formen der Innenfinanzierung
11.2 Offene und Stille Selbstfinanzierung
- Selbstfinanzierung = Finanzierung aus zurückbehaltenen Gewinnen
- Offene Selbstfinanzierung:
- es werden die in der Bilanz und GuV ausgewiesen versteuerten Gewinne im Unternehmen einbehalten
- Einzelunternehmer besitzt die alleinige Gewinnverwendungskompetenz ⇒ individuelle Nutzenabwägung ob Finanzierung oder alternative Verwendung
- bei Personengesellschaften (GbR, OHG und KG) wird der erzielte Unternehmensgewinn den Gesellschaftern auf deren Kapitalkonto gutgeschrieben ⇒ Kommanditisten haben keine Möglichkeit eine Selbstfinanzierung durchzuführen
- Kapitalgesellschaften (GmbH, KGaA und AG) benötigen für die Gewinnverteilung einen Beschlusses durch den vom Gesetz oder per Satzung vorgesehenen Gesellschaftsorgan ⇒ einbehaltene Gewinne werden den Gewinnrücklagen zugeführt
Rücklagen gemäß §266 HGB
- Für die offene Selbstfinanzierung sind nur die Gewinnrücklagen von Bedeutung, da die Kapitalrücklagen lediglich Agio-Beträge enthalten.
Beispiel
Ein Gewinn vor Steuern, der nach Abführung der Ertragsteuern zur offenen Selbstfinanzierung thesauriert werden soll, beträgt 500.000 €. Zu ermitteln ist der Thesaurierungsbetrag einerseits für eine Kapitalgesellschaft (GmbH, AG) und andererseits für eine Personengesellschaft. Der auf die Steuermesszahl von 3,5% anzuwendende Gewerbesteuerhebesatz beträgt 450%, der Körper schaftsteuersatz 15% und der Solidaritätszuschlag 5,5%. Bei der Personengesellschaft sind folgende Besonderheiten zu berücksichtigen: die Freibetragsregelung bei der Gewerbesteuer beträgt 24.500 € (§11 Abs. 1 Nr . 1 GewStG), die persönlichen Einkommensteuersätze der Gesellschaften (30%, 36%, 42%, 45%) sowie die Anrechnung der Gewerbeertragsteuer auf die Einkommensteuerschuld in Höhe des 3,8-fachen des Gewerbesteuermessbetrags.
Welche Thesaurierungsbeträge ergeben sich für die unterschiedlichen Unternehmensformen?
- stille Selbstfinanzierung erfolgt im Gegensatz zur offenen Selbstfinanzierung durch Thesaurierung des nicht ausgewiesenen Gewinns
- stille Selbstfinanzierung liegt vor, wenn die einbehaltenen Gewinne nicht ausgewiesen, sondern im Rahmen der Bewertungsvorschriften durch Unterbewertung der Aktiva oder Überbewertung der Passiva stille Reserven gebildet werden
- Wie kann in der Bilanz die Bildung stiller Reserven vorgenommen werden?
Kritik:
- Stille Selbstfinanzierung ist dem Einfluss der Anteilseigner einer AG weitgehend entzogen ⇒ Aktionäre merken nichts davon
- externe Bilanzanalyse und der Geschäftsbereicht liefern nur einige Anhaltspunkte
- es besteht Gefahr, dass der Kurswert des Unternehmens nicht dem wahren „inneren“ Wert entspricht
Aber:
- gegen zu starke stille Selbstfinanzierung steht die Regelung der steuerlichen Bilanzierungsvorschriften
- die stille Selbstfinanzierung wird durch vielfältige Abschreibungsmöglichkeiten gefördert (z. B. Sonderabschreibungen)
Beurteilung der Selbstfinanzierung
- Selbstfinanzierung verursacht Kapitalbeschaffungskosten, jedoch keine Zinskosten
- stille Selbstfinanzierung hat einen positiven Liquiditätseffekt
- Stärkung der Eigenkapitalbasis
- unter dem Blickwinkel, die unternehmerische Dispositionsfreiheit zu erhalten, ist die Selbstfinanzierung der Außenfinanzierung überlegen
- die durch die Selbstfinanzierung gewonnene Liquidität entzieht sich jedoch der Kontrolle externer Kapitalgeber
- Zufluss liquider Mittel ist eng begrenzt
- Bildung stiller Reserven kann die Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses erheblich einschränken
11.3 Finanzierung aus Abschreibungs gegenwerten
Bilanzielle Abschreibung ≠ kalkulatorische Abschreibung
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