Betriebswirtschaftslehre 2 - Investitionsrechnung und Finanzierung - Kapitel 4 - Dynamische Investitionsrechenverfahren
Inhalte von Prof. Dr. Thomas Urban
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4.1 Grundlegende Eigenschaften dynamischer Verfahren
- Anliegen der dynamischen Investitionsrechenverfahren ⇒ möglichst viele Prämissen der statischen Verfahren abbauen
- traditionelle dynamische (finanzmathematische) Verfahren bringen eine Verbesserung dieses Zieles in zweierlei Hinsicht:
- die Durchschnittsbetrachtung wird zugunsten einer exakten Erfassung der Ein- und Auszahlungen in den einzelnen Perioden während der geplanten Nutzungsdauer des Investitionsobjektes aufgegeben
- der unterschiedliche zeitliche Anfall der Ein- und Auszahlungen während dieser Nutzungsdauer wird durch die Berücksichtigung von Zinseszinsen explizit einbezogen
- das Maß zur Messung und Wirkung der Zeit ist der Kalkulationszinssatz
- durch Aufzinsen und Abzinsen (Diskontieren) werden unterschiedliche Zahlungszeitpunkte bewertet und damit Zahlungen zu diesen verschiedenen Zeitpunkten vergleichbar gemacht
- Einsatz dynamischer Verfahren:
- wenn dem Entscheidungsträger detaillierte Informationen über die Einzahlungen und Auszahlungen in den einzelnen Perioden der Nutzungsdauer einer geplanten Investition vorliegen.
- Wichtig: Die Annahmen der einzelnen Modelle und Verfahren müssen bekannt sein und beachtet werden, da sonst die Gefahr von Fehlentscheidungen sehr hoch ist
- Alternative zur Durchführung einer Investition ist allein deren Unterlassung
- Zahlungsreihen mit unterschiedlichen Strukturen werden durch Auf oder Abzinsen vergleichbar gemacht
- dynamischen Investitionsrechenverfahren lassen sich in zwei Gruppen untergliedern:
- einheitlicher Kalkulationszinssatz (Sollzinssatz = Habenzinssatz, vollkommener Kapitalmarkt)
- Kapitalwertmethode (KWM)
- Interne Zinssatz-Methode (IZM)
- Annuitätenmethode
- gespaltener Kalkulationszins
- (Sollzinssatz ⇒ Habenzinssatz, unvollkommener Kapitalmarkt)
- Vermögensendwertmethode
- Sollzinssatzmethode
4.2 Die Kapitalwertmethode
- Kapitalwertmethode stellt im Rahmen der Investitionsrechnung ein zentrales betriebswirtschaftliches Bewertungsmodell dar
- alle weiteren dynamischen Investitionsrechenverfahren sind formal mehr oder weniger eng mit der Methode zur Ermittlung des Kapitalwertes verwandt
- Der Kapitalwert S0 (engl.: net present value) ist die Summe aller mit dem Kalkulationszinssatz i auf den Zeitpunkt t = 0 abgezinsten Ein und Auszahlungen, die mit der Realisierung des Investitionsobjektes verursacht werden.
- zwei Entscheidungsregeln:
- Ein Investitionsobjekt ist absolut vorteilhaft, wenn der Kapitalwert größer als Null ist.
- Realisiere nie Investitionen mit einem negativen Kapitalwert!
- Umformulierung der Kapitalwertfunktion ohne Beachtung des Liquidationserlöses:
- Kapitalwertfunktion mit Beachtung des Liquidationserlöses:
Beispiel:
Der Kauf eines Kleinbusses erfordert eine Anschaffungsauszahlung von 75.000 €. In den nächsten 5 Jahren werden folgende Ein- und Auszahlungen erwartet:
Nach dem 5. Nutzungsjahr soll der Kleinbus mit einem Liquidationserlös von 17.500 € verkauft werden. Wie hoch ist der Kapitalwert bei einem Kalkulationszinssatz von 5% p. a.?
Was kann ein Investor mit dem Kapitalwert konkret anstellen?
Die Kapitalwertmethode unterstellt, dass Einzahlungsüberschüsse sofort zur Tilgung von Zins und Kredit verwendet werden.
Gewinnentnahme am Anfang des Planungszeitraums/der Nutzungsdauer
Die Kapitalwertmethode unterstellt des Weiteren, dass freiwerdende finanzielle Mittel, nach Tilgung von Zins und Kredit, zum Kalkulationszinssatz der alternativen Kapitalanlage am Kapitalmarkt angelegt werden.
Gewinnentnahme am Ende des Planungszeitraums/ der Nutzungsdauer
- Der Kapitalwert ist abhängig von dem jeweils zur Diskontierung der Zahlungen verwendeten Kalkulationszinssatz.
- Dieser Kalkulationszinssatz entspricht allerdings nicht der wahren Verzinsung der Investition.
Verfahrensbeurteilung:
- Vorteile der KWM:
- relativ geringer Rechenaufwand
- verschiedene Zahlungszeitpunkte können explizit einbezogen werden
- zeitlich und betragsmäßig exakte Erfassung und Verrechnung aller Zahlungen erbringt eine höhere Realitätsnähe als bei den statischen Verfahren
- Nachteile der KWM:
- die errechnete monetäre Zielgröße ist einzig relevant
- es wird unterstellt, dass die Nutzungsdauer der geplanten Investitionen fest vorgegeben ist
- Sicherheit der Daten
- Anlage frei werdender Mittel erfolgt durch Investitionen, die sich zum Kalkulationszinssatz verzinsen
- vollkommener Kapitalmarkt existiert
4.3 Die Interne-Zinssatz-Methode
- die Interne-Zinssatz-Methode baut weitgehend auf dem Modellrahmen der Kapitalwertmethode auf
- Der Interne Zinssatz i* gibt denjenigen Zinssatz an, bei dessen Verwendung als Kalkulationszinssatz sich ein Kapitalwert von Null ergibt.
- Die beiden gängigsten Methoden zur Ermittlung des Internen Zinssatzes bei Normalinvestitionen sind das Newton’sche Tangentenverfahren und die lineare Interpolation.
Newton’sche Tangentenverfahren
- iterative Methode, die mit Hilfe eines Startzinssatzes i0 schrittweise den Internen Zinssatz einer Normalinvestition findet.
Funktionsweise des Verfahrens:
eine Investition weist folgende Zahlungsreihe auf:
Als Ausgangswert wird i0 = 0,1 gewählt.
1. Berechnung der Kapitalwertfunktion g(i*)
g(i*) = -500 + 120 * (1 + i*)-1 + 190 * (1 + i*)-2 + 180 * (1 + i*)-3 + 150 * (i + i*)-4 = 0
- Umformung: Multiplikation der Gleichung mit dem Term, der die höchste negative Potenz enthält sowie Kürzung um den Faktor zehn ergibt sich folgende Schreibweise:
g(i*) = -50 * (1 + i*)4 + 12 * (1 + i*)3 + 19 * (1 + i*)2 + 18 * (1 + i*)1 + 15 = 0
- mit dem Startzinssatz i0 = 0,1 folgt:
g(0,1) = -50 * (1 + 0,1)4 + 12 * (1 + 0,1)3 + 19 * (1 + 0,1)2 + 18 * (1 + 0,1)1 + 15
g(0,1) = 0,557
2. Berechnung der ersten Ableitung g´(i*) und g’(i0 = 0,1)
g'(i*) = -200 * (1 + i*)3 + 36 * (1 + i*)2 + 38 * (1 + i*)1 + 18
g'(0,1) = -200 * (1 + 0,1)3 + 36 * (1 + 0,1)2 + 38 * (1 + 0,1)1 + 18
3. Berechnung des Internen Zinssatzes nach dem ersten Iterationsschritt:
4. Wert i*1 in Kapitalwertfunktion einsetzen
g(0,1034) = -50 * (1 + 0,1034)4 + 12 * (1 + 0,1034)3 + 19 * (1 + 0,1034)2 + 18 * (1 + 0,1034)1 + 15
g(0,1034) ≈ 0
Lineare Interpolation (Regula Falsi)
- für Ermittlung des Internen Zinssatzes mit Hilfe der linearen Interpolation müssen zwei Kapitalwerte mit gegensätzlichem Vorzeichen ermittelt werden
- zuerst frei Wahl eines Diskontierungszinssatzes und auf Basis der erwarteten Ein- und Auszahlungen des zu bewertenden Investitionsobjektes Ermittlung des Kapitalwertes
- ist dieser positiv, muss der zweite Diskontierungszinssatz so gewählt werden, dass der Kapitalwert negativ ist und vise versa
Funktionsweise des Verfahrens:
- eine Investition weist folgende Zahlungsreihe auf:
Für die Bestimmung der beiden Kapitalwerte wird i1 = 0,09 und i2 = 0,11 gewählt.
1. Berechnung des Kapitalwertes mit i1 = 0,09
2. Berechnung des Kapitalwertes mit i2 = 0,11
3. Berechnung des Internen Zinssatzes in erster Näherung
4. Berechnung des Kapitalwertes mit i3 = 0,1036
5. Berechnung des Internen Zinssatzes in zweiter Näherung
Ein Investitionsobjekt ist absolut vorteilhaft, wenn sein Interner Zinssatz größer als der Kalkulationszinssatz ist, d. h. i* > i
Entwicklung der Kapitalbindung unter Beachtung des Internen Zinssatzes
Beispiel:
Die J. Bond-Company erwägt eine europaweite Expansion ihres Filialnetzes. Dem Geschäftsführer J. Bond stehen die folgende Abbildung sowie die Zahlungsreihen der Objekte A und B als Entscheidungsgrundlage für die durchzuführenden Investitionen zur Verfügung. Der Kalkulationszinssatz
beträgt 10%.
a) Geben Sie zunächst an, welches der beiden Investitionsobjekte durch die gestrichelte Linie und welches durch die ununterbrochene Linie gekennzeichnet ist. Unterstützen Sie Ihre Aussage durch eine geeignete Rechnung!
b) Bestimmen Sie die fehlenden Angaben zu den Punkten X und Y der vorgegebenen Abbildung!
c) Welches Problem tritt aufgrund des Verlaufs der beiden Kapitalwert funktionen für die Bestimmung der ökonomischen Vorteilhaftigkeitauf?
Verfahrensbeurteilung:
- Berechnung des Internen Zinssatzes setzt auf die Kapitalwert methode auf und daher gelten auch deren Nachteile für die Interne Zinssatz-Methode
- es wird nur eine Näherungslösung ermittelt
- der Zeitaufwand für die Berechnung des Internen Zinssatzes von der Exaktheit der Näherungslösung abhängig
- Interne-Zinssatz-Methode geht davon aus, dass die Anlage oder Aufnahme freiwerdender Mittel zum Internen Zinssatz erfolgt, was i. d. R. nicht möglich ist
- einzelne Interne Zinssätze dürfen nicht wie Kapitalwerte additiv verknüpft werden
- Bewertung der absoluten Vorteilhaftigkeit eines einzelnen Investitionsobjektes erfolgt durch den Vergleich mit dem Kapitalmarktzinssatz
4.4 Die Annuitätenmethode
- Annuitätenmethode geht auch von der Kapitalwertmethode aus
- Kerngedanke:
- Investor ist nicht an einer einmaligen Gewinnentnahme zum Zeitpunkt t = 0 interessiert ist,
- sondern an regelmäßigen Beträgen, die innerhalb des Betrachtungszeitraums gezahlt werden
- Die Annuität i. S. der Annuitätenmethode ist eine Folge regelmäßiger Beträge, die einem Investor neben Tilgung und Verzinsung in jeder Periode des Betrachtungszeitraums zur Verfügung stehen.
- Kehrwert des nachschüssigen Rentenbarwertfaktors heißt Annuitätenfaktor und ist wie folgt definiert:
Beispiel:
Berechnen Sie die nachschüssige Annuität aus der nachfolgenden Zahlungsreihe und zeigen Sie, dass die Annuität einem Investor neben Tilgung und Verzinsung in jeder Periode des Betrachtungszeitraums zur Verfügung steht. Der Kalkulationszinssatz beträgt i = 0,05 p. a.
Nachweis, dass die Annuität einem Investor neben Tilgung und Verzinsung in jeder Periode des Betrachtungszeitraums zur Verfügung steht
- die Bewertung der absoluten Vorteilhaftigkeit eines Investitions objektes kann analog zur Kapitalwertmethode erfolgen
1. Ein Investitionsobjekt ist absolut vorteilhaft, wenn seine Annuität größer als Null ist.
2. Annuitätenmethode kann nicht nur formal, sondern auch materiell als Variante der Kapitalwertmethode aufgefasst werden ⇒ daher eine zweite Interpretationsmöglichkeit für die Annuität
2. Die Annuität zeigt an, dass neben Tilgung und Verzinsung ein Vermögenszuwachs erwirtschaftet wird.
Verfahrensbeurteilung:
- Annuitätenmethode baut direkt auf der Kapitalwertmethode auf, sodass die gleichen Kritikpunkte und Modellannahmen gelten
- grundsätzlich ist die Berechnung der Annuität nur geringfügig aufwendiger als die des Kapitalwertes
- bei der Bewertung der absoluten Vorteilhaftigkeit eines Investitionsobjektes führen beide Methoden zum selben Ergebnis
- Annuität ist allerdings gegenüber dem Kapitalwert besser interpretierbar, da sie eine periodenbezogene Größe darstellt und die jeweilige Entnahmemöglichkeit des Investors abbildet
4.5 Das Auswahlproblem (relative Vorteilhaftigkeit)
- Frage: Führen die Ergebnisse der einzelnen dynamischen Investitionsrechenverfahren immer zu einer eindeutigen Entscheidung?
- relativer Vorteilhaftigkeitsvergleich: Vergleich zweier oder mehrerer (absolut vorteilhafter) Investitionsalternativen, die sich gegenseitig ausschließen
- es muss realwirtschaftliche Gründe geben, dass nur eine von mehreren alternativen Investitionen durchgeführt werden kann (Substitutionalität)
Alternativenvergleich auf Basis der Kapitalwerte der Einzelinvestitionen
- Ein Investitionsobjekt A ist gegenüber alternativen Investitionen
Beispiel:
- Ein Hersteller von Funkfernbedienungen beabsichtigt eine neue Produktionsanlage anzuschaffen. Hierzu stehen folgende zwei sich aussschließende Alternativen zur Auswahl:
- Anlage 1 kostet 90.000 €, vier Jahre Nutzungsdauer und bei einem Verkauf nach dem 4. Jahr wird ein Liquidationserlös von 15.000 € erwartet. Die Stückkosten liegen bei 12,80 €.
- Anlage 2 kostet 140.000 €, wobei zum Ende der betriebsgewöhnlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren ein Liquidationserlös von 40.000 € erwartet wird. Die Stückkosten betragen 12,60 €.
- Für welche Anlage sollte sich das Unternehmen entscheiden, wenn es eine Ausbringungsmenge von 30.000 Stück p. a. zu einem Verkaufspreis von 14 € plant und als Entscheidungsinstrumentarium die Kapitalwertmethode verwendet wird? Der Kalkulationszinssatz
Alternativenvergleich auf Basis der Kapitalwerte der Differentinvestition
- eine Differenzinvestition wird als Ergänzung zu einer Investition durchgeführt, um diese mit einer zweiten Alternative vergleichbar zu machen
- Ausgangsbasis stellt hierbei immer das Investitionsobjekt dar, welches im betrachteten Zahlungszeitpunkt die höheren Zahlungsüberschüsse aufweist
- Kapitalwert der Differenzinvestition kann hierbei positiv oder negativ sein
- Ein Investitionsobjekt A ist gegenüber einer alternativen Investition B relativ vorteilhaft, wenn der Kapitalwert der Differenzinvestition C0,D > 0 ist.
Beispiel:
Für den Nachweis, dass sowohl auf Basis der Kapitalwerte der Einzelinvestitionen als auch mit Hilfe der Differenzinvestition das gleiche Ergebnis für die relative Vorteilhaftigkeitsentscheidung
eintritt, wird auf das vorige Beispiel zurückgegriffen.
Alternativenvergleich auf Basis der Internen-Zinssatz-Methode
- es muss sich wiederum bei den zu vergleichenden Investitionsobjekten um vollständige Alternativen handeln
- im Unterschied zur Kapitalwertmethode, wird bei der Internen Zinssatz-Methode hierfür der Interne Zinssatz unterstellt
- Interne Zinssatz einer Ergänzungsinvestition wäre mit dem Internen Zinssatz der Investitionsalternative identisch ⇒ allerdings sehr unrealistisch
- Annahme: beliebige Beträge – hier eben die Ergänzungsin vestitionen – können zu beliebigen Zinssätzen angelegt werden ⇒ einer davon ist der Interne Zinssatz
Verlauf der Kapitalwertfunktion in Abhängigkeit des Zinssatzes
Beispiel:
Berechnen Sie für die beiden bisher untersuchten Anlagen jetzt den Interne Zinssatz der Differenzinvestition iD mit Hilfe des Verfahrens der linearen Interpolation!
- Eine Investition A ist vorteilhafter gegenüber einer Investition B, wenn der Interne Zinssatz der Differenzinvestition iD (Fisher-Rate) größer als der Kalkulationszinssatz ist und vice versa.
- relativen Vorteilhaftigkeitsvergleich habt gezeigt, dass die Kapitalwertmethode und die Interne-Zinssatz-Methode zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können.
- Grund liegt in den jeweils gesetzten Annahmen, mit welchen Zinssätzen (Kalkulationszinssatz oder Interner Zinssatz) Ergänzungsinvestitionen durchgeführt werden
Alternativenvergleich auf Basis der Annuitätenmethode
- Annuitätenmethode und Kapitalwertmethode stimmen hinsichtlich der Beurteilung der relativen Vorteilhaftigkeit dann überein, wenn
- der Beurteilungszeitraum für die zu vergleichenden Alternativen gleich groß ist und
- sich auch die Annuitäten auf diesen Zeitraum beziehen
- Die Annuitätenmethode sollte für den relativen Vorteilhaftigkeitsvergleich nur Anwendung finden, wenn sie die Differenzinvestition beurteilt oder die Investitionsobjekte die gleichen Zeiträume aufweisen.
Wie wird dies realisiert?
Beispiel:
Bewertet werden die beiden bisher untersuchten Anlagen (Hersteller von Funkfernbedinungen) hinsichtlich der relativen Vorteilhaftigkeit jetzt mit Hilfe der Annuitätenmethode, wobei für Anlage 1 sowohl die reguläre, als auch die längere Nutzungsdauer angesetzt wird. Zu welchem Ergebnis kommen Sie?
Beispiel:
Die Bewertung der beiden Anlagen, soll nachfolgend anhand der Annuität der Differenzinvestition erfolgen. Hierbei kann auf den schon berechneten Kapitalwert der Differenzinvestition zurückge
griffen werden. Zu welchem Ergebnis kommen Sie jetzt?
Ursachen für die Bewertungsunterschiede der einzelnen Methoden:
- Kapitalwertmethode:
- unter dem Aspekt des vollkommenen Kapitalmarktes ist jederzeit die Aufnahme und Anlage finanzieller Mittel zum Kalkulationszinssatz möglich
- die zwischen den zu beurteilenden Investitionsobjekten existierenden Kapital- und Laufzeitdifferenzen werden stets durch Ergänzungsinvestitionen zum Kalkulationszinssatz aufgehoben.
- allerdings haben diese einen Kapitalwert von Null und beeinflussen somit nicht das Ergebnis
- Internen-Zinssatz-Methode:
- Vorteilhaftigkeitsvergleich sollte anhand des Internen Zinssatzes der Differenzinvestition erfolgen
- bei einem Vergleich nur mit Hilfe der Internen Zinssätze der zu vergleichenden lternativen Investitionsobjekte wird unterstellt, dass die bei unvollständigen Alternativen notwendigen Ergänzungsinvestitionen den gleichen Zinssatz aufweisen wie jenes Investitionsobjekt, zu welchem diese getätigt wird
- dies ist allerdings sehr unrealistisch und steht konträr zu der unterstellten Annahme des vollkommenen Kapitalmarktes, dass finanzielle Mittel uneingeschränkt zum Kalkulationszinssatz
- Annuitätenmethode:
- Betrachtungszeiträume müssen gleich lang sind und die Annuitäten müssen sich auch auf diesen Zeitraum beziehen.
- ist dies nicht gesichert, können aufgrund der unterschiedlich hohen Wiedergewinnungsfaktoren konträre Beurteilungen entstehen ⇒ Alternativenauswahl auf Basis der Annuitätenmethode dann nicht sinnvoll
- wird die Annuität der Differenzinvestition bestimmt, ergibt sich immer das gleiche Ergebnis für den relativen Vorteilhaftigkeitsvergleich wie bei der Anwendung der Kapitalwertmethode
4.6 Die Kapitalwert nach Steuern
- bisher davon ausgegangen, dass der Investor keine Steuern zahlen muss.
- ist allerdings unrealistisch
- daher werden die Wirkungen von Steuern auf die Investitionsentscheidung nachfolgend untersucht
- allerdings werden nur jene Steuern betrachtet werden, die für die Investitionsentscheidung von Relevanz sind
- Unterscheidung, ob es sich um eine Personen- oder Kapitalgesellschaft handelt und ob die Sicht des Unternehmens oder die der Anteilseigner eingenommen wird
- in beiden Fällen müssten zur exakten Abschätzung der Steuerwirkungen auf eine Investition alle Bemessungsgrundlagen bekannt sein
1. Verwendung des Standardmodells (Nettomethode II)
- Bruttomethode
- erfasst die Wirkung von Ertragsteuern nur pauschal über die Korrektur des Kalkulationszinssatzes
- zeigt auch in der Rechnung nach Steuern keine Ertragsteuerzahlungen in der Zahlungsreihe der Investition auf
- Standardmodell (Nettomethode II)
- Berücksichtigung von Steuern, deren Höhe vom Gewinn abhängig ist
- die Bemessungsgrundlage für die Ertragsteuern bilden die um die Abschreibungen gekürzten Rückflüsse
- der Entlastungseffekt für die steuerliche Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen wird in einem korrigierten Kalkulationszinssatz gewürdigt
2. Lösung des Zurechnungsproblems
- Bemessungsgrundlage für die Ertragsteuern (ESt) stellt der jeweilige Periodengewinn der Investition dar
- die Steuerzahlungen erfolgen am Ende derselben Periode, in der die Gewinne anfallen.
- Steuerhöhe ist dabei proportional zum Gewinn
- die Abzugsfähigkeit von Fremdkapitalzinsen wird innerhalb der Nettomethode II mit einem korrigierten Kalkulationszinssatz berücksichtigt und würdigt den Steuerentlastungseffekt.
- periodisch anfallende Habenzinsen sind voll steuerpflichtig
3. Prämissen im Standardmodell (Nettomethode II)
- es wird eine Einheitsertragsteuer verwendet
- Einheitsertragsteuer basiert auf einer allgemein sowie einheitlich definierten Bemessungsgrundlage
- Bemessungsgrundlage für die Ertragsteuerzahlung ist der jeweilige Perioden- sowie der Veräußerungserfolg, vermindert um die steuerlich wirksame Abschreibung bzw. den Restbuchwert
- Steuerzahlungen oder –ersparnisse richten sich nach dem jeweiligen Vorzeichen des sich hieraus folgenden Ergebnisses
- der für die Beurteilung des Investitionsobjektes angesetzte Steuersatz ist innerhalb der unterstellten Laufzeit konstant
- Kapitalwert nach Steuern bekommt die Symbolik C0S
- periodische Nettozahlung (Periodenüberschuss) nach Steuern PtS
- PtS = Pt - St
- Höhe der periodischen Steuerzahlung
- St = sert * (Pt - AfAt)
- Zahlungsüberschuss nach Steuern
- PtS = Pt - sert * (Pt - AfAt)
- zu versteuernder Liquidationserlös
- LnS = Ln - sert * Ln - RBWn)
- in den Ertragsteuersatz sert ist für Kapitalgesellschaften der Körperschaftsteuersatz sK und der Gewerbesteuersatz sG einzubeziehen
- Veränderungen durch die Unternehmenssteuerreform 2008:
- mit dem Ziel, die Kapitalgesellschaften zu entlasten, ist der Körperschaftsteuersatz auf 15% gesenkt worden
- die Steuermesszahl bei der Gewerbesteuer ist von 5% auf 3,5% herabgesetzt worden sowohl für die Körperschaft- als auch Gewerbeertragsteuer gilt die Nichtabzugsfähigkeit
- Berechnung der Ertragsteuer und des Ertragsteuersatzes
EStt = sert * Gt = sK * Gt + sG * Gt
sert = sK + sG mit sG = Steuermesszahl * Hebesatz
- Einbeziehung der Ertragsteuer in die Kapitalwertmethode hat nicht nur Auswirkungen auf die periodischen Zahlungsreihen, sondern auch auf den Kalkulationszinssatz
- Kalkulationszinssatz nach Steuern is
iS = i - sert * i = i * (s - sert)
- Kapitalwert nach Steuern nach dem Standardmodell (Nettomethode II)
Beispiel:
Ein Investitionsobjekt ist durch folgende Zahlungsreihe gekennzeichnet:
- Die Nutzungsdauer soll 5 Jahre betragen und linear über diesen Zeitraum abgeschrieben werden, wobei das Investitionsobjekt nach 4 Jahren zu 350 € veräußert wird. Der Kalkulationszinssatz beträgt 10% p. a. und der Ertragsteuersatz 30% p. a. Wie hoch ist der Kapitalwert nach Steuern?
- Ein Investitionsobjekt ist vorteilhaft, wenn der Kapitalwert nach Steuern C0S ≥ 0 ist.
- bisherige Erkenntnis: der positive Kapitalwert verringert sich, wenn Steuern mit beachtet werden
- ist der Kapitalwert ohne Steuern negativ, so wurde nach der bis herigen Vorgehensweise das Investitionsprojekt nicht durchgeführt,
- dies muss allerdings bei Beachtung von Steuern nicht so sein, da folgende zwei gegenläufige Effekte auf den Kapitalwert wirken:
- Zusätzliche Steuerzahlungen tragen zur Verminderung des Kapitalwertes bei.
- Die geringere Abzinsung ( iS < i ) der Zahlungsüberschüsse trägt zur Erhöhung des Kapitalwertes bei.
- Die Vorteilhaftigkeit einer Investition kann unter Berücksichtigung von Steuern durch den niedrigeren Kalkulationszinssatz bei steigen dem Ertragsteuersatz zunehmen = Steuerparadoxon.
Beispiel:
Als Assistent der Geschäftsleitung sollen Sie folgendes Investitionsobjekt sowohl auf Basis des Kapitalwertes ohne Steuerberücksichtigung als auch des Kapitalwertes nach Steuern bewerten:
Der Kalkulationszinssatz beträgt 10 % p. a. und der Ertragsteuersatz 30 %. Die Laufzeit beträgt 5 Jahre. Das Investitionsobjekt soll allerdings im Jahr 4 mit einem Liquidationserlös von 1.200 €
verkauft werden.
Verfahrensbeurteilung
- Berechnung des Kapitalwertes nach Steuern basiert auf dem allgemeinen Kapitalwertmodell
- bei der Berücksichtigung von Steuern werden jedoch nur diejenigen erfasst, die erfolgsabhängig sind
- Modell unterstellt, dass nur die Körperschaftsteuer und die Gewerbesteuer für Kapitalgesellschaften auf den Gewinn erhoben und dabei eine lineare Besteuerung vorgenommen wird
- aus den gesetzten Modellannahmen ergibt sich weiterhin, dass der Kapitalwert nach Steuern nicht an die Art der Finanzierung gekoppelt ist
- Berücksichtigung vom Steuern kann dann kontraproduktiv sein, wenn die Finanzierung des Investitionsobjektes die Steuerzahlungen und damit auch den Kalkulationszinssatz maßgeblich beeinflusst
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