Betriebswirtschaftslehre 2 - Investitionsrechnung und Finanzierung - Kapitel 2 - Finanzmathematische Grundlagen
Inhalte von Prof. Dr. Thomas Urban
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2.1 Finanzmathematische Grundlagen
2.1.1 Einfache Verzinsung
- Zinsen sind die Vergrößerung eines Betrages in einer bestimmten definierten Zeit, der Zinsperiode
- Maß der Verzinsung ist durch den Zinssatz gegeben
- wegen der anzutreffenden unterschiedlichen Zinszuschreibungsmodalitäten resultieren aus einem bestimmten nominellen Jahreszinssatz durchaus verschiedene s. g. effektive Jahreszinssätze
- bei Zinsrechnungen werden Zahlungen auf einen einheitlichen Zeitpunkt bezogen und zu diesem Zeitpunkt verglichen
- entweder zum Zeitpunkt t0 oder zum Ende der Zinsvereinbarung (Zeitpunkt n), d. h. nach n Perioden
- wird im Zeitraum t0 ein Betrag K0 zur Verfügung gestellt, so sind die zu zahlenden Zinsen Z proportional zur Zeit t und proportional zum Kapital K0
- der Proportionalitätsfaktor heißt Zinssatz i (Einheit % p. a.)
- Wenn die Zinsen am Ende des Zeitraumes dem Kapital zugeschlagen werden, dann beträgt das Kapital nach n Jahren:
- Ksub> = K0 + (K0 * i) + ... + (K0 * i) = K0 + (K0 * i * n) = K0 * (1 + i * n)
- n = Anzahl der Perioden
- i = Jahreszinssatz
- die Zinsen können auch in Abhängigkeit von der Zahl der Tage T angeben werden, wobei das Jahr im allgemeinen zur rechnerischen Vereinfachung 360 Tage gerechnet wird T = Zahl der Tage; 1 Jahr = 360 Tage
2.1.2 Zinseszinsrechnung
Jährliche Zinszuschreibung
- ein zum Zeitpunkt t0 verfügbarer Kapitalbetrag K0 werde zum Zinssatz i angelegt, der als Jahreszinssatz definiert ist.
- nach genau 1 Jahr und der entsprechenden Zinszuschreibung ist der Kapitalbetrag K1 vorhanden mit
- K1 = K0 + i * K0 = K0 * (1 + i)
- nach genau 2 Jahren beträgt der vorhandene Kapitalbetrag K2
- K2 = K1 + i * K1 = K1 * (1+i) = K0 * (1 + i)2
- nach genau n Jahren ist der Betrag Kn vorhanden mit
- Kn = Kn-1 + i * Kn-1 = Kn-1 * (1 + i) = K0 * (1 + i)n
- nach einer Anlagedauer von n Jahren ergibt sich ein nach dieser Zeit erzielter, zum Zeitpunkt n vorliegender Endwert En in Abhängigkeit von der Größe n des Betrachtungszeitraumes zu
- En = Kn = K0 * (1 + i)n = K0 * qn
Beispiel:
- Bezogen auf die Geldanlage (Sparbrief) beträgt der Endwert E2
- E2 = K2 = 1.000 * (1 + 0,05)2 = 1.102,50
Aufzinsung in der Kaufmännischen Verzinsung
- Auflösung der Zinsformel nach dem Betrag K0 erlaubt den Vergleich der gleichwertigen Investitionssummen ⇒ Formel für den "Barwert" eines in der Zukunft fälligen Betrages:
- Bei der Abzinsung (= Diskontierung) liegt die Fragestellung zugrunde, wie viel ein Kapitalbetrag Kn, der am Ende des Jahres n anfällt, zu Beginn des Planungszeitraums wert ist.
Abzinsung in der Kaufmännischen Verzinsung
Um bei gegebenem Zinssatz i die Dauer n zu ermitteln, verwendet man folgende Beziehung:
Die Verzinsung i, die bei einer bestimmten Laufzeit n notwendig ist, um von K0 aus Kn zu erreichen, kann folgendermaßen ermittelt werden:
Unterjährige Verzinsung
- Begriffe werden gern durcheinander gebracht!
- wenn bei Zinseszinsrechnungen der Zuschlag der angelaufenen Zinsen auf das Kapital zu mehreren Terminen gleichen Abstandes im Jahr erfolgt ⇒ unterjähriger Verzinsung
- relativen unterjährigen Zinssatz irel ⇒ Jahreszins i wird in so viele Teile m geteilt, wie Termine pro Jahr gesetzt sind
- Der Jahreszinssatz i ist dann nicht mehr wirksam und wird daher als nominelle Verzinsung dieses Jahres bezeichnet. Die effektive Verzinsung ieff ergibt z. B. bei zwei Terminen pro Jahr:
- Bei m Terminen gilt:
- Dieses Kn ist größer als das entsprechende bei jährlichem Zinszuschlag.
Anwendung des relativen unterjährigen Zinssatzes irel ergibt gegenüber dem nominellen Zinssatz i eine höhere effektive Jahresverzinsung ieff
Ermittlung des nominellen Zinssatzes aus der effektiven Jahresverzinsung:
Gemischte Verzinsung
- wenn der Verzinsungszeitraum nicht nur aus ganzen Berechnungsperioden (Jahren) besteht, sondern auch aus Bruchteilen davon ⇒ gemischte Verzinsung vorgenommen
- Liegen die unvollständigen Zinsperioden am Anfang und am Ende der Laufzeit, ergibt sich folgende Berechnung:
- Die Ermittlung des Barwertes K0 ergibt sich bei gemischter Verzinsung demzufolge als:
Stetige Verzinsung
- Bei gleichem Nominalzinssatz steigt die effektive Verzinsung mit der Häufigkeit der unterjährigen Zinstermine.
- für möglichst hohe Verzinsung ⇒ sehr weitgehende Aufteilung der Zinsperiode anstreben
- K1 wird maximal für m ⇒ ∞; m = unterjährige Zinstermine
- wenn m ⇒ ∞ gesetzt wird, dann folgt:
- effektiver Jahreszins ieff bei stetiger Verzinsung:
- K0 * (1 + ieff) = K1 * ei
- 1 + ieff = ei
- ieff = ei - 1
Beispiel
• Welchen Betrag besitzt ein Guthaben von 1.000 € nach Ablauf eines Jahres, wenn es
a) jährlich mit 12 %,
b) vierteljährlich mit 3 %,
c) monatlich mit 1 %,
d) an 360 Zinstagen täglich mit 12/360 %,
e) stetig mit einer Momentanverzinsung von 12 % verzinst wird?
2.2 Barwert und Endwert
- Kapitalbeträge zum Zeitpunkt t = 0 durch Auf-(Ver-)zinsung zu einem Endwert in t = n überführt oder aus einem Endkapital durch Abzinsung (Diskontierung) das Anfangskapital ermittelt werden
- unterschiedliche Anlage- oder Kreditformen können miteinander verglichen werden ⇒ nicht nur einzelne Zahlungen sondern auch Zahlungsströme
- Ein Zahlungsstrom ist dadurch charakterisiert, dass zum Zeitpunkt t Einzahlungen Et und/oder Auszahlungen At erfolgen, die als Periodenüberschuss (periodische Nettozahlung) Pt zusammengefasst werden können.
- Erfolgt die Diskontierung der Differenz der periodischen Ein- und Auszahlungen mit q-n (Diskontierungsfaktor) auf einen Bezugszeitpunkt, wird dieser Betrag als Barwert BW des Zahlungsstroms bezeichnet.
Beispiel
• Wie hoch sind die Barwerte der nachfolgenden Zahlungsreihen (alle Werte in €), wenn für Zahlungsreihe (ZR) I ein Zinssatz von 5% p. a. und für Zahlungsreihe II ein Zinssatz von 6% p. a. gilt?
• Erfolgt eine Aufzinsung der Differenz der jährlichen Ein- und Auszahlungen (Nettozahlungen) mit q-n (Aufzinsungsfaktor), wird der sich ergebende Betrag als Endwert E-n des Zahlungsstroms bezeichnet.
Beispiel
• Wie hoch sind die Endwerte der nachfolgenden Zahlungsreihen (alle Werte in €), wenn für Zahlungsreihe (ZR) I ein Zinssatz von 5% p. a. und für Zahlungsreihe II ein Zinssatz von 6% p. a. gilt?
2.3 Rentenrechnung
• Renten stellen regelmäßig wiederkehrende Zahlungen dar, d. h. die Dauer der Zahlungen (Rentendauer) muss mindestens über zwei Perioden gehen.
Merkmale der Rentenzahlungen
2.3.1 Konstante jährliche nachschüssige Rentenzahlungen mit jährlichen Zinsen
- Periodenzahlungen identischer Höhe = Rente r
- bei der nachschüssigen Rente erfolgt der Zahlungsfluss immer am Ende einer Periode und wird ab diesem Zeitpunkt über eine Laufzeit von n Jahren mit einem Jahreszinssatz i sowie Zinseszins verzinst
- Rentenbarwert R-0 berechnet sich als Summe der Barwerte der einzelnen Rentenzahlungen
- bei dem Term handelt es sich um eine Aufsummierung von Diskontierungsfaktoren
- Der Ausdruck wird nachschüssiger Rentenbarwertfaktor (RBF) genannt.
- Der Rentenbarwertfaktor hängt vom Zinssatz i und der Laufzeit n ab.
- Der Kapitalwert entspricht dem Rentenbarwert: C0 = R-0
- Rentenbarwert
- Rentenendwert Rn = Summe aller Rentenzahlungen und ihrer zugehörigen Zinsen und Zinseszinsen am Ende der Laufzeit
- Rentenendwert ergibt sich als Aufzinsung des Rentenbarwertes mit der Formel der Zinsrechnung:
- nachschüssiger Rentenendwertfaktor (REF) wird funktional wie folgt beschrieben:
Berechnung der Rentenhöhe und der Laufzeit bei nachschüssiger Terminierung
2.3.2 Konstante jährliche vorschüssige Rentenzahlungen mit jährlichen Zinsen
- bisheriger Ansatz: Rentenzahlungen erfolgen jeweils am Ende eines Jahres
- allerdings können diese auch zu Beginn des Jahres stattfinden und werden ab diesem Zeitpunkt mit dem jeweiligen Jahreszinssatz zinseszinslich verzinst
- Rentenbarwert einer vorschüssig gezahlten Rente:
- vorschüssiger Rentenbarwertfaktor: Symbol a'n
- analog zum vorschüssigen Rentenbarwert hat die zeitliche Verschiebung der Zahlungen um eine Periode nach vorn, die gleiche Auswirkung auf den zugehörigen Rentenendwert
- der vorschüssige Rentenendwert ergibt sich somit als der um eine Periode aufgezinste nachschüssige Rentenendwert
- vorschüssiger Rentenbarwertfaktor: Symbol s'n
Berechnung der Rentenhöhe und der Laufzeit bei vorschüssiger Terminierung
2.3.3 Ewige Renten
- Wenn für die Laufzeit einer Rentenzahlung n ⇒ ∞ gilt, wird dies als ewige Rente bezeichnet. Die ewige Rente entspricht somit den Zinsen des Kapitals.
- Bestimmung eines Rentendwertes ist aufgrund der nie endenden Laufzeit nicht möglich
- Welche Auswirkung n ⇒ ∞ auf den nachschüssigen Rentenbarwert?
- für den Rentenbarwert R'0,∞ einer ewigen nachschüssigen Rente folgt:
- wie zu sehen war, erfuhr der vorschüssige Rentenbarwert gegenüber dem nachschüssigen Ansatz die Erweiterung um eine periodische Verzinsung
- dies für die ewige Rente angewandt, folgt für den vorschüssigen Rentenbarwert R'0, v, ∞:
2.4 Annuitätenrechnung
- Leitgedanke der Annuitätenrechnung besteht darin, Zahlungen gleichmäßig auf die Nutzungsjahre eines Investitionsobjektes zu verteilen
- Annuitätenrechnung aus Finanzierungssicht
- wenn für die Durchführung einer Investition eine Schuld (Darlehen, Kredit) aufgenommen wurde, muss diese entsprechend zurückgezahlt werden
- Wenn der Schuldner seine Zahlungsverpflichtungen gegenüber dem Gläubiger jeweils zum Jahresende in gleich bleibenden Beträgen leistet, heißen diese (Schuld-)Annuitäten.
Annuitätendarlehen
- Annuitätenrechnung aus Investorensicht
- bei der Durchführung einer Investition sind die beteiligten Investoren oft nicht an Einmalzahlungen interessiert, d. h. der Entnahme des positiven Bar- oder Endwertes, sondern an jährlichen Zahlungen über die gesamte Laufzeit
- da am Ende der Laufzeit der Endwert En = 0 ist, ergibt sich für die Annuität:
- Äquivalente jährliche Zahlungen in konstanter oder wachsender Höhe - die neben Zins und Tilgung in jeder Periode zur Verfügung stehen - heißen Gewinnannuitäten oder nur Annuitäten.
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