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Fallbeispiele Gesellschaftsrecht - Falllösung


Fall 17

Die Brüder A, B und C sind zusammen mit ihrer Schwester D Gesellschafter der A GmbH. D hat einen Geschäftsanteil zum Betrag von 32.000 €; die Geschäftsanteile von A, B und C betragen je 10.000 €. Im Gesellschaftsvertrag der GmbH ist u.a. vereinbart:
„Die Gesellschaft hat einen oder mehreren Geschäftsführer. Für den Fall, dass die Gesellschaft einen Geschäftsführer hat, hat dieser Alleinvertretungsmacht, für den Fall, dass die mehrere Geschäftsführer hat, haben diese Gesamtvertretungsmacht.“
In einer Anfang Januar 2004 getroffenen, noch nicht zum Handelsregister eingereichten, notariell beurkundeten Zusatzvereinbarung zum Gesellschaftsvertrag ist zwischen A, B, C und D vereinbart worden:
„A hat das Recht, einen oder mehrere Geschäftsführer vorzuschlagen; die Ge-sellschafter verpflichten sich, nur den von A Vorgeschlagenen zum Geschäftsführer zu bestellen.“
Mitte Januar 2004 sind auf Vorschlag von A dessen Bruder B und der langjährige Mit-arbeiter P zu Geschäftsführern bestellt und in das Handelsregister eingetragen worden. Als P im November 2004 ein Betreuer bestellt und für die Besorgung seiner Vermö-gensangelegenheiten ein Einwilligungsvorbehalt angeordnet wurde, ist auf Vorschlag von A Anfang Dezember 2004 der C von den A, B, C und D zum Geschäftsführer bestellt worden. Eine Anmeldung der Bestellung zum Handelsregister ist noch nicht erfolgt; die Bestellung ist den Geschäftspartnern der A GmbH jedoch bereits von B und C „als den derzeitigen Geschäftsführern der A GmbH“ schriftlich mitgeteilt worden. An der Anfang Januar 2005 routinemäßig stattfindenden Gesellschafterversammlung wünscht an Stelle der geladenen D deren nicht geladener Ehemann E teilzunehmen, indem er unter Vorlage der Urkunde erklärt, er habe bereits im Oktober 2004 den Geschäftsanteil von D durch notariell beurkundeten Vertrag erworben. E, der erst jetzt von dem Vorschlagsrecht des A erfährt, stellt den Antrag dieses Vorschlagsrecht aufzuheben und ihn statt C zum Geschäftsführer neben B zu bestellen. A, B und C stimmen einstimmig gegen die Anträge des E. Dieser möchte wissen,

1. wer im November und Dezember 2004 die A GmbH als Geschäftsführer zu vertreten ermächtigt war,

2. wer im laufenden Jahr von wem als Geschäftsführer des A GmbH zum Handels-register anzumelden ist.




Formulierungsvorschlag Fall 17



1. Ermächtigung zur Vertretung der GmbH als Geschäftsführer im November 2004


1.1 B und P sind Anfang 2004 nach § 46 Nr. 5 GmbHG wirksam zu Geschäfts-führern der GmbH mit Gesamtvertretungsmacht bestellt und in das Handelsregister eingetragen worden; das Vorschlagsrecht von A ist zwar nach § 54 III GmbHG noch nicht satzungsmäßig wirksam. Dies hindert die Gesellschafter der GmbH jedoch nicht, Geschäftsführer auf Vorschlag von A zu bestellen.

1.2 Da P Anfang November 2004 ein Betreuer bestellt und für die Besorgung seiner Vermögensangelegenheiten ein Einwilligungsvorbehalt nach § 1903 BGB angeordnet wurde, hat die Bestellung von P zum Geschäftsführer der GmbH nach § 6 II 2 GmbHG geendet; die Beendigung ist von der GmbH zum Handelsregister anzumelden.

Ergebnis: Im November 2004 war nur B Geschäftsführer der GmbH, so dass er gemäß dem Gesellschaftsvertrag Alleinvertretungsmacht hatte; die GmbH konnte sich aber nach § 15 I HGB nur solchen Dritten gegenüber auf die Allein-vertretungsmacht von B berufen, denen die Beendigung der Bestellung von P, etwa durch das Schreiben von B und C, bekannt war.

2. Ermächtigung zur Vertretung der GmbH als Geschäftsführer im Dezember 2004


2.1 B konnte auch im Dezember 2004 die GmbH als Geschäftsführer vertreten, weil seine Bestellung nicht beendet wurde.

2.2 Neben B war C im Dezember 2004 ermächtigt, die GmbH als Geschäftsführer zu vertreten, wenn er durch den Beschluss von Anfang Dezember 2004 wirksam bestellt worden ist und wenn er seine Bestellung angenommen hat.

2.2.1 Wirksamkeit des Beschlusses über die Bestellung von C

2.2.1.1 A und B konnten als Gesellschafter der GmbH mitbeschließen.

2.2.1.2 C konnte als Gesellschafter der GmbH mitbeschließen, weil das Stimmverbot nach § 47 IV 2 GmbHG bei der Bestellung von Geschäftsführern nicht anwendbar ist.

2.2.1.3 Obwohl D bereits im Oktober 2004 ihren Geschäftsanteil nach §§ 398, 413 BGB, 15 III GmbHG wirksam auf E übertragen hat, ab diesem Zeitpunkt also nicht mehr Gesellschafterin der GmbH war, konnte D Anfang Dezember 2004 mitbeschließen, weil der Erwerb des Geschäftsanteils erst 2005 angemeldet wurde, so dass D bis zu diesem Zeitpunkt der GmbH gegenüber als Gesellschafterin galt, arg. e § 16 I GmbHG.

2.2.1.4 A, B, C und D konnten C auf Vorschlag von A formlos zum Geschäftsführer der GmbH bestellen.

2.2.1.5 C ist Anfang Dezember 2004 wirksam zum Geschäftsführer der GmbH bestellt worden.

2.2.2 C hat, wie sich aus dem Schreiben von B und C an die Geschäftspartner der GmbH ergibt, die Bestellung angenommen.

2.2.3 Da die Eintragung von C als Geschäftsführer der GmbH im Handelsregister nur rechtsbezeugend (deklaratorisch) wirkt, war C im Dezember 2004 neben B Geschäftsführer der GmbH.

Ergebnis: B und C hatten im Dezember 2004 als Geschäftsführer nach der Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag der GmbH; die GmbH konnte sich nach § 15 I HGB jedoch nur solchen Dritten gegenüber auf die Gesamtvertretungsmacht von B und C berufen, denen die Beendigung der Bestellung von P und die Bestellung von C, etwa durch das Schreiben von B und C bekannt war.

3. Anmeldungen zum Handelsregister


3.1 Die Beendigung der Bestellung von P ist nach §§ 39 I, 78 GmbHG von der GmbH zum Handelsregister anzumelden.

3.2 Anmeldung von C als Geschäftsführer der GmbH zum Handelsregister

3.2.1 Die Bestellung von C zum Geschäftsführer muss nach §§ 39 I, 78 GmbHG von der GmbH zum Handelsregister angemeldet werden.

3.2.2 Außer dieser Bestellung muss deren Widerruf zum Handelsregister angemeldet werden, wenn die Bestellung Anfang Januar 2005 nach § 46 Nr. 5 GmbHG wirksam widerrufen worden ist.

3.2.2.1 Obgleich der Widerruf einer Bestellung zum Geschäftsführer in der Zusatzvereinbarung vom Januar 2004 nicht ausdrücklich geregelt ist, ist diese Ver-einbarung dahin auszulegen, dass ein solcher Widerruf nur mit Zustimmung von A wirksam sein soll.

3.2.2.2 Durch die zwischen A, B, C und D einstimmig getroffene notariell beurkundete Zusatzvereinbarung zum Gesellschaftsvertrag der GmbH sollte für A ein mitgliedschaftliches Vorzugsrecht begründet werden; da dieses Vorzugsrecht mangels Eintragung der Zusatzvereinbarung im Handelsregister nach § 54 III GmbHG keine satzungsmäßige Wirkung hatte, war es durch formlosen Beschluss mit einfacher Mehrheit aufhebbar.

3.2.2.3 Die Gesellschafterversammlung von Anfang Januar 2005 war trotz Ladung von D ordnungsgemäß einberufen, weil D bis zu dieser Versammlung der GmbH gegenüber als Gesellschafterin galt. Das musste E gegen sich gelten lassen, § 16 II GmbHG.

3.2.2.4 Da E den Erwerb des Geschäftsanteils zu Beginn der Gesellschafterversammlung den anwesenden Geschäftsführern der GmbH unter Nachweis des Übergangs angemeldet hat (§ 16 I GmbHG), galt E ab diesem Zeitpunkt der GmbH gegenüber als Gesellschafter und konnte somit seine Anträge stellen. Über diesen Antrag konnte trotz anderer Tagesordnung nach § 51 IV i.V.m. III GmbHG abgestimmt werden, weil alle Gesellschafter anwesend waren und keiner sich abzustimmen weigerte.

3.2.2.5 An dem Beschluss über die Aufhebung des Vorschlagsrechts von A und über den Widerruf der Bestellung von C konnten A, B, C und E als Gesellschafter der GmbH mitwirken; für A und C bestand kein Stimmverbot nach § 47 IV GmbHG, weil weder das Vorschlagsrecht des A, noch die Bestel-lung von C aus wichtigem Grunde aufgehoben bzw. widerrufen werden sollten.

3.2.2.6 Da E mit 640 Stimmen (vgl. § 47 II GmbHG) gegen die 600 Stimmen von A, B und C die Mehrheit der Stimmen hatte, ist das Vorschlagsrecht von A wirksam aufgehoben und die Bestellung von C zum Geschäftsführer der GmbH wirksam widerrufen worden.

3.2.3 Außer der Bestellung von C muss deren Widerruf nach §§ 39 I, 78 GmbHG von der GmbH zum Handelsregister angemeldet werden.

3.3 Da die Bestellung von E zum Geschäftsführer der GmbH aus entsprechenden Gründen wie der Widerruf der Bestellung von C wirksam ist, muss auch die Bestellung von E zum Handelsregister angemeldet werden.

Ergebnis: B und E müssen als Geschäftsführer mit Gesamtvertretungsmacht nach §§ 39, 78 GmbHG für die GmbH zum Handelsregister die Beendigung der Bestellung von P, die Bestellung von C und deren Widerruf und die Bestellung von E zum Geschäftsführer anmelden.







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