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Thüringer Bauordnung [ThürBO]

Kommentar Prof. Dr. Sven Müller-Grune



§ 87
Rechtsverordnungen



(1) Zur Verwirklichung der in § 3 Abs. 1 und 2 bezeichneten Anforderungen wird die oberste Bauaufsichtsbehörde ermächtigt, durch Rechtsverordnung

1. die nähere Bestimmung allgemeiner Anforderungen nach den §§ 4 bis 48,

2. Anforderungen an Feuerungsanlagen (§ 42),

3. Anforderungen an Garagen (§ 49),

4. besondere Anforderungen oder Erleichterungen, die sich aus der besonderen Art oder Nutzung der baulichen Anlagen für die Errichtung, Änderung, Unterhaltung, den Betrieb und die Nutzung ergeben (§ 51), sowie über die Anwendung solcher Anforderungen auf bestehende bauliche Anlagen dieser Art,

5. Erst-, Wiederholungs- und Nachprüfungen von Anlagen, die zur Verhütung erheblicher Gefahren oder Nachteile ständig ordnungsgemäß unterhalten werden müssen, und die Erstreckung dieser Nachprüfungspflicht auf bestehende Anlagen,

6. die Anwesenheit fachkundiger Personen beim Betrieb technisch schwieriger baulicher Anlagen und Einrichtungen, wie Bühnenbetriebe und technisch schwierige Fliegende Bauten, einschließlich des Nachweises der Befähigung dieser Personen

zu regeln.

(2) Die oberste Bauaufsichtsbehörde wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung Näheres über

1. Prüfingenieure und Prüfämter, denen bauaufsichtliche Prüfaufgaben einschließlich der Bauüberwachung und der Bauzustandsbesichtigung übertragen werden, sowie

2. Prüfsachverständige, die im Auftrag des Bauherrn oder des sonstigen nach Bauordnungsrecht Verantwortlichen die Einhaltung bauordnungsrechtlicher Anforderungen prüfen und bescheinigen,

zu bestimmen. Die Rechtsverordnungen nach Satz 1 regeln, soweit erforderlich,

1. die Fachbereiche und die Fachrichtungen, in denen Prüfingenieure, Prüfämter und Prüfsachverständige tätig werden,

2. die Anerkennungsvoraussetzungen und das Anerkennungsverfahren,

3. das Erlöschen, die Rücknahme und den Widerruf der Anerkennung einschließlich der Festlegung einer Altersgrenze,

4. die Aufgabenerledigung,

5. die Vergütung.

Die oberste Bauaufsichtsbehörde kann durch Rechtsverordnung auch bestimmen, dass die Anerkennung oder Teile des Anerkennungsverfahrens auf eine Behörde eines anderen Landes übertragen werden, die der Aufsicht einer obersten Bauaufsichtsbehörde untersteht oder an deren Willensbildung eine oberste Bauaufsichtsbehörde mitwirkt.

(3) Die oberste Bauaufsichtsbehörde wird ermächtigt, zum bauaufsichtlichen Verfahren durch Rechtsverordnung

1. den Umfang, Inhalt und die Zahl der erforderlichen Unterlagen einschließlich der Vorlagen bei der Anzeige der beabsichtigten Beseitigung von Anlagen nach § 60 Abs. 3 Satz 2 und bei der Genehmigungsfreistellung nach § 61,

2. die erforderlichen Anträge und Anzeigen sowie Nachweise, Bescheinigungen und Bestätigungen auch bei verfahrensfreien Bauvorhaben,

3. das Verfahren im Einzelnen, insbesondere den in § 65 Abs. 3 Satz 1 genannten Kriterienkatalog,

zu regeln. Sie kann dabei die elektronische Form ganz oder teilweise ausschließen sowie für verschiedene Arten von Bauvorhaben unterschiedliche Anforderungen und Verfahren festlegen.

(4) Die oberste Bauaufsichtsbehörde wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung

1. die Zuständigkeit für die Zustimmung und den Verzicht auf Zustimmung im Einzelfall (§ 20)

a) auf andere Behörden,

b) für Bauprodukte, die in Baudenkmälern nach dem Thüringer Denkmalschutzgesetz verwendet werden sollen, allgemein oder für bestimmte Bauprodukte auf die untere Bauaufsichtsbehörde

zu übertragen,

2. die Zuständigkeit für die Anerkennung von Prüf-, Zertifizierungs- und Überwachungsstellen (§ 25) auf andere Behörden zu übertragen, die Zuständigkeit kann auch auf eine Behörde eines anderen Landes übertragen werden, die der Aufsicht einer obersten Bauaufsichtsbehörde untersteht oder an deren Willensbildung die oberste Bauaufsichtsbehörde mitwirkt,

3. das Ü-Zeichen festzulegen und zu diesem Zeichen zusätzliche Angaben zu verlangen,

4. das Anerkennungsverfahren nach § 25, die Voraussetzungen für die Anerkennung, ihre Rücknahme, ihren Widerruf und ihr Erlöschen zu regeln, insbesondere auch Altersgrenzen festzulegen, sowie eine ausreichende Haftpflichtversicherung zu fordern.

Die Übertragung der Zuständigkeit nach Satz 1 Nr. 1 Buchst. a und Nummer 2 ist auch auf eine Behörde eines anderen Landes möglich, die der Aufsicht einer obersten Bauaufsichtsbehörde untersteht oder an deren Willensbildung die oberste Bauaufsichtsbehörde mitwirkt.

(5) Die oberste Bauaufsichtsbehörde wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung zu bestimmen, dass die Anforderungen der aufgrund des § 34 ProdSG und des § 49 Abs. 4 des Energiewirtschaftsgesetzes erlassenen Rechtsverordnungen entsprechend für Anlagen gelten, die weder gewerblichen noch wirtschaftlichen Zwecken dienen und in deren Gefahrenbereich auch keine Arbeitnehmer beschäftigt werden. Sie kann auch die Verfahrensregelungen dieser Verordnungen für anwendbar erklären oder selbst das Verfahren bestimmen sowie Zuständigkeiten und Gebühren regeln. Dabei kann sie auch vorschreiben, dass danach zu erteilende Erlaubnisse die Baugenehmigung oder die Zustimmung nach § 76 einschließlich der zugehörigen Abweichungen einschließen, sowie dass § 35 Abs. 2 ProdSG insoweit Anwendung findet.












Kommentierung







A. Normgeschichte







1. Historie







2. Gesetzesbegründung


Absatz 1 ermöglicht die Konkretisierung allgemeiner Anforderungen dieses Gesetzes. Die Ermächtigung in Nummer 1 erstreckt sich auf die nähere Bestimmung der Anforderungen der §§ 4 bis 48, da § 49 keine materiellen bauordnungsrechtlichen Anforderungen an Stellplätze und Garagen enthält und deshalb für diese in Nummer 3 eine gesonderte Ermächtigungsgrundlage geschaffen wird. Nummer 2 erlaubt - über die bloße Konkretisierung von Anforderungen auf der Grundlage der Ermächtigung in Nummer 1 hinausgehend - die von den bauordnungsrechtlichen Standardvorschriften abweichende (namentlich auch erleichternde) Regelung von Anforderungen an Feuerungsanlagen. Nummer 4 ermöglicht es, die bei Sonderbauten nach § 51 sonst in jedem Einzelfall durch die Bauaufsichtsbehörde festzulegenden Anforderungen in allgemeiner Form zu regeln. Nach Nummer 5 können Regelungen auch über wiederholte Prüfungen technischer Anlagen erlassen werden. Da insbesondere bei Versammlungsstätten zur Vermeidung von Gefahren beim Betrieb besonders qualifiziertes Personal anwesend sein muss, ermöglicht Nummer 6 entsprechende Regelungen, die auch den Befähigungsnachweis dieser Personen umfassen können.

Absatz 2 dient der Verlagerung von Prüf- und Überwachungsaufgaben auf besonders befähigte Personen. Satz 1 enthält eine Legaldefinition der Prüfingenieure und Prüfämter einerseits (Nummer 1) und der Prüfsachverständigen andererseits (Nummer 2), um die unterschiedliche Funktion beider Gruppen zu verdeutlichen, deren Bezeichnungen ansonsten im Gesetz ohne nähere Erläuterungen verwendet werden. Satz 2 zählt die wesentlichen Regelungsgegenstände auf. Satz 3 ermöglicht die Zusammenarbeit mit anderen Ländern bei der Zulassung der Prüfingenieure und Prüfsachverständigen. Da sich dadurch der Aufwand verringert, können häufiger für die Anerkennung erforderliche Prüfungen durchgeführt werden.

Absatz 3 ermöglicht Regelungen über in den verschiedenen Verfahren einzureichende Unterlagen sowie konkretisierende Verfahrensregelungen. Auf Grundlage der entsprechenden Regelung im bisherigen § 82 Abs. 3 wurde die Thüringer Bauvorlagenverordnung erlassen. Satz 2 erlaubt den Ausschluss der elektronischen Form, da Baugenehmigungsunterlagen und damit auch die eingereichten Unterlagen so lange lesbar sein müssen, wie die Anlage besteht und dies beim derzeitigen Stand der Technik nicht gewährleistet ist.

Absatz 4 enthält bauproduktenrechtliche Verordnungsermächtigungen. Satz 1 Nr. 1 und 2 ermöglicht die Übertragung von Zuständigkeiten von der obersten Bauaufsichtsbehörde auf andere Stellen. Satz 1 Nr. 3 erlaubt die Festlegung des Ü-Zeichens einschließlich zusätzlich erforderlicher Angaben. Dadurch wird es dem Verwender eines Bauprodukts erleichtert, die Zulässigkeit der Verwendung für den vorgesehenen Einsatz zu beurteilen. Satz 1 Nr. 4 ermöglicht, nähere Anforderungen an die Zulassung und Tätigkeit von Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstellen zu stellen. Satz 2 ermöglicht entsprechend der Regelung in Absatz 2 Satz 3 die Zusammenarbeit mit anderen Ländern.

Absatz 5 ermöglicht, für in gewerblichen Bereichen genutzte technische Anlagen geltende Anforderungen auch auf Anlagen zu erstrecken, die weder gewerblichen noch wirtschaftlichen Zwecken dienen und in deren Gefahrenbereich auch keine Arbeitnehmer beschäftigt werden. Möglich wäre auch eine Übertragung der Zuständigkeit für diese Anlagen auf Arbeitsschutzbehörden.


3. Verwaltungsvorschrift







B. Normauslegung

















Zitiervorschlag:
Müller-Grune Sven, Kommentar zur Thüringer Bauordnung, Schmalkalden 2017, § 87.





© Prof. Dr. Sven Müller-Grune





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