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Sonderformen von Kausalität
A. Abgebrochene Kausalität
Die abgebrochene Kausalität ist der überholenden Kausalität sehr ähnlich und wird daher als Unterfall der überholenden Kausalität (siehe unten) betrachtet. Es werden zwei Kausalreihen in Kraft gesetzt, wobei die spätere Ursache die frühere unterbricht und dadurch wird stellvertretend die eigene Kausalität in den Vordergrund gestellt. (1)
Durch ein Beispiel soll das Verständnis der abgebrochenen Kausalität unterstützt werden.
B. Alternative Kausalität bzw. Doppelkausalität
Von der alternativen Kausalität oder Doppelkausalität ist die Rede, wenn zwei unabhängig voneinander verlaufende Ereignisse zu der selben Schadensfolge führen. Jede der beiden verursachenden Ereignisse hätte auch alleine bereits den gesamten Schaden verursacht.
Erkennbar ist später jedoch nicht, welche der Tathandlungen zur Schadensfolge geführt hat. Dies ist gesetzlich in § 830 Abs. 1 S. 2 BGB als sogenannter "Urheberzweifel" wiederzufinden.
In diesem Fall der Doppelkausalität oder alternativen Kausalität liegt eine Art Modifizierung der Äquivalenztheorie vor, wonach für den Erfolg jede einzelne Ursache als begründend für die Tatbestandsverwirklichung angesehen wird.
C. Anknüpfende Kausalität
Liegt keine Unterbrechung des Kausalzusammenhangs zwischen der Aktion und dem Erfolg vor, ist die Kausalität generell zu bejahen und es liegt somit eine sogenannte anknüpfende Kausalität vor. Hierbei sind vor allem Fälle angesprochen, bei welchen sich ein unabhängiger Dritter dem Kausalverlauf, welcher vom Täter herbeigeführt wurde, anschließt.Daus ist zu schließen, dass die Aktion des Dritten nur erfolgreich sein kann, weil der Täter vorher gehandelt hat und an diese Handlung angeknüpft werden konnte.
Durch die Zwischenhandlung des Dritten wird der Kausalzusammenhang also nicht unterbrochen, viel mehr ist die zweite Bedingung von der ersten abhängig und setzt diese fort. (2)
Sie wird in der Literatur häufig auch als "fortwirkende Kausalität" oder "mehrstufige Kausalität" bezeichnet.
Betrachtet man in diesem Zusammenhang die Äquivalenztheorie,sind alle Bedingungen / Aktionen / Maßgaben als gleichwertig anzusehen. Wichtig ist also, dass die betrachtete Aktion, auch wenn sie den Erfolg nur mitverursacht hat, eine von mehreren in Betracht kommenden Ursachen für den eingetretener Erfolg ist. (3)
Oftmals handelt es sichbei der ersten Bedingung um eine fahrlässige, an welche dann eine andere angeknüpft wird. (4)
Ein Beispiel zu dieser Thematik findet sich hier.
D. Hypothetische Kausalität
Die hypothetische Kausalität bezieht sich auf den Verlauf eines Geschehens, den es in Wirklichkeit nicht gegeben hat. Das Problem der hypothetischen oder auch Überholenden Kausalität tritt zu Tage, wenn eine Ursache zu einem Erfolg geführt hat, eine zweite Ursache zugleich aber ebenfalls zu demselben Erfolg in Reserve gestanden haben kann (=Reserveursache). Daraus folgend stellt sich die Frage, ob die erste, die zweite oder beide Ursachen als kausal anzusehen sind.
Daher wird laut h.M. zwischen drei Fällen differenziert:
a) Anlagefälle:
Hier bestand bei Eintritt des schädigenden Ereignisses bereits eine innewohnende Schadensanlage in der geschädigten Person oder Sache. In diesen Fällen beschränkt sich die Ersatzpflicht auf die durch den früheren Schadenseintritt bedingten Nachteile. Keine oder eine beschränkte Ersatzpflicht besteht demzufolge zum Beispiel bei der Beschädigung einer Sache, die ihrer Anlage nach vor der Vernichtung stand (z.B. ein vom Schädiger zerstörtes Haus, das ohnehin abgerissen werden sollte).
b) Objektschäden:
Bei der Beschädigung oder Zerstörung einer Sache (Objektschaden) erwirbt der Geschädigte im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses einen Schadensersatzanspruch gegen den Erstschädiger. Dieser kann durch das schädigende Zweitereignis nicht berührt werden. Nach h.M. ist die Reserveursache unbeachtlich. Der einmal entstandene Schadensersatzanspruch entfällt nicht wieder durch ein späteres Ereignis, das die gleiche Rechtsgutsverletzung herbei geführt hätte. Die hypothetische Kausalität ist hier nicht zu beachten.
Beispiel: A schlägt die Fensterscheibe des Ladengeschäftes des G ein. Unmittelbar danach zerstört eine Explosion, die von Z herbeigeführt wird, sämtliche Scheiben im Umkreis. Der Schaden, der durch A entstanden ist, entfällt nicht durch die Zerstörung der Explosion.
c) Vermögensfolgeschäden:
Bei den Vermögensfolgeschäden (auch entferntere Schäden) ist die hypothetische Schadenszuordnung zu beachten. Es handelt sich hierbei um solche Schäden, deren Höhe und Entwicklung zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses noch nicht abgeschlossen sind. Dies sind Nachteile, die sich erst entwickeln und auf die hypothetische Kausalität ab dem Eintritt des Zweitereignisses einwirken können.
Beispiel: A verursacht bei dem Taxi des T einen Totalschaden. Drei Tage später wäre es durch einen Garagenbrand jedoch ebenfalls zu einem Totalschaden gekommen. Nach h.M. hat A den Objektschaden zu ersetzen. Jedoch muss A nur den Verdienst- und Nutzungsausfall begleichen, der bis zu dem Garagenbrand entstanden ist, da nur bis zu diesem Zeitpunkt der T sein Taxi hätte benutzen können, wenn es zu dem schädigenden Ereignis des A nicht gekommen wäre.
E. Kumulative Kausalität
Kumulative Kausalität liegt vor, wenn eine Mehrzahl von Ursachen zu einem Ereignis führt, bei der jede einzelne der Ursachen kausal ist. Die kumulative Kausalität kann aufgereiht hintereinander geschehen oder so, dass zwei Ursachen unabhängig voneinander zu dem einem Ereignis führen. (5)
F. Psychische Kausalität
Bei der psychischen Kausalität handelt es sich um einen nur durch die Psyche vermittelten Kausalzusammenhang. Hierbei ist eine bestimmte Aktion begründend für die Bildung des Willens einer Person. Diese Willensbildung ist schließlich für die Herbeiführung der Tatfolge verantwortlich.
Bei Erwägung von allgemeinen Erfahrungsgrundsätzen, kann gemeinhin davon ausgegangen werden, dass eine Kausalität vorliegt. So kann darauf geschlossen werden, dass tatsächlich eine psychsche Beeinflussung Grundlage für den Entschluss des Hadelnden war. (6)
Auch zu diesem Thema haben wir ein kurzes Beispiel vorbereitet.
G. Überholende Kausalität
Sofern mehrere handlungsbedingte Kausalketten vorliegen, ist diejenige die ausschlaggebende, welche den Erfolg verursacht. Das Kennzeichen der überholenden Kausalität besteht darin, dass die gesetzte Bedingung nicht bis zum Erfolg fortwirkt, sondern von einer anderen Bedingung überholt wird.
Das folgende Beispiel soll die Wirkung der überholenden Kausalität verdeutlichen. (1)
(1) http://gesetze-und-rechte.de/tag/abgebrochene-kausalitaet/
(2) https://www.iurastudent.de/content/2-unterbrechung-des-kausalzusammenhanges /
Roxin, AT I, § 11, rn. 28.; Kühl, AT, § 4, Rn. 31f.; Sch/Sch/Lenckner/Eisele, Vorbem. §§ 13ff., Rn. 77.
(3) https://www.iurastudent.de/content/2-unterbrechung-des-kausalzusammenhanges /
Kühl, AT, § 4, Rn. 31.
(4) https://www.iurastudent.de/content/2-unterbrechung-des-kausalzusammenhanges /
Rengier, AT, § 13, Rn. 25.
(5) (6) https://www.iurastudent.de/content/2-unterbrechung-des-kausalzusammenhanges /
Roxin, AT I, § 11, Rn. 31.; NK/Puppe, Vor §§ 13ff., Rn. 125.; Wessel/Beulke, AT, § 6, Rn.156.