ich war hier: SQChrie20141115Richter
Diogenes Laertius über Diogenes aus Sinope:
„Als ihm einer (aus Versehen) einen Stoß mit einem Balken versetzt hatte und rief: »Nimm dich in acht,« sagte er: »Soll ich denn noch einen Stoß bekommen ?«“

1. Lob des Urhebers
Diogenes Laertius beschäftige sich schon etwa 400 Jahre vor Christi mit philosophischen Fragestellungen, welche bis heute aktuell sind.
Er und sein Lehrer Antishens gelten als Begründer des Kynismus, dessen Lehren er nicht nur predigte, sondern auch mit voller Überzeugung lebte. Naturverbundenheit und Minimalismus prägten seine Taten und Werke.

2. Umschreibung
„Soll ich noch einen Stoß bekommen?“ , mit diesem spöttischen Ausdruck entgegnet Diogenes jemandem , der ihm unachtsam einen Stoß mit einem Balken versetzt und anschließend mit der Aussage „Nimm dich in acht!“ seine Einsichtslosigkeit beweist. Es ist deutlich, dass der Fehler nicht bei ihm, sondern bei „dem anderen“ liegt. Rücksichtslosigkeit und Abweisen der Schuld von sich selbst sind der Grund für Diogenes Spot.

3. Beweis
Diogenes' Erwiderung passt ebenso gut zu einer aktuellen Situation. Genau wie zu seiner Zeit, erleben wir auch heute oft ungehobeltes Verhalten im Alltag. Fehlverhalten und die darauffolgenden Schäden gesteht man sich ungern selbst ein. Man sucht die Fehler lieber zuerst beim anderen, um selbst im rechten Licht zu stehen.

4. Widerspiel
Würde jeder zu seinen eigenen Fehlern stehen und achtsamer mit seinen Mitmenschen umgehen, würde das Zusammenleben in unserer Gesellschaft harmonischer sein. Doch dazu muss ein jeder seinen Eigensinn ablegen und seine Sensibilität für eigene Fehler erhöhen.

5. Gleichnis
Schuld, die man auf den anderen abwälzt, ist wie Dreck. Wenn jeder den Dreck in den Hof des Nachbarn kehrt und niemand ihn entsorgt, ist die ganze Stadt bald zugemüllt und unbewohnbar.

6. Beispiel
Viele Konflikte und Kriege in der Geschichte der Menschheit haben gegenseitige Schuldzuweisung als Ursache.
Zum Beispiel der Antisemitismus im Mittelalter. Anstatt die Ursache für die Pest bei mangelnder Hygiene zu suchen, beschuldigte man die Juden die Brunnen der Städte vergiftet zu haben.

7. Zeugnis
Auch Lucius Annaeus Seneca, welcher zu Zeiten Christi Geburt römischer Politiker, Philosoph und Schriftsteller war, erkannte, dass Menschen sich lieber mit den Fehltaten anderer beschäftigen, als eigene Fehler zu erkennen und zu gestehen. Von ihm stammen die Worte: „Fremde Fehler sehen wir, die unsrigen aber nicht!“

8. Beschluss
Mit dem Zitat, aus einer beinahe simplen und alltäglichen Situation, macht Diogenes von Synope auf ein großes Problem des menschlichen Zusammenlebens aufmerksam. Von der Kirmesschlägerei bis hin zum Glaubenskrieg: Die größten Ursachen jeglicher Auseinandersetzungen zwischen Menschen sind Egoismus, Verständnislosigkeit und die gegenseitige Zuweisung von Schuld.
Kommentare
kommentiert von ReinhardVonKleinsorgen
2015-02-18 15:13:55
Ich finde diese Chrie sehr gut gelungen. Vor allem gefällt mir der Beschluss der zeigt das aus Schuldabweisungen alltägliche Dinge entstehen können wie eine Schlägerei, aber auch solch große weltbewegende Dinge wie Glaubenskriege. Diese Gegenüberstellung gefällt mir sehr gut.Ich hätte das Lob noch etwas mehr ausgeweitet um einem Leser der nicht weiß was Kynismus ist Diogenes näher zu bringen.
Kommentar gelöscht
kommentiert von AnnaWerner
2015-03-02 12:18:45
Was ich ändern würde:
Widerspiel : Das Wort Eigensinn würde ich nicht nutzen evtl Ehrlich zu sich selbst sein
Den Rest find ich super; schönes Gleichnis :D
Lg
kommentiert von DanielHaberecht
2015-04-07 17:32:54
Die gesamte Chrie ist kurz gehalten, aber sehr aussagekräftig. Die Gegenüberstellung von aktuellen und zeitlosen Beispielen spiegelt das Ausgangszitat deutlicht wieder. Ich hätte nur ein anderes Gleichnis gewählt.
kommentiert von SaschaKugler
2015-04-07 18:08:27
Mir gefällt deine Chrie gut, da du ein schön alltagstaugliches Thema ausgewählt hast. Als kleiner Fehler ist mir ausfgefallen, dass du den Lehrer Diogenes´ "Antishens", statt "Antisthenes" genannt hast. Das Gleichnis hätte ich anders formuliert, da die Folgen des schuldzuweisenden Verhaltens für die Allgemeinheit im Zitat selber noch nicht angedeutet werden.
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