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Urheberrechtliches Anspruchssystem
Soweit die Rechte des Urhebers (oder über Nutzungsrechte Berechtigten) verletzt werden, sehen die §§ 97 ff. UrhG Ansprüche auf Unterlassung, Beseitigung und Schadensersatz vor. Dieses Anspruchssystem ist für alle Immaterialgüterrechte weitgehend einheitlich, Besonderheiten für die Industrie 4.0 gibt es keine. Die folgende Darstellung am Beispiel des Urheberrechts soll lediglich zur Abrundung der rechtlichen Fragen zum Immaterialgüterrecht dienen.
Berechtigt zur Geltendmachung der urheberrechtlichen Ansprüche (sog. Aktivlegitimation) sind der Urheber sowie sonstige Rechtsinhaber (z.B. seine Erben), die Inhaber von Nutzungsrechten und Personen, die in sog. Prozessstandschaft handeln, vor allem Verwertungsgesellschaften. Gerichtet werden können die Ansprüche gegen den Täter, also den eigentlichen Verletzer, und alle Teilnehmer (Anstifter und Beihelfer). Die Unterlassungsansprüche können auch gegen sog. Störer gerichtet werden (s. dazu hier).
Das Verfahren der Geltendmachung gliedert sich typischerweise, vor allem bei gewerblicher Verletzung der Urheberrechte, in drei Stufen:
- die außergerichtliche Abmahnung (§ 97a UrhG) als Vor- und Warnstufe,
- das gerichtliche einstweilige Verfügungsverfahren zur Verhinderung weiterer Rechtsverletzung durch die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche,
- das gerichtliche Hauptverfahren §§ 104, 105 UrhG, in dem regelmäßig nur noch die Schadensersatzansprüche geltend gemacht werden.
Abbildung: Grundfragen des urheberrechtlichen Anspruchssystems
Die Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche bestehen bei einer rechtswidrigen objektiven Verletzung der Urheber- oder Leistungsschutzrechte; die Rechte an technischen Schutzmaßnahmen sollen nicht dazu gehören. Der Unterschied liegt darin, dass der Beseitigungsanspruch in die Vergangenheit gerichtet ist und der schon eingetretene Verletzungszustand beseitigt werden muss (vgl. zu den Mitteln der Beseitigung § 98 UrhG), während der Unterlassungsanspruch sich auf zukünftiges Verhalten bezieht. Daher muss hier zusätzlich eine Wiederholungsgefahr nachgewiesen werden, die allerdings vermutet wird, soweit der Verletzer nicht im Rahmen – regelmäßig bereits im Abmahnverfahren – eine unbedingte Unterlassungserklärung abgegeben hat.
Für die Digitalindustrie kann von den Beseitigungsansprüchen insbesondere § 98 Abs. 1 S. 2 UrhG problematisch werden, der die Vernichtung der Vorrichtungen vorsieht, die vorwiegend zur Herstellung rechtswidriger Vervielfältigungsstücke dienen. Damit könnten ganze IT- und Maschinensysteme der Vernichtung ausgesetzt sein, wenn hiermit – auch nur fahrlässig – urheberrechtsverletzende Produkte hergestellt werden.
Für einen Schadensersatzanspruch muss zusätzlich nach § 97 Abs. 2 S. 1 UrhG das Verschulden des Verletzers oder der Teilnehmer gegeben sein. Dann kann der Schadensersatz in dreifacher Hinsicht berechnet werden:
- tatsächlicher konkreter Schaden, der häufig schwer berechnet oder geschätzt (vgl. § 287 ZPO) werden kann,
- „fiktive Lizenzgebühr“, d.h. das Entgelt, dass der Rechtsinhaber für die Einräumung von Nutzungsrechten für die verletzende Handlung verlangt hätte, oder
- Herausgabe des Verletzergewinns.
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Autor: Prof. Dr. Ulf Müller