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Leistungsbegriff und Daten


Zudem ergibt sich hieraus, dass der Zugang zu Daten inzwischen als maßgeblicher wettbewerbsrechtlicher Faktor angesehen wird. Durch den intensiven Datenaustausch in den IT- und Maschinennetzwerken der Industrie 4.0 stellt sich auch hier die Frage nach der Bedeutung des Datenzugangs für den Wettbewerb. Das Kartellrecht ist aber traditionell nicht auf die „altruistischen“ Marktbedingungen der Internetbezogenen Digitalindustrie ausgerichtet, in denen auf Entgeltlichkeit der Leistungen verzichtet und stattdessen mit Daten „bezahlt“ wird. Beispielhaft kann auf § 19 GWB zur Feststellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung verwiesen werden.

§ 19 Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen
(1) Die missbräuchliche Ausnutzung einer marktbeherrschenden Stellung durch ein oder mehrere Unternehmen ist verboten.
(2) Ein Missbrauch liegt insbesondere vor, wenn ein marktbeherrschendes Unternehmen als Anbieter oder Nachfrager einer bestimmten Art von Waren oder gewerblichen Leistungen
1. ein anderes Unternehmen unmittelbar oder mittelbar unbillig behindert oder ohne sachlich gerechtfertigten Grund unmittelbar oder mittelbar anders behandelt als gleichartige Unternehmen;
2. Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb mit hoher Wahrscheinlichkeit ergeben würden; hierbei sind insbesondere die Verhaltensweisen von Unternehmen auf vergleichbaren Märkten mit wirksamem Wettbewerb zu berücksichtigen;
3. ungünstigere Entgelte oder sonstige Geschäftsbedingungen fordert, als sie das marktbeherrschende Unternehmen selbst auf vergleichbaren Märkten von gleichartigen Abnehmern fordert, es sei denn, dass der Unterschied sachlich gerechtfertigt ist;
4. sich weigert, einem anderen Unternehmen gegen angemessenes Entgelt Zugang zu den eigenen Netzen oder anderen Infrastruktureinrichtungen zu gewähren, wenn es dem anderen Unternehmen aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen ohne die Mitbenutzung nicht möglich ist, auf dem vor- oder nachgelagerten Markt als Wettbewerber des marktbeherrschenden Unternehmens tätig zu werden; dies gilt nicht, wenn das marktbeherrschende Unternehmen nachweist, dass die Mitbenutzung aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist;
5. andere Unternehmen dazu auffordert, ihm ohne sachlich gerechtfertigten Grund Vorteile zu gewähren; hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, ob die Aufforderung für das andere Unternehmen nachvollziehbar begründet ist und ob der geforderte Vorteil in einem angemessenen Verhältnis zum Grund der Forderung steht.

Traditionelle Austauschbeziehungen leben von der Beziehung Leistung gegen Geld, digitale Beziehungen häufig von Leistung gegen Daten. Eine 2015 von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung für vor allem zweiseitige Märkte zur Gleichstellung der Datenbereitstellung mit Entgelten hat keinen Eingang ins Gesetz gefunden. Inwieweit sich dieses Problem ebenfalls in der Industrie 4.0 stellt, bleibt ebenfalls abzuwarten.
Durch die Möglichkeit des Zugangs zu für Dritte geschützte Daten auch in den IT- und Maschinensystemen der Industrie 4.0 bestehen aber auch hier die Gefahren eines Missbrauchs, soweit dem Betreiber des Systems eine marktbeherrschende Stellung zukommt. Der Schutz der Daten eines Dritten kann sich dabei aus Persönlichkeits-, Datenschutz- oder Urheberrecht ergeben. Der Missbrauch kann durch besonders nachteilige Nutzungsbedingungen vorliegen. So ist das „Mitbenutzungsrecht“ von Facebook an den persönlichen Daten der Nutzer vom EuGH als missbräuchlich eingestuft worden. Dabei muss aber auch eine Abwägung zwischen der Leistung des Plattform- oder Systembetreibers einerseits und der Gewichtigkeit der bereitzustellenden Daten andererseits abzuwägen. Weitere Voraussetzung ist, dass der Missbrauch mit den fremden Daten überhaupt zur Marktbeherrschung geführt hat und nachteilige Wettbewerbsbedingungen dadurch entstanden sind.

Abbildung: Missbrauch eines marktbeherrschenden Unternehmens durch Nutzung für Dritte geschützter Daten


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Autor: Prof. Dr. Ulf Müller
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