Version [100488]
Dies ist eine alte Version von ProbeklausurWIPR1GeplatzterDrohnendeal erstellt von WojciechLisiewicz am 2023-01-11 09:49:31.
Fallbeispiel WIPR 1
geplatzter Deal über eine Drohne
Sachverhalt
Der 15-jährige M möchte eine professionelle Drohne haben und die Gegend des Eltern- hauses mit einer 4K-Kamera erkunden. Bis jetzt bastelt er an verschiedenen Flugobjekten, mit denen er mit Einverständnis der Eltern im Garten spielt. Die Eltern gehen davon aus, dass M dabei etwas lernt und im Übrigen das Hobby harmlos sei. Für den Kauf von Ersatzteilen seiner Helikopter-Flugmodelle und Spielzeug-Drohnen geben sie dem M regelmäßig etwas Geld.Dabei spart M das meiste Geld, so dass er irgendwann über 1.200,- EUR verfügt. Eines Tages liest er auf der Webseite des örtlich ansässigen Modellbaugeschäftes des A, dass dieser ein gebrauchtes Exemplar des erträumten Modells einer Drohne für nur 1.700,- EUR zu verkaufen hat. Da M zum bald anstehenden 16. Geburtstag sowie zu Weihnach- ten noch bis zu 400,- EUR „ernten“ will, könnte er sich die Drohne praktisch leisten.
M kontaktiert A und fragt per E-Mail am 1. 12., ob ein Preis von 1.600,- EUR für den A auch in Ordnung wäre. A schreibt dem M am 4. 12. per E-Mail zurück, dass er noch andere Interessenten hätte, aber wenn M schnell sei, wäre der Preis von 1.600,- EUR „i. O.“. Er müsste ihm aber bis 10. 12. zusagen. Am 10. 12. schreibt M wieder, dass er einverstanden sei und spätestens am 12. 12. bei A vorbeischauen wolle.
Die Nachricht bleibt auf dem Server des M hängen und wird A erst am 11. 12. abends zugestellt. A sieht dies, aber da seine anderen Interessenten abspringen, ist er bereit, dem M die Drohne dennoch abzugeben.
Als M den A mit 1.200,- EUR in der Tasche besucht und die starken Gebrauchsspuren der Drohne sieht, will er sie nicht mehr. Er denkt, wenn er dem A sagt, dass er vorerst nur 1.200,- EUR habe, würde A ihn in Ruhe lassen. Darauf hin wird A wütend und fragt den M, wie er sich das vorstelle, wenn sich jemand an verbindliche Verträge nicht halte. Er nimmt die 1.200,- EUR und übergibt die Drohne dem M. Er verlangt, dass M bis 31. 12. das restliche Geld bringt.
A macht mit der Drohne über Weihnachten einige Testflüge und findet an ihr doch Gefallen. Deshalb sammelt er die Geburtstags- und Weihnachtsgeschenke und bringt dem A am 27. 12. die noch ausstehenden 400,- EUR. Allerdings erfahren die Eltern des M am 29. 12. vom Kauf und finden es nicht richtig. Sie verlangen von A Rückzahlung des Geldes.
Zurecht? Welche Ansprüche hat A?
Ansprüche M gegen A
M gegen A auf Rückzahlung des Kaufpreises i. H. v. 1.600,- EUR gem. § 812 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. BGB.M könnte gem. § 812 I 1, 1. Alt. BGB gegen A einen Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises i. H. v. 1.600,- EUR haben. Dies ist dann der Fall, wenn M den Anspruch erworben, diesen nicht verloren hat und der Anspruch auch durchsetzbar ist.
A. Anspruchserwerb / Anspruch erworben
Der Anspruch könnte erworben sein. Dies ist dann der Fall, wenn A etwas durch eine Leistung erlangt hat und dafür kein Rechtsgrund vorlag.
1. etwas erlangt
A könnte etwas erlangt haben. A hat von M am 12. 12. 1.200,- EUR und am 27. 12. weitere 400,- EUR erhalten. Diese Zahlungen sind ein "etwas" im Sinne der Vorschrift.
A könnte etwas erlangt haben. A hat von M am 12. 12. 1.200,- EUR und am 27. 12. weitere 400,- EUR erhalten. Diese Zahlungen sind ein "etwas" im Sinne der Vorschrift.
2. durch Leistung
Die Zahlung könnte durch Leistung des M erfolgt sein. Eine Zahlung zur Erfüllung eines vorher abgeschlossenen Vertrages ist stets eine Leistung. Damit hat A die Zahlung infolge einer Leistung erlangt.
Die Zahlung könnte durch Leistung des M erfolgt sein. Eine Zahlung zur Erfüllung eines vorher abgeschlossenen Vertrages ist stets eine Leistung. Damit hat A die Zahlung infolge einer Leistung erlangt.
3. ohne Rechtsgrund
A könnte die Geldsumme ohne Rechtsgrund erlangt haben. Ein Rechtsgrund kann in einem Vertrag oder in einem Gesetz liegen. Als Rechtsgrund in diesem Fall kommt insbesondere der zwischen A und M abgeschlossene Kaufvertrag in Betracht.
A könnte die Geldsumme ohne Rechtsgrund erlangt haben. Ein Rechtsgrund kann in einem Vertrag oder in einem Gesetz liegen. Als Rechtsgrund in diesem Fall kommt insbesondere der zwischen A und M abgeschlossene Kaufvertrag in Betracht.
Zwischen A und M könnte gem. § 433 BGB ein wirksamer Kaufvertrag bestehen, auf dessen Grundlage A die Zahlungen erhielt. Dies ist dann der Fall, wenn A und M einen Vertrag geschlossen haben, dieser Vertrag zu einer Kaufpreiszahlung von 1600,- EUR führen sollte und der Vertrag auch wirksam ist.
(1) Angebot durch Information im WWW
Das Angebot könnte in der Information des A im Internet liegen, dass dieser eine gebrauchte Drohne für 1.700,- EUR abzugeben hat. Ein Angebot ist eine Willenserklärung, die inhaltlich einen Antrag darstellt, sie durch einen Vertragspartner abgegeben wurde und dem Adressaten auch zugegangen ist.
Die Information im Internet könnte eine Willenserklärung sein. Eine Willenserklärung besteht aus dem inneren und äußeren Tatbestand. Der Äußere Tatbestand der Erklärung des A könnte gegeben sein. Dieser setzt voraus, dass eine Erklärung vorliegt, sie auf Rechtsfolgen gerichtet ist und mit Rechtsbindungswillen verbunden war.
Mit der Information im Internet erklärt A, dass er eine gebrauchte Drohne zu verkaufen hat. Dies stellt eine Erklärung des Willens dar. Er will damit einen Vertrag veranlassen, so dass seine Erklärung auf Herbeiführung von Rechtsfolgen gerichtet ist. Fraglich ist allerdings, ob im Verhalten des A Rechtsbindungswille zu sehen ist.
Eine Information im Internet, die an eine unbegrenzte Zahl von Adressaten gerichtet ist, kann noch keine rechtsgeschäftliche Erklärung darstellen. Damit lädt A andere lediglich dazu ein, Angebote (Willenserklärungen) an A zu richten (invitatio ad offerendum). Rechtsbindungswille fehlt insofern.
Die Information des A im Internet ist kein Angebot im Sinne der §§ 145 ff. BGB.
(2) Angebot - E-Mail vom 1. 12.
M könnte mit seiner E-Mail vom 1. 12. ein Angebot an A gerichtet haben. Dies setzt voraus, dass dies eine Willenserklärung ist, die inhaltlich einen Antrag darstellt, sie durch einen Vertragspartner abgegeben wurde und dem Adressaten auch zugegangen ist.
In der E-Mail äußert M Interesse an der Drohne und fragt nach einem niedrigeren Preis. Damit bringt M zum Ausdruck, dass er bereit ist, die Drohne zum Preis von 1600,- EUR zu kaufen. Damit enthält die E-Mail eine Willenserklärung mit Inhalt Angebot (die Drohne zu kaufen).
Durch das Versenden der E-Mail hat M die Erklärung auch abgegeben.
A schreibt M am 4. 12. zurück. Deshalb ist davon auszugehen, dass ihm die E-Mail des M vorher zugegangen ist.
Es ist festzuhalten, dass die E-Mail des M vom 1. 12. ein Angebot darstellt.
(3) Annahme durch A
A könnte das Angebot des M mit seiner E-Mail vom 4. 12. angenommen haben. A äußert gegenüber M am 4. 12. sein grundsätzliches Einverständnis mit dem Vorschlag des M. Dies geht per E-Mail an M raus und M kann diese Nachricht lesen.
Demzufolge liegt seitens A eine Annahmeerklärung vor.
(4) Konsens
Die Erklärung des M war bei Annahme durch A noch bindend. Fraglich ist, ob A uneingeschränkt angenommen hat.
A schränkt die Möglichkeit des Drohnenkaufs dahingehend ein, das sich M schnell (zwingend bis zum 10. 12.) entscheidet. Dies ist eine Annahme unter Änderungen gem. § 150 Abs. 2 BGB. Ein Konsens ist soweit noch nicht gegeben.
Die abändernde Annahme könnte allerdings ein neues Angebot i. S. d. § 150 Abs. 2 BGB sein. Diese führt zum Abschluss eines Vertrages, wenn diese (neue) Angebot wiederum durch die andere Partei angenommen wurde, dabei das neue Angebot noch bindend war und zwischen den Erklärungen Übereinstimmung herrscht.
(5) Erneute Annahme durch M
M könnte das neue Angebot mit seiner E-Mail vom 10. 12. angenommen haben. Dies setzt voraus, dass darin eine Willenserklärung mit Inhalt Annahme enthalten war, sie abgegeben wurde und dem A zugegangen ist.
M kommuniziert in seiner Nachricht an A vom 10. 12., dass er einverstanden ist. Dies ist eine Willenserklärung mit Inhalt Annahme. Seine E-Mail versendet er, wodurch sie abgegeben ist.
Fraglich ist, ob die Erklärung des M vom 10. 12. dem A auch zugegangen ist. Zugang liegt vor, wenn die Erklärung in den Herrschaftsbereich des Adressaten gelangt und Kenntnisnahme möglich ist.
Die Nachricht des M hängt vorerst auf dessen Mailserver. Sie wird aber am 11. 12. dem A zugestellt. Mit Zustellung ist sie im Herrschaftsbereich des A. A hat sie auch gelesen. Demzufolge war Kenntnisnahme auch möglich.
Die E-Mail des M ist A zugegangen.
(6) Annahmefähigkeit
Das neue Angebot des A könnte bei Annahme durch M noch annahmefähig sein. Dies ist dann der Fall, wenn sie insbesondere rechtzeitig zugeht.
A hat dem M als Annahmefrist den 10. 12. genannt. Damit war die Annahmefrist durch A vorgegeben. Die E-Mail des M konnte am 10. 12. nicht durch A gelesen werden. Demzufolge war sein (neues) Angebot an sich nicht mehr bindend.
Die Verspätung seitens M könnte allerdings gem. § 149 BGB unbeachtlich sein. Dies setzt voraus, dass die Annahme rechtzeitig abgegeben wurde, dies für den Empfänger erkennbar war und dieser ungeachtet dessen den Absender über Verspätung nicht informierte.
M hat die E-Mail am 10. 12. abgeschickt, also rechtzeitig. Die rechtzeitige Versendung der Nachricht war für A nach Sachverhaltsdarstellung offenbar ersichtlich. Ungeachtet dessen hat A den M über verspäteten Eingang der Nachricht nicht informiert.
Demzufolge gilt die Annahme durch M gem. § 149 BGB nicht als verspätet. Rechtzeitigkeit der Annahme wird durch Gesetz fingiert.
(7) Konsens
Zwischen dem neuen Angebot und Annahme durch M liegt Übereinstimmung vor.
Als Wirksamkeitshindernis kommt hier aber § 108 Abs. 1 BGB wegen der Minderjährigkeit des M in Betracht. Demnach ist der Vertrag unwirksam, wenn M beschränkt geschäftsfähig ist und der Vertrag nicht gem. §§ 107 ff. BGB ausnahmsweise wirksam ist.
(1) Personenkreis
M könnte gem. § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig sein. Dies ist dann der Fall, wenn er minderjährig im Sinne des § 2 BGB ist und das 7. Lebensjahr vollendet hat. Der 16. Geburtstag des M steht bevor. Damit hat er das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet und ist minderjährig. Zugleich bedeutet dies, dass er das 7. Lebensjahr bereits vollendet hat.
M ist gem. § 106 BGB beschränkt geschäftsfähig.
(2) Lediglich rechtlicher Vorteil
Der von M abgeschlossene Vertrag ist ausnahmsweise wirksam, wenn er für ihn gem. § 107 BGB lediglich rechtlich vorteilhaft ist. Ein schuldrechtlicher Vertrag ist lediglich rechtlich vorteilhaft, wenn aus ihm keinerlei rechtliche Pflichten resultieren.
Im Vertrag mit A verpflichtet sich M aber zur Zahlung des Kaufpreises. Damit erlangt M durch den Vertrag nicht lediglich einen rechtlichen Vorteil.
(3) Einwilligung der Eltern
Der Vertrag könnte dennoch wirksam sein, wenn M hierzu eine Einwilligung des gesetzlichen Vertreters hatte.