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Informationsrecht


Fall 3 - Warnhinweise


In § 3 I Nrn. 1 und 2 der Verordnung über die Kennzeichnung von Tabakerzeugnissen und über Höchstmengen von Teer im Zigarettenrauch (TabKTHmV 1984; BGBl. I 1984, 1461) ist folgende Kennzeichnungspflicht vorgeschrieben:

§ 3. Besondere Warnhinweise.
(1) Zigaretten und Tabak zum Selbstfertigen von Zigaretten dürfen in Packungen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie außer dem allgemeinen Warnhinweis nach § 2 I jeweils einen der folgenden besonderen Warnhinweise tragen:
1. “Rauchen verursacht Krebs”
2. “Rauchen verursacht Herz– und Gefäßkrankheiten”.


Absatz 4 bestimmt, daß den besonderen Warnhinweisen die Worte “Die EG–Gesundheitsminister:" vorangestellt sein müssen. Nach Absatz 5 sind die besonderen Warnhinweise vom Hersteller abwechselnd zu verwenden. Sie müssen mit gleicher Häufigkeit auf den von ihm in Verkehr gebrachten Packungen vorkommen. Nach den besonderen Warnhinweisen müssen die Packungen nach § 2 TabKTHmV den allgemeinen Warnhinweis “Rauchen gefährdet die Gesundheit” tragen. Diesem müssen wiederum die Worte “Die EG–Gesundheitsminister:" vorangestellt sein. Nach § 6 TabKTHmV sind bei Zigarettenpackungen der allgemeine Warnhinweis nach § 2 TabKTHmV auf der am ehesten ins Auge fallenden Breitseite, der besondere Warnhinweis nach § 3 TabKTHmV auf der anderen Breitseite der Packung anzubringen. Sowohl der allgemeine Warnhinweis als auch der besondere Warnhinweis müssen jeweils mindestens 4 % der Fläche der Breitseite einnehmen, auf der sie aufgedruckt sind.

Ist die Vorschrift vereinbar mit Art. 5 Abs. 1 GG?


Lösungshinweise


Die angegriffenen Kennzeichnungspflichten beruhen auf der - vom EG-Recht unabhängigen - Ermächtigungsgrundlage des § 21 LMBG, sie sind auch Bestandteil des allgemeinen Wettbewerbsrechts in Deutschland (vgl. BGH, NJW 1994, S. 730 f.) und genügen auf dieser Geltungsgrundlage den Anforderungen der vom Grundgesetz gewährleisteten Grundrechte. Deshalb kommt es im Ergebnis bei der verfassungsrechtlichen Prüfung des § 3 TabKTHmV durch das Bundesverfassungsgericht nicht darauf an, ob die zur Umsetzung der entsprechenden Kennzeichnungsvorschriften verpflichtenden EG-Richtlinien gemeinschaftsrechtlich gültig sind, welche innerstaatlichen Verbindlichkeiten sie begründen, ob die Beschwerdeführerinnen beim Europäischen Gerichtshof ein Verfahren der konkreten Normenkontrolle anhängig machen können und welcher grundrechtliche Maßstab auf abgeleitetes Gemeinschaftsrecht anwendbar ist.

II. Die Verpflichtung zu Warnhinweisen betrifft Produzenten und Händler von Tabakerzeugnissen beim Vertrieb ihrer Waren, nicht bei der Teilnahme am Prozeß der Meinungsäußerung und Meinungsverbreitung.

Deshalb ist die Kennzeichnungspflicht am Maßstab der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG), nicht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) zu messen. Die Beschwerdeführerinnen können sich als juristische Personen des Privatrechts auf Art. 12 Abs. 1 GG berufen (vgl. BVerfGE 30, 292 [312]; 50, 290 [363]). Ihre berufliche Außendarstellung einschließlich der Werbung für ihre Produkte fällt in den Bereich der berufsbezogenen Tätigkeiten, die Art. 12 Abs. 1 Satz 1 GG schützt (vgl. BVerfGE 85, 248 [256]; GRUR 1996, S. 899 [902]). Staatliche Maßnahmen, die den Berufstätigen dabei beschränken, sind Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung (vgl. BVerfG, a.a.O.). Eine Grundrechtsverletzung liegt indes nicht vor.

1. a) Das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 GG) kann für eine Wirtschaftswerbung allenfalls in Anspruch genommen werden, wenn die Werbung einen wertenden, meinungsbildenden Inhalt hat oder Angaben enthält, die der Meinungsbildung dienen (vgl. BVerfGE 71, 162 [175]). Daran fehlt es hier. Soweit die Hersteller von Tabakerzeugnissen auf ihren Packungen auch staatliche Warnungen verbreiten müssen, nimmt der Staat diese Packungen in Anspruch, ohne damit die Werbung im übrigen zu beeinträchtigen. Insoweit ist nicht die Meinungsbildung und Meinungsäußerung der Unternehmen, sondern ausschließlich deren Berufsausübung berührt.

Etwas anderes würde gelten, wenn die Warnhinweise nicht deutlich erkennbar Äußerung einer fremden Meinung wären, sondern dem Produzenten der Tabakerzeugnisse zugerechnet werden könnten. Würde einem Grundrechtsberechtigten die Verbreitung einer fremden Meinung als eigene zugemutet, so wäre die Freiheit der Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) berührt. Wird dem Adressaten der Werbung der Eindruck vermittelt, der Tabakproduzent unterstütze aus eigenem Willen die Verbreitung der Warnhinweise, verbreite also von sich aus diese Aussage, so kann die Freiheit der Meinungsverbreitung den Prüfungsmaßstab bieten. Wird hingegen deutlich erkennbar, daß die auf den Packungen der Tabakprodukte verbreitete Meinung einem anderen zuzurechnen ist, und ist die Verbreitung dieser Warnhinweise allgemeine Bedingung eines gewerbsmäßigen In-Verkehr-Bringens von Tabakerzeugnissen, so regelt diese Kennzeichnungspflicht die Berufsausübung.

b) Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs wird das Grundrecht der Beschwerdeführerinnen auf Meinungsfreiheit durch die angegriffene Regelung nicht berührt. Die Pflicht zum Aufdruck der Warnhinweise dient der Verbreitung einer fremden Meinung, trifft alle Unternehmen, die Zigaretten gewerbsmäßig in Verkehr bringen, und erweckt nicht den Anschein, die Unternehmen würden diese Meinung von sich aus verbreiten.

Die Warnhinweise sind als Wiedergabe einer erkennbar fremden Meinung zu werten. Sie sagen aus, daß die EG-Gesundheitsminister BVerfGE 95, 173 (182)BVerfGE 95, 173 (183)die Ansicht vertreten, Rauchen verursache Krebs sowie Herz- und Gefäßkrankheiten. Diese Warnhinweise werden nach der generellen Verpflichtung des § 3 TabKTHmV nicht nur von einzelnen Unternehmen verbreitet, sondern gehören zum Erscheinungsbild jeder Zigarettenpackung. Sie enthalten - für den Nachfrager erkennbar - keine einem einzelnen Unternehmen zurechenbare Aussage, sondern sind Bedingung für jedes gewerbsmäßige Angebot von Zigaretten und ähnlichen Tabakerzeugnissen. Die EG-Gesundheitsminister verfolgen ihr gesundheitspolitisches Ziel gerade dadurch, daß sie für jede Kauf- und Konsumentscheidung die Schädlichkeit bewußt machen wollen. Die Beschwerdeführerinnen tragen insoweit auch lediglich vor, daß ein erheblicher Teil der Verbraucher die Warnhinweise trotz des entsprechenden Zusatzes als Äußerungen der Zigarettenhersteller verstünde, zumindest aber von einem Minimalkonsens zwischen der Meinung des Herstellers und dem Inhalt des Warnhinweises ausgehe. Das von ihnen vorgelegte Umfrageergebnis belegt eine solche Auswirkung der Warnungen nicht. Im Kommentar zum Umfrageergebnis 1991 heißt es dazu: "Die Masse der Raucher - nach wie vor rund 90 v.H. - ist der Ansicht, daß die Cigaretten-Hersteller mit dem Warnaufdruck inhaltlich nichts zu tun haben".

2. Die Verpflichtung der Gewerbetreibenden zum Aufdruck von Warnhinweisen fällt daher in den Schutzbereich des Art. 12 Abs. 1 GG.

a) Eingriffe in die Freiheit der Berufsausübung bedürfen gemäß Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG einer gesetzlichen Grundlage, die den Anforderungen der Verfassung an grundrechtsbeschränkende Gesetze genügt. Die gesetzlichen Grundlagen sind dann mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar, wenn sie durch ausreichende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und wenn sie dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen, wenn also das gewählte Mittel zur Erreichung des verfolgten Zwecks geeignet und auch erforderlich ist und wenn bei einer Gesamtabwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht der ihn rechtfertigenden Gründe die Grenze der Zumutbarkeit noch gewahrt ist (vgl. BVerfGE 76, 196 [207]; 85, 248 [259]; GRUR 1996, S. 899 [902]).

Die Tabak-Kennzeichnungsverordnung bedient sich bei ihren Warnhinweisen auch der Autorität des Staates und beansprucht damit ein besonderes, rechtlich vermitteltes Vertrauen. Diese Wahrnehmung von Hoheitsrechten ist freilich verfassungsrechtlich unbedenklich, weil der Inhalt der Warnung mit den naturwissenschaftlichen Erkenntnissen übereinstimmt, die Warnung vor Gesundheitsgefahren in den Bereich der Hoheitsaufgaben gehört und die Maßnahme den Anforderungen der Berufsausübungsfreiheit genügt.

Gesetzliche Grundlage der Verordnung ist § 21 Abs. 1 Nr. 1 LMBG, Geltungsgrund der konkret formulierten Pflichten die Tabak-Kennzeichnungsverordnung.

aa) Die Warnhinweise dienen dem Schutz der Verbraucher vor den Gesundheitsgefahren des Rauchens. Es ist allgemein anerkannt, daß das Rauchen gesundheitsschädlich ist (vgl. BGH, NJW 1994, S. 730 [731]). Unter Rauchern und Nichtrauchern gibt es kaum jemanden, dem diese Gefahren gänzlich unbekannt wären (BGH, a.a.O.). Das Rauchen tötet mehr Menschen als Verkehrsunfälle, Aids, Alkohol, illegale Drogen, Morde und Selbstmorde zusammen (vgl. Martina Pötschke-Langer, Bericht über die IX. Weltkonferenz über Tabak und Gesundheit vom 10. bis 14. Oktober 1994 in Paris, Zeitschrift ärztliche Fortbildung - ZaeF - 89 [1995], S. 537 f.). Zigarettenrauchen ist in den Industrieländern die häufigste und wissenschaftlich am deutlichsten belegte Einzelursache für den Krebstod (vgl. Richard Doll and Richard Peto, Mortality in relation to smoking: 20 years' observations on male British doctors, British Medical Journal 1976, S. 1525 ff.; dies., Mortality in relation to smoking: 40 years' observations on male British doctors, British Medical Journal 1994, S. 901 ff.; dies., Cigarette smoking und bronchial carcinoma: dose and time relationships among regular smokers and lifelong non-smokers, Journal of Epidemiology and Community Health 1978, S. 303 ff.).

Im Ergebnis ist nach heutigem medizinischen Kenntnisstand gesichert, daß Rauchen Krebs sowie Herz- und Gefäßkrankheiten verursacht, damit zu tödlichen Krankheiten führt und auch die Gesundheit der nicht rauchenden Mitmenschen gefährdet (vgl. D. BVerfGE 95, 173 (184)BVerfGE 95, 173 (185)Hoffmann und E.L. Wynder, in: Marquardt/Schäfer [Hrsg.], Lehrbuch der Toxikologie, 1994, S. 589 f.).

bb) Die Warnung vor diesen Gesundheitsgefahren gehört zu den legitimen Aufgaben des Staates. Staatliche Gesundheitspolitik darf jedenfalls vor medizinisch erwiesenen und schweren Gefahren des Rauchens warnen und dem Konsumenten bewußt machen, daß aktives Rauchen den Raucher, passives Rauchen auch andere schädigt. Die lediglich sprachliche Form dieser Warnhinweise legt dem Adressaten nahe, seine Kaufentscheidung im Hinblick auf die Gesundheitsgefahren nochmals zu überdenken. Diese staatliche Aufklärung dient daher dem Schutz der Bevölkerung vor Gesundheitsgefahren.

cc) Der Gesetzgeber durfte auch von der Eignung der Maßnahme zum Schutz der Volksgesundheit ausgehen. Die Beurteilung dieser Eignung unterliegt grundsätzlich seiner Einschätzung (vgl. BVerfGE 25, 1 [12, 17]; 30, 292 [317]). Zwar nimmt gegenwärtig der Zigarettenkonsum trotz der allgemeinen Warnhinweise zu. Im Jahre 1994 stieg der Konsum in Deutschland um rd. 3 v.H. auf 131,1 Mrd Zigaretten (vgl. Harenberg, Lexikon der Gegenwart, Aktuell '96, 1995, Stichwort: Rauchen, S. 339). Doch ist jedenfalls die gesetzliche Einschätzung, daß mit Warnhinweisen eine noch größere Ausweitung des Tabakkonsums verhindert werden könne, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Warnungen sind geeignet, den Verbraucher zumindest von einem bedenkenlosen Konsum von Tabak abzuhalten.

Auch die konkrete Ausgestaltung der Warnhinweise genügt den Anforderungen der Geeignetheit. Die Aussage über die Kausalität des Rauchens bei der Verursachung von Krebs, anderen Krankheiten und der Gesundheitsgefährdung Dritter steht mit den Ergebnissen naturwissenschaftlicher Forschung im Einklang. Sie besagt nicht, daß das Rauchen die alleinige Ursache sei, bringt andererseits auch nicht zum Ausdruck, daß ein Nichtraucher gegen jedes Krebs- und sonstiges Krankheitsrisiko gesichert sei. Vielmehr verweisen die Warnhinweise nach allgemeinem Sprachverständnis des Begriffs "Verursachen" auf einen typischen und verallgemeinerungsfähigen Kausalzusammenhang von Rauchen und Gesundheitsschaden; sie BVerfGE 95, 173 (185)BVerfGE 95, 173 (186)machen bewußt, daß bei Verzicht auf das Rauchen ein wesentliches Gesundheitsrisiko entfällt.

dd) Die Warnung ist auch erforderlich. Eine schonendere Möglichkeit zum Schutz gegen die vom Rauchen ausgehenden Gefahren ist weder dargetan noch ersichtlich. Sie ergibt sich insbesondere nicht aus den Regelungen der Gefahrstoffverordnung. Die Kennzeichnungspflicht für krebserzeugende Stoffe und Zubereitungen nach der Gefahrstoffverordnung (Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen - GefahrstoffVO - vom 26. Oktober 1993 [BGBl. I S. 1782, 2049], zuletzt geändert durch die Zweite Verordnung zur Änderung der Verordnung zum Schutz vor gefährlichen Stoffen - Gefahrstoffverordnung - vom 19. September 1994 [BGBl. I S. 2557]) schreibt in § 6 vor, mit welchen Angaben gefährliche Stoffe und Zubereitungen zu kennzeichnen sind. Danach sind krebserzeugende Stoffe im Sinne der Verordnung mit dem Gefahrensymbol des Totenkopfs mit gekreuzten Gebeinen und der Gefahrenbezeichnung "giftig" (Gefahrensymbol und Gefahrenkennzeichnung T, Anhang I Nr. 2), dem Hinweis auf besondere Gefahren "Kann Krebs erzeugen" oder "Kann Krebs erzeugen beim Einatmen" (R-Sätze 45 und 49, Anhang I Nr. 3) sowie mit entsprechenden Sicherheitshinweisen, z.B. "Unter Verschluß aufbewahren", "Darf nicht in die Hände von Kindern gelangen" oder "Nur in gut gelüfteten Bereichen verwenden" (S-Sätze 1, 2 und 51, Anhang I Nr. 4), zu kennzeichnen. Über diese Kennzeichnungspflicht nach § 6 hinaus stellt die Gefahrstoffverordnung in § 13 zusätzliche Anforderungen an die Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Zubereitungen, die für jedermann erhältlich sind.

Diese Bestimmungen zur Kennzeichnung und Verpackung von krebserzeugenden Stoffen oder Zubereitungen gehen in Ausmaß und Deutlichkeit der Warn- und Schutzmaßnahmen über die Kennzeichnungspflicht des § 3 TabKTHmV hinaus. Zudem handelt es sich bei Tabakerzeugnissen um Genußmittel, bei deren bestimmungsgemäßer Verwendung Gesundheitsschäden regelmäßig auftreten. Vertrieb und Werbung sind daher - ebenso wie das Verhalten der Verbraucher - nach anderen Maßstäben zu beurteilen.

Im übrigen käme als Maßnahme, die - neben der staatlichen GeBVerfGE 95, 173 (186)BVerfGE 95, 173 (187)sundheitsaufklärung - anstelle der Warnhinweise geeignet wäre, den bedenkenlosen Tabakkonsum einzudämmen, vor allem ein Werbeverbot in Betracht. Auch Auflagen für den Vertrieb wären zu erwägen (z.B. Verbot des Automatenvertriebs und des Verkaufs an Jugendliche). Gegenüber diesen Alternativen erscheint die angegriffene Regelung als das mildere Mittel (vgl. hierzu die Empfehlung des Bundesrats für zusätzliche Beschränkungen der Werbung für Tabak und Tabakerzeugnisse und den ausdrücklichen Widerspruch des Wirtschaftsausschusses hiergegen, BRDrucks 87/2/88).

ee) Die Pflicht zur Anbringung von Warnhinweisen berührt offensichtlich auch nicht die Grenze des Zumutbaren. Der Eingriff in die Berufsausübung erlaubt weiterhin die werbende erwerbswirtschaftliche Tätigkeit der Tabakindustrie und überbringt dem Konsumenten lediglich eine medizinische Wissensgrundlage für seine Kaufentscheidung. Das gewählte Beschränkungsmittel - die bloße sprachliche Einwirkung durch Warnhinweise - ist eine Handlungsform, die den Gütertausch durch Angebot und Nachfrage unberührt läßt und dem Nachfrager lediglich einen Erwägungsgrund bewußt macht, der nach gegenwärtigem medizinischen Erkenntnisstand allgemein bewußt sein sollte.

ff) Auch die Indienstnahme privater Organisations- und Finanzkraft für die staatliche Aufgabe der Gesundheitspolitik ist mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar (vgl. BVerfGE 68, 155 [170]). Die Pflicht zum Aufdruck der Warnhinweise rechtfertigt sich aus der besonderen Sach- und Verantwortungsnähe der Hersteller und Händler von Tabakerzeugnissen zu der Aufgabe des Schutzes vor Gefährdungen durch einen Tabakkonsum, den diese Unternehmen veranlassen.

III. Die angegriffenen Regelungen verletzen die Beschwerdeführerinnen auch nicht in ihrem Grundrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG.

1. Die Pflicht zum Aufdruck von Warnhinweisen mindert zwar die Umsatz- und Gewinnchancen der Beschwerdeführerinnen, berührt aber insoweit keine eigentumsrechtlich geschützten Rechte. Art. 14 Abs. 1 GG schützt nur Rechtspositionen, die einem RechtsBVerfGE 95, 173 (187)BVerfGE 95, 173 (188)subjekt bereits zustehen (vgl. BVerfGE 20, 31 [34]; 30, 292 [334 f.]), umfaßt also grundsätzlich nicht in der Zukunft liegende Chancen und Verdienstmöglichkeiten (vgl. BVerfGE 30, 292 [335]; 45, 272 [296]; 68, 193 [223] m.w.N.).

2. Ein von den Beschwerdeführerinnen geltend gemachter verfassungswidriger Eingriff in ihre durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten förmlichen Zeichenrechte gemäß § 15 WZG oder ihre Ausstattungsrechte gemäß § 25 WZG liegt ebenfalls nicht vor.

Beide Rechte werden zwar von der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie umfaßt (vgl. BVerfGE 78, 58 [70 ff.]), sind hier aber schon deshalb nicht verletzt, weil die Verordnung sie nur in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise ausgestaltet hat.

Wenn die Verpackung teilweise auch als Mittler für staatliche Warnhinweise nach § 3 TabKTHmV in Anspruch genommen wird, so ist ihre auf den jeweiligen Hersteller bezogene Gewährleistungsfunktion dadurch nicht beeinträchtigt; die Verpflichtung zu Warnhinweisen gilt für alle Erzeugnisse dieser Art, nicht nur für Produkte der Beschwerdeführerinnen oder einer Gruppe bestimmter Hersteller. Die Werbefunktion ist nur insoweit geschmälert, als der Schutz vor den in diesen Erzeugnissen angelegten Gefahren des Tabakkonsums dies rechtfertigt. Die Herkunfts-, Zuordnungs- und Unterscheidungsfunktion wird nicht merklich betroffen, da der unterschiedliche und prägende Gesamteindruck der verschiedenen Verpackungsgestaltungen trotz der Warnhinweise erhalten bleibt.

IV. Nach alledem scheidet auch eine Verletzung der mit Art. 2 Abs. 1 GG gewährleisteten unternehmerischen Dispositionsfreiheit aus. Die beanstandete Regelung betrifft die Handlungsfreiheit im Bereich des Berufsrechts, die ihre spezielle Gewährleistung in Art. 12 GG gefunden hat. Für eine Prüfung am Maßstab von Art. 2 Abs. 1 GG ist insoweit kein Raum (vgl. BVerfGE 70, 1 [32]).

Siehe auch folgende Entscheidung: 2 BvR 1915/91 vom 22. Januar 1997


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