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II. Entwicklung des gewerblichen Rechtsschutzes


1. Einzelne Rechtsgebiete und Rechtsquellen

 (image: https://ife.erdaxo.de/uploads/GewRS1Entwicklung/GewRSRechtsgebiete.jpg)

2. Geschichte des gewerblichen Rechtsschutzes

a) Antike
  • erfinderische Leistung hatte noch keine große Bedeutung
  • Erschöpfung der Bodenkräfte nicht abgeschlossen und ausreichend billige Arbeitskräfte (Sklaverei) vorhanden
  • keine Notwendigkeit technischer Erfindungen
  • selbst fundamentale Leistungen (Erfindung Rad  Ägypter; Flaschenzug  Archimedes) entfalteten keinen besonderen wirtschaftlichen Wert; keine Ausbildung von Industrien
  • im Bereich der Marken ersten Ansätze eines Rechtsschutzes:
    • in erster Linie Herkunftszeichen
    • Waren wurden mit Namen oder Bildzeichen versehen (z.B. trugen griechische Töpferwaren meist den Namen des Töpfers oder Malers; Name des Unternehmens oder Arbeiters auf Keramik, Gold-, Silber-, und Eisenwaren)

b) Mittelalterliches Zunftwesen
  • Einordnung des Gewerbetreibenden in die strenge genossenschaftliche Ordnung der Zünfte und Gilden (keine Gewerbefreiheit und wenig Konkurrenz)
  • Zunftzwang = „Hemmschuh der technischen Entwicklung“ (keine besondere Entlohnung von Erfindungen, sondern Gemeingut der Zunft
  • gleiches galt für ästhetische Gestaltungsformen von Waren (z.B. Brokat- und Teppichmuster)
  • gegen Ende des Mittelalters:
    • erste Zunftvorschriften mit Nachahmungsverbote für fremde Muster und Modelle
    • z.B. Statut der Florentiner Zunft „Porta S. Maria“ (1418) - Nachahmung neuer Muster innerhalb zweier Jahre verboten und mit Strafe belegt
    • Begründung: Ehre und Nutzen soll dem Erfinder zugute kommen; Anspornfunktion
  • Ferner: starke Förderung des Markenwesens durch Zünfte
    • germanische Haus- und Hofmarken (Eigentumsmarken für Geräte, Vieh etc.)
    • Ursprungsmarken (insbes. Waffenschieden)
    • Warenkennzeichnung wurde zur allgemeinen Übung
--> Individualzeichen (Kontrollfunktion)
--> Stadt- und Zunftzeichen (Garantiefunktion)

c) Privilegienwesen
  • Wende zur frühen Neuzeit = Blütezeit der Naturwissenschaften
  • bisher unentdeckter Forscherdrang (u. a. Kepler, da Vinci und Gutenberg)
  • Erteilung von sog. Gewebeprivilegien (Schutzbriefe die ein befristetes Monopolrecht zur Ausübung des neu eingeführten Gewerbes oder Waren garantierten)
  • Vergabe von Erfindungsprivilegien durch Territorialherren, z.B. für neue Wasserkünste, Ofen-, Gieß-, Schmelz- und Siedekünste etc.
    • aber kein Rechtsanspruch des Erfinders, sondern allein Gnadensache des Territorialherrn
    • Beschränkung auf Landesgrenzen; nur kaiserliches Privileg entfaltete Rechtswirkung im ganzen Reich
  • Antrag auf Erteilung eines Privilegs (sog. litterae patentes)
  • erste gesetzliche Anerkennung fand das Recht des Erfinders in einem Statut des Rats von Venedig im Jahr 1474 ( zehnjähriger Schutz gegen Nachahmung um Erfindergeist zu fördern und Erfinderehre zu schützen)
  • erste landesherrliche Verordnung von 1765 zur Anlegung einer Zeichenrolle

d) Monopoltheorie
  • Erteilung von Privilegien führte insbesondere in England zu Missbräuchen
  • unentbehrliche, längst bekannte Waren (z.B. Salz, Bier, Essig, Glas, Eisen) wurden zugunsten Einzelner monopolisiert und damit verteuert
  • Vorläufer der europäischen Patentgesetzgebung: „Statute of Monopolies“ (1624) mit Richtlinien zur Patenterteilung
    • Monopole wurden für unzulässig erklärt
    • nur für Erfindungen von neuen Gewerbezweigen oder -verfahren sollte der Erfinder Patent für max. 14 Jahre erhalten
  • grundlegende Auffassung zur Monopoltheorie:
    • Grundsatz: Gewerbefreiheit; Beschränkung durch Monopole als Ausnahme
    • aber: besondere Rechtfertigung aus dem Interesse der Allgemeinheit notwendig
      • Nutzen, den die Erfindung für die Nation bringt
      • Recht des Erfinders auf den Wert seiner geistigen Leistung ist Auffassung fremd

e) Theorie vom geistigen Eigentum

Galilei (1564-1642) begründete seinen Antrag auf Erteilung eines Privilegs für ein von ihm erfundenes Wasserpumpwerk damit, dass es nicht schicklich sei, „dass diese Erfindung, die mein Eigentum ist, die von mir mit großer Mühe und vielen Kosten gefunden wurde, einem jeden freigegeben wird“

  • in der Naturrechtslehre (Blüte in der Zeit der Aufklärung) bildete sich Gedanke heraus, dass geistig Schaffender auf das Produkt seiner Arbeit ein natürliches Anrecht hat
  • Theorie entfaltete volle Wirkung in der Zeit der Franz. Revolution (1789-1799)
  • Schaffung eines verbindlichen Anmeldesystems und Verfahrensvorschriften zur Patenterteilung
  • Idee des geistigen Eigentums durchdrang auch die übrigen Gebiete des gewerblichen Schaffens

Gesetzgebung des 19. Jahrhunderts: Entstehung der einzelnen Schutzrechte

 (image: https://ife.erdaxo.de/uploads/GewRS1Entwicklung/GewRSGangderGesetzgebung.jpg)

3. Internationales Recht

a) Notwendigkeit

  • Gefahr der Nachahmung von geistigen Gütern über Landesgrenzen hinweg (Ubiquität = Allgegenwart)
  • daraus (und aufgrund des globalen Wettbewerbs) folgt das Bedürfnis nach einen umfassenden (staatenübergreifenden) Schutz geistiger Güter
    • historische Entwicklung (Herausbildung einzelstaatlich-nationale Regelungen) bedingt Grundsatz der territorialen Begrenzung (Territorialitätsprinzip) des gewerblichen Rechtsschutzes

  • Versuche zur Überwindung der räumlichen Begrenzung nationaler gewerblicher Schutzrechte über
    • Abschluss von bilateralen Staatsverträgen
    • Bildung eines internationalen Verbandes zum Schutz des gewerblichen Eigentums

b) Überblick: Wichtige internat. und europäische Rechtsgrundlagen

Übergreifende Abkommen/ Richtlinien
Pariser Verbandsübereinkunft vom 20.03.1883 (PVÜ)
Übereinkommen zur Errichtung der Weltorganisation für geistiges Eigentum (WIPO)
vom 14.07.1994
Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums
vom 15.04.1994 (TRIPS)
Richtlinie zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums vom 29.04.2004 (DurchsetzungsRL)

Patentrecht
Vertrag über internationale Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Patentrechts vom 19.06.1970 (PCT)
Übereinkommen über die Erteilung europäischer Patente vom 05.10.1973 (EPÜ)
Übereinkommen über das europäische Patent für den gemeinsamen Markt vom 15.12.1975, sog. Gemeinschaftspatentübereinkommen (GPÜ)

Geschmacksmusterrecht
Haager Abkommen über die internationale Hinterlegung gewerblicher Muster und Modelle vom 06.11.1925 (HMA)
EG-Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Mustern und Modellen vom 13.10.1998 (GeschmacksmusterRL)
EG-Verordnung über das Gemeinschaftsgeschmacksmuster vom 12.12.2001 (GGV)

Markenrecht
Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken vom 14.04.1891 (MMA); ergänzt durch das Protokoll zum MMA vom 27.06.1989 (PMMA)
Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Marken vom 21.12.1988 (MarkenRL)
EG-Verordnung des Rates über die Gemeinschaftsmarke vom 20.12.1993 (GMVO)

Urheberrecht
Berner Übereinkunft zum Schutz von Werken der Literatur und Kunst vom 09.09.1886 (RBÜ)
Welturheberrechtsabkommen vom 06.09.1952 (WUA)
WIPO-Urheberrechtsvertrag vom 20.12.1996 (WIPO Copyright Treaty - WCT)
Richtlinie über den Rechtsschutz von Computerprogrammen vom 14.05.1991 (ComputerprogrammRL)
Richtlinie über den rechtlichen Schutz von Datenbanken vom 11.03.1996 (DatenbankRL)
Richtlinie zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft vom 22.05.2001 (InfoSocRL)



Verwendete Literatur und damit Literatur zur Vertriefung:
Götting, Horst-Peter/ Hubmann, Heinrich: Gewerblicher Rechtsschutz: Patent-, Gebrauchsmuster-, Geschmacksmuster- und Markenrecht; ein Studienbuch, 9. Aufl., München 2009, S. 11-38.
Kraßer, Rudolf: Patentrecht, 6. Auflage 2009 über BeckOnline verfügbar.

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