Version [48102]
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Fall: Tod des großzügigen Freundes
A. Sachverhalt
Großzügig (G) möchte seiner Dankbarkeit gegenüber dem Hilfsbereit (H) Ausdruck verleihen und ihm ein wertvolles Gemälde aus seiner reichen Sammlung schenken. G bittet deshalb seinen Bekannten (B), dem in einer entfernten Stadt wohnenden H bei Gelegenheit das Gemälde zu übergeben und den Willen des G zu überbringen. Wann und wie genau B das Bild übergibt, überlässt G dem Ermessen des B. Dem G ist lediglich wichtig, dass H das Gemälde in absehbarer Zeit erhält.
Da B vorerst nicht in die Umgebung von H fährt, bleibt das Bild bei ihm. Bevor sich B auf den Weg zu H macht, stirbt G. Das Vermögen des G erbt sein Neffe Ehrgeizig (E). E beginnt sofort mit der Inventur des Vermögens des G. In dieser Zeit trifft B bei H ein und übergibt ihm das Geschenk des G. H ist hocherfreut und traurig zugleich, dass G nun nicht mehr lebt. Er nimmt das Gemälde des G an.
Als E erfährt, dass H, den E nicht besonders mag, nach dem Tod des G noch ein Geschenk aus dem Erbe des E erhielt, ist er wütend. Er meint, dass das nicht richtig sein kann und bezeichnet die Schenkung als rechtswidrig. Er fühlt sich deshalb an die Schenkung nicht gebunden und verlangt das Bild zurück.
B. Frage
Ist E an die Schenkung rechtlich gebunden?
C. Lösungshinweise
E ist an die Schenkung als Erbe des G gebunden, wenn der Schenkungsvertrag zwischen G und H zustande kam und wirksam ist. Im Prüfungsaufbau des Vertrages (vgl. dazu die Struktur zum Vertragsschluss durch Angebot und Annahme) ist dabei eine Reihe von für diesen Fall besonderen Problemen zu prüfen:
- zunächst stellt sich die Frage, inwiefern hier der Tod des Erklärenden beim Angebot von Belang ist; G gibt sein Schenkungsangebot ab und bittet den Boten B um Übermittlung an H; bevor das Schenkungsangebot übermittelt wird stirbt G; dies ist aber gem. § 130 II unschädlich und bleibt ohne Einfluss auf die Schenkung - das Angebot seitens G ist insofern intakt;
- zum anderen ist problematisch, dass H die Schenkung gar nicht durch Erklärung gegenüber G annimmt - seine Annahmeerklärung kann gar nicht dem G zugehen; auch dem E gegenüber geht sie nicht zu; diesbezüglich greift allerdings § 151 BGB (G wollte keine Annahme mehr empfangen - er hat gleich das Gemälde dem B mitgegeben...);
- ferner ist bei der Frage, ob das Angebot des G durch B überhaupt noch im Sinne der §§ 147 ff. BGB angenommen werden durfte, zu überlegen, wie sich hierauf der Tod des G auswirkt; diesbezüglich sieht § 153 BGB jedoch vor, dass der Tod nur dann den Vertragsschluss verhindert, wenn G für diesen Fall die Schenkung nicht mehr gewollt hat; dafür fehlen im Sachverhalt aber Anhaltspunkte.
Im Ergebnis ist festzustellen, dass die Schenkung nur dann durch E hätte verhindert werden können, wenn dieser die Erklärung des G vor Zugang der Schenkung bei H widerrufen hätte (§ 130 I 2 BGB). Da dies laut Sachverhalt nicht der Fall war, ist die Schenkung bindend.
vgl. auch Alpmann-Schmidt, Sachenrecht 1, 13. Aufl. S. 21/22
D. Mögliche Fallabwandlung
Der Fall kann auch eine sachenrechtliche Frage beinhalten - wer das Eigentum am Gemälde erworben hat bzw. ob der Erbe einen Anspruch auf Herausgabe nach § 985 BGB hat.
E. Musterlösung
Die Schenkung zwischen G und H könnte rechtlich bindend sein. Dafür müsste der Schenkungsvertrag gem. § 516 BGB abgeschlossen und wirksam sein.
Zwischen G und H könnte ein Vertrag geschlossen worden sein. Dafür ist erforderlich, dass G und H jeweils übereinstimmende Willenserklärungen, d. h. Antrag und Annahme, abgegeben haben. Außerdem müsste das Angebot bei Annahme noch annahmefähig sein.
1. Angebot
Zunächst könnte G dem H ein Angebot durch die Übermittlung des Bildes gemacht haben. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Willenserklärung vorliegt, diese ein Angebot darstellt, sie abgegeben wurde und dem H zugegangen ist.
Zunächst könnte G dem H ein Angebot durch die Übermittlung des Bildes gemacht haben. Voraussetzung hierfür ist, dass eine Willenserklärung vorliegt, diese ein Angebot darstellt, sie abgegeben wurde und dem H zugegangen ist.
In diesem Fall möchte G dem H seine Dankbarkeit durch Überlassung eines Bildes zeigen. Dies hat er auch gegenüber dem B geäußert. Damit hat G seinen Willen geäußert, so dass eine Willenserklärung vorliegt. Dies ist inhaltlich auch ein Angebot einer Schenkung. G müsste diese Willenserklärung auch abgegeben haben.
Dem H gegenüber hat er direkt nichts erklärt. Die Willenserklärung könnte gegenüber H über B erfolgt sein. Dies ist dann möglich, wenn B entweder Vertreter oder Bote ist. B könnte die Willenserklärung als Bote übermittelt haben. Dies ist der Fall, wenn B als Bote von G eingesetzt wurde und B seinerseits die Willenserklärung so auf den Weg gebracht hat, dass mit deren Zugang zu rechnen ist. Laut Sachverhalt bittet G den B, das Bild zum H und den Willen des G zu überbringen. Dadurch ist B Bote. B hat zum späteren Zeitpunkt mit H auch gesprochen und ihm den Willen des G geschildert. Damit hat B auch die Willenserklärung des G für ihn abgegeben.
Durch Übergabe des Bildes an H ist das Angebot des G dem H zugegangen.
E - als Erbe des G - könnte hier das Angebot widerrufen haben. Dies ist gem. § 130 I 2 BGB allerdings nur bis zum Zugang des Angebotes möglich. Das Angebot ist H aber vor Kenntnis des E zugegangen, ein Widerruf gem. § 130 I 2 BGB kommt nicht in Betracht.
Auf das Angebot hat es keinen Einfluss, dass der Erklärende nach Abgabe der Erklärung verstorben oder geschäftsunfähig geworden ist. Die Erklärung des G bleibt damit auch nach seinem Tod bestehen.
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