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Fall: Kinder machen Geschäfte - geliehene Lokomotive


A. Sachverhalt
Die 12-jährigen Schulfreunde Duselig (D) und Schlau (S) spielen bei D Modelleisenbahn, die teilweise mit sehr teuren Zügen ausgestattet ist. Eine Lokomotive im Wert von 200 EUR gefällt dem S besonders, weshalb er D fragt, ob er sie ihm nicht für einige Tage ausleihen könnte. Zwar weiß D, dass seine Eltern dies überhaupt nicht gern sehen, wenn er teure Spielsachen ausleiht, er will dies aber dem S nicht sagen, weshalb er ihm die Lokomotive ausleiht.

Kurze Zeit später tauscht S die Lokomotive mit dem 19-jährigen Ahnungslos (A) gegen eine Briefmarkensammlung im Wert von 100 EUR. D verlangt von A Herausgabe der Lokomotive.

B. Frage
Kann er das?
Welche anderen Ansprüche hat D und gegen wen?


C. Lösungshinweise

1. Anspruch des D gegen A auf Herausgabe der Lokomotive aus § 985 BGB.
Anspruch gegeben, wenn
    • Lokomotive = Sache (+)
    • D Eigentümer
    • A Besitzer
    • A ohne Recht zum Besitz.

a. Lokomotive = Sache (+)

b. Ist D Eigentümer?
Die Eigentumsübertragung hat mit den schuldrechtlichen Verträgen nichts zu tun - weder mit der Leihe noch mit dem Tausch zwischen S und A! Die Frage, wer Eigentümer ist, ist historisch zu prüfen. Deshalb:
      • Schritt 1: ursprünglich war es D (+);
      • Schritt 2: wie wirkt sich hier der Umstand aus, dass die Lokomotive ausgeliehen wurde? Eigentumsübertragung ist mit Leihe nicht beabsichtigt, also kann die Übergabe der Lokomotive keinen Eigentumsübergang i. S. d. § 929 BGB zur Folge haben (Einigung darüber liegt nicht vor); insofern hat D durch Ausleihe und Übergabe das Eigentum nicht verloren (weiterhin +);
      • Schritt 3: nach dem Tausch hat A von S die Lokomotive erhalten - hat A dadurch etwa Eigentum erworben (mit der Folge, dass D das Eigentum verliert - beide können gleichzeitig nicht Eigentümer sein...)?

Voraussetzungen der Eigentumsübertragung:
(zum Prüfungsaufbau der Eigentumsübertragung vgl. folgende Struktur)
(1) Einigung
A hat sich mit S darüber geeinigt, dass A die Lokomotive nehmen soll, also auch ihr Eigentümer werden soll. War diese Einigung aber wirksam?
        • Problem - beschränkte Geschäftsfähigkeit des S (§ 106 BGB, § 108 BGB)
        • aber: es ist nicht seine Lokomotive - deshalb § 107 BGB (lediglich rechtlicher Vorteil)

(2) Übergabe (+)
(3) Einigsein bei Übergabe (+)
(4) Berechtigung (-), aber gutgläubig - § 1006 BGB spricht für A, sonst keine Anhaltspunkte, dass A nicht in gutem Glauben war, also Gutglaubenserwerb ersetzt Berechtigung (+).

c. Ergebnis: D hat Eigentum verloren, Anspruch aus § 985 BGB (-).


2. Andere Ansprüche des D
Weitere Ansprüche des D sind nicht ausgeschlossen - nur das Eigentum hat er nicht:
    • D gegen S auf Herausgabe des Erlangten, § 816 BGB
    • D gegen S auf Schadensersatz wegen Verletzung von Eigentum, § 823 Abs. 1 BGB
    • denkbar auch D gegen S auf Herausgabe der Bereicherung als Anspruch des S (Drittschadensliquidation), aber wohl nicht möglich.



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