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Fallbeispiel Energierecht

Festlegung des Grundversorgers nach Eingemeindung

A. Sachverhalt
Die sächsische Gemeinde M, die direkt an die Großstadt L grenzt, soll demnächst in die Stadt L eingemeindet werden. Im Vorfeld läuft auch der Konzessionsvertrag mit einem der zwei auf dem Gebiet der M tätigen Stromversorger - der E AG (E) bzw. mit der aus der E ausgegliederten E-Netz-GmbH (EN) aus.
Die Stromversorgung in M wurde bisher auf der Grundlage von zwei Konzessionsverträgen durch zwei verschiedene Versorger in etwa je zur Hälfte durchgeführt:
  • im nördlichen Teil von M (ca. 20.000 Haushaltskunden), der traditionell stärker mit der Infrastruktur der Großstadt L verbunden ist, hat die Stadtwerke L Netz GmbH (LN) einen Konzessionsvertrag mit der Gemeinde M; die meisten Haushalte werden hier durch die Muttergesellschaft der LN, die Stadtwerke L GmbH (L) mit Strom beliefert;
  • im südlichen Teil von M (ca. 18.000 Haushaltskunden) hatte bisher die EN einen Konzessions­vertrag mit der Gemeinde M; praktisch alle Haushaltskunden in diesem Netzbereich werden durch die E beliefert.

Im Bieterwettbewerb um den Konzessionsvertrag für das bisher durch EN betriebene Netz im südlichen Teil der Gemeinde M im Februar 2011 erhält unerwartet die LN den Zuschlag, und wird nun die neue Netzbetreiberin. Nun hat LN zwei Konzessionsverträge mit M: einen hinsichtlich des nördlichen Netzes, der bereits seit einigen Jahren läuft und einen (neu abgeschlossenen) über das Stromnetz im Süden der Gemeinde.

Im Herbst 2011 legt die LN als Netzbetreiberin für das gesamte Gemeindegebiet von M turnusgemäß die L als Grundversorger fest. Dagegen geht die E, die bisher Grundversorgung im südlichen Netz von M realisierte, vor und erhebt vor der Landesregulierungsbehörde des Freistaates Sachsen Einwände gegen die Festlegung durch LN.
Die Landesregulierungsbehörde entscheidet in einem formellen Verfahren, dass Grundversorger auf dem Gebiet des neuen Konzessionsvertrages zwischen der Gemeinde M und der LN (südliches Netz), die E ist.
L und LN fragen, ob dies richtig ist.

B. Frage
Ist die Entscheidung der Regulierungsbehörde rechtmäßig?


C. Lösungshinweise
Die Aufgabe in diesem Fall ist, die Entscheidung der Behörde als Verwaltungsakt zu überprüfen. Die Entscheidung ist rechtmäßig, wenn sie auf einer gesetzlichen Grundlage erfolgte und formell sowie materiell rechtmäßig ist.

1. Ermächtigungsgrundlage
Die allgemeinen Ermächtigungsgrundlagen (§ 30 EnWG und § 65 II EnWG) können geprüft werden, aber in diesem speziellen Fall existiert im Zusammenhang mit Vorschriften über die Grundversorgung eine spezielle Ermächtigungsgrundlage: § 36 II EnWG. Demnach kann die nach Landesrecht zuständige Behörde die Festlegung des Grundversorgers durch Netzbetreibers überprüfen und diesen selbst festlegen.
Ermächtigungsgrundlage ist § 36 II 4 EnWG.

2. Formelle Rechtmäßigkeit

a. Zuständigkeit

(1) Landesregulierungsbehörde
        1. § 54 II EnWG? (-)
        1. aber: § 36 II 4 EnWG - die nach Landesrecht zuständige Behörde!

In Thüringen wäre es das Wirtschaftsministerium, vgl. ThürWRZVO. Insofern wäre die Zuständigkeit der Landesregulierungsbehörde - Organleihe hin oder her - problematisch.

(2) Bundesnetzagentur
Auffangermächtigung: § 54 I EnWG.
Eigentlich nicht zuständig! Siehe oben. Bei Annahme der BNetzA als zuständige Behörde muss § 54 II EnWG geprüft werden!

b. Verfahren und Form
Im Sachverhalt keine Hinweise auf Verfahrens- oder Formfehler. Insofern können sie unterstellt werden.

3. Materielle Rechtmäßigkeit
Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage sind zu prüfen. Nach § 36 II 4 EnWG entscheidet die Behörde nach Maßgabe des § 36 II Satz 1 und 2 EnWG. Sie ist insofern an die richtige Feststellung des Grundversorgers gebunden. Wurde der Grundversorger richtig festgestellt, ist die Entscheidung der Behörde rechtmäßig, andernfalls nicht.

a. Behörde auf Einwände hin tätig geworden? (+)

b. Vorher Festlegung durch Netzbetreiber + Fristen nach § 36 II EnWG? (+)

c. EVU
Das als Grundversorger festgelegte Unternehmen (E) ist ein EVU (+)

d. Die meisten Haushaltskunden
Laut Sachverhalt, hat E im betroffenen Teil der Gemeinde M die meisten Haushaltskunden (+)

e. Im Netzgebiet
Was ist Netzgebiet? Gemeinde? Konzessionsvertrag?
Im Ergebnis entscheidet eher der Konzessionsvertrag = E hat die meisten Kunden im Netzgebiet! Andere Auffassung bei entsprechender Begründung (Gemeinde­gebiet bzw. derzeitige Konzessionsverträge insgesamt) vertretbar.

4. Zwischenergebnis
Entscheidung materiell rechtmäßig

D. Ergebnis
Entscheidung rechtmäßig.

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