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Fallbeispiel: Chaotischer Geschäftsführer

einer GmbH macht Geschäfte mit einer oHG


Sachverhalt

Die A-GmbH und die Z-oHG schließen am 01.11.2016 einen Vertrag, wonach die A-GmbH gegen Zahlung von 160.000 € eine Spezialmaschine bis zum 14.01.2017 zu liefern hat. Für jeden Tag der Verzögerung vereinbaren die Parteien eine Vertragsstrafe von 1000 €. Aufgrund eines fehlerhaften Eintrags in den Terminkalender durch den Geschäftsführer G der A-GmbH erfolgt die Lieferung allerdings erst am 24.01.2017.
Auf Seiten der Z-oHG handelten V und W. Die Z-oHG besteht ursprünglich aus den Gesellschaftern V, W und X, von denen W und X durch den Gesellschaftsvertrag als gemeinschaftliche Geschäftsführer bestellt sind. Der X scheidet allerdings aufgrund interner Streitigkeiten mit W zum 31.10.2016 aus der Gesellschaft aus, was am 01.12.2016 in das Handelsregister eingetragen wird. Stattdessen nehmen V und W zum 01.11.2016 den Y als neuen Gesellschafter mit Geschäftsführungsbefugnis auf; dessen Eintritt wird aber erst zum 15.01.2017 eingetragen. Y vereinbart mit V und W im Gesellschaftsvertrag, dass er für alle bis zu seinem Eintritt entstandenen Verbindlichkeiten der Z-oHG nicht haftet.

Frage 1

Als die Z-oHG nach Mahnung die Rechnung der A-GmbH von 160.000 € nicht bezahlt, möchte G wissen, wer der A-GmbH in welcher Höhe haftet.


Die Gesellschafter B und C der A-GmbH halten die oben geschilderten Vorgänge für „G-typisches Chaos“ und möchten G loswerden. An der A sind neben B (30 % Anteile) und C (30 %) auch der Schwiegervater des G – D (40 %) beteiligt. B und C bitten G, eine Gesellschafterversammlung einzuberufen. Dem kommt G nicht nach. Deshalb beruft B die Gesellschafterversammlung ein und gibt im eingeschriebenen Brief, den er 3 Wochen vor dem Termin der Versammlung an C und D versendet, an, dass über die Abberufung des G und Berufung eines neuen Geschäfts­führers zu beschließen sei.
D befindet sich gerade auf Weltreise und erfährt nicht von der Sitzung. B und C berufen in Abwesenheit des D den G einstimmig ab und berufen den K zum neuen Geschäftsführer.
Nur 2 Tage später kehrt D von seiner Reise zurück und erfährt von G über die „grundlose Abberufung“. D beschwert sich, dass die Einberufung der Versammlung nicht richtig erfolgte und er demzufolge gar nicht an ihr teilnehmen konnte. Ferner weist D auf eine schriftliche Vereinbarung zwischen B, C und D bei der Gründung der A-GmbH vor 5 Jahren, dass Geschäfts­führer mit einer Mehrheit von mindestens 75 % aller Stimmen zu berufen und abzuberufen sind. B und C erwidern, dass diese Vereinbarung gar nicht in den Gesellschaftsvertrag übernommen wurde und deshalb irrelevant sei.

Frage 2

Ist eine eventuelle Klage des D gegen die Beschlüsse begründet?



Lösungshinweise zu Frage 2

Die Begründetheit einer Klage ist zu prüfen. In Betracht kommt eine analoge Anwendung der Anfechtungsklage gem. § 246 Abs. 1 AktG. Prüfung:

  • optional (weil eigentlich Frage der Zulässigkeit - statthafte Klageart) - Voraussetzungen der Analogie des § 246 AktG im Falle der GmbH - sofern richtig geprüft, sind "Bonus"-Punkte möglich, weil kein Pflichtprogramm, aber kann honoriert werden
ab hier Pflicht:
  • Anfechtungsbefugnis (bei Anfechtungsklage gem. § 246 AktG Teil der Begründetheit => nur dann, wenn Gesellschafter und nicht für Beschluss gestimmt (+)
  • Anfechtungsfrist - keine starre Frist des § 246 Abs. 1 AktG, aber nach 2 Tagen auch kein Monat vergangen (+)
  • Anfechtungsgrund => genauer zu prüfen
  • kein Missbrauch des Anfechtungsrechts - keine Anzeichen (+)

Anfechtungsgrund (+) wenn
  • Nichtigkeit oder
  • Anfechtbarkeit des Beschlusses der GV

A. Nichtigkeit
(+), wenn

1. Nichtigkeitsgrund
Als Nichtigkeitsgrund kommt ein wesentlicher Mangel der Einberufung in Betracht (falsche Person). Aber: Minderheitsgesellschafter darf, nicht nur GF! - § 50 Abs. 1 GmbHG

Weitere Gründe für Nichtigkeit (-), also insgesamt zu Nichtigkeitsgrund (-)

2. Keine Heilung (+)
Aber kein Grund

B. Anfechtbarkeit
Gegeben, wenn
  • Regelverstoß und
  • keine Bestätigung durch Gesellschafter

1. Regelverstoß
Zu unterscheiden zwischen formellen / Verfahrensmängeln und inhaltlichen Mängeln. Beide kommen in Betracht. Und da Verfahrensmängel leicht durch Bestätigung ausgeräumt werden können, sind auch bei Vorliegen formeller Fehler auch die eventuellen inhaltlichen Verstöße im Rahmen des Pflichtprogramms zu prüfen!

a. Verfahrensmängel
Möglich:
      • Gesetzesverstoß - Einberufung nicht richtig, weil D nicht erhalten? (-), Gesellschaft nicht verpflichtet, den D auch am Ende der Welt zu suchen
      • Gesetzesverstoß - Einberufung gem. § 51 GmbHG - Frist und Form OK, aber Zweck gem. § 51 Abs. 2 GmbHG nicht genau genug angegeben! (+); der Verstoß wurde auch nicht gem. § 51 Abs. 3 / 4 GmbHG beseitigt;
      • Mehrheit aus gesetzlicher Sicht und aus Sicht des Gesellschaftsvertrages OK, also kein Verstoß (-)
      • aber: Verstoß gegen die Vereinbarung zwischen Gesellschaftern bei Abstimmung?
Problem: Vereinbarung außerhalb des Vertrages beachtlich? (+) - zumindest dann, wenn durch alle Gesellschafter abgeschlossen, hier (+)
Missachtet? (+)
Ergebnis: Verfahrensmangel auch hier (+)
Relevanz der Verstöße? - zu beiden (+)

b. Inhaltliche Mängel
Keine Grenzen der Abberufung eines GF, als sind Gesellschafter hier frei. Verstöße insb. gegen Gleichbehandlungsgebot oder Treuepflichten nicht ersichtlich.
Der Verstoß gegen die Gesellschaftervereinbarung wurde schon im Rahmen formeller Verstöße (betraf die Beschlussfassung) berücksichtigt.

2. Ergebnis: Verfahrensverstoß, relevant, also Anfechtungsgrund (+)

Klage ist begründet.
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