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Eigenversorgung von Unternehmen - Kapitel 4
von Iris Kneißl
4.2 Netzentgeltbezogene Strompreisbestandteile
Wie oben bereits erwähnt, ist der Eigenversorger nicht zur Zahlung des Netzentgeltes verpflichtet, sofern er das Netz der allgemeinen Versorgung nicht zur Durchleitung des selbst erzeugten Stroms nutzt. Daher entfallen auch die Strompreisbestandteile, die auf das Netzentgelt Bezug nehmen und bei dessen Berechnung von den Netzbetreibern in Ansatz gebracht werden können.[340]
Zu diesen netzentgeltbezogenen Strompreisbestandteilen gehören die KWKG-Umlage, die Umlage nach § 19 II StromNEV, die Offshore-Haftungsumlage und die Umlage für abschaltbare Lasten. Auch die Konzessionsabgabe nimmt Bezug auf die Netzentgelte.[341]
Die folgenden Kapitel gehen auf die einzelnen netzentgeltbezogenen Strompreisbestandteile ein, zeigen die aktuelle Höhe und damit auch das jeweilige Einsparpotenzial durch die Eigenversorgung auf.
4.2.1 KWKG-Umlage
Da die KWK einen energetischen und klimapolitischen Vorteil durch die effi- ziente Ausnutzung der eingesetzten Energie erzeugt, wird auch die Strom- erzeugung aus KWK finanziell durch das KWKG gefördert. Auch sie leistet einen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz.[342]
Die Förderung der KWK erfolgt dabei ähnlich wie im EEG. KWK-Anlagen müssen ebenfalls unverzüglich vorrangig an das Netz angeschlossen werden. Für den erzeugten Strom besteht ebenso eine Abnahme- und Vergütungspflicht.[343] Der Anlagenbetreiber erhält für die in das Netz eingespeiste Strommenge die Vergütung nach dem KWKG, die sich aus einem Zuschlag und den vom Anlagenbetreiber und dem Netzbetreiber vereinbarten Preis zusammensetzt. Für selbst verbrauchten Strom hat der Anlagenbetreiber einen Anspruch auf Zahlung des Zuschlags.[344]
Die gezahlte Vergütung an die Anlagenbetreiber wird über den sogenannten Belastungsausgleich nach § 9 KWKG über das Netzentgelt auf die Netznutzer gewälzt und so letztlich auf den Strompreis der Letztverbraucher aufgeschlagen.[345]
Die KWKG-Umlage stieg von 0,178 Cent je kWh in 2014 auf 0,254 Cent je kWh für das Jahr 2015 an.[346]
4.2.2 Umlage für abschaltbare Lasten
Übertragungsnetzbetreiber sind nach der Verordnung zu abschaltbaren Lasten[347] zur Durchführung von Ausschreibungen und Annahme eingehender Angebote zum Erwerb von Abschaltleistung aus abschaltbaren Lasten verpflichtet.[348] Diese abschaltbaren Lasten dienen der Netz- und Systemsicherheit.[349]
Hierfür werden Industrieanlagen beziehungsweise stromintensive Prozesse kurzfristig abgeschaltet oder gedrosselt, wodurch das Netz stabilisiert und somit die Versorgungssicherheit gewährleistet werden soll.[350]
Die Anbieter der Abschaltleistung erhalten für deren Bereitstellung von den Übertragungsnetzbetreibern eine Vergütung für den vereinbarten Zeitraum sowie einen Zuschlag für jeden Abruf der Abschaltleistung.[351]
Die Kosten, die den Übertragungsnetzbetreibern für die abschaltbaren Lasten entstehen, werden gemäß § 18 I 1 AbLaV entsprechend dem Belastungsausgleich nach § 9 KWKG auf die Letztverbraucher umgewälzt und auf deren Strompreis aufgeschlagen.[352]
Der Umlagesatz für abschaltbare Lasten ist für alle Letztverbraucher identisch und betrug im Jahr 2014 0,009 Cent je kWh. Für 2015 wurde er auf 0,006 Cent je kWh gesenkt.[353]
Die Verordnung zu abschaltbaren Lasten war auf drei Jahre begrenzt und tritt gemäß § 19 S. 2 AbLaV am 1. Januar 2016 außer Kraft.[354]
4.2.3 Umlage nach § 19 II StromNEV
Letztverbraucher mit einer atypischen Netznutzung sowie stromintensive Letztverbraucher haben nach § 19 II 1 und 2 StromNEV Anspruch auf ein individuelles Netzentgelt gegenüber ihrem Netzbetreiber. Die Betreiber von Elektrizitätsversorgungsnetzen haben solchen Letztverbrauchern ein individuelles Netzentgelt anzubieten, welches maximal um 20 % niedriger sein darf als das veröffentlichte Netzentgelt.[355] Diese Vereinbarung über das individuelle Netzentgelt bedarf der Anzeige bei der Regulierungsbehörde.[356]
Die entgangenen Erlöse, die den Netzbetreibern aus der Vereinbarung der individuellen Netzentgelte entstehen, können gemäß § 19 II 15 StromNEV auf die Netzentgelte aufgeschlagen und so auf jeden Letztverbraucher anteilig umgelegt werden. Die StromNEV verweist in dieser Vorschrift auf den Belastungsausgleich nach § 9 KWKG.[357]
Im Jahr 2014 betrug die Umlage nach § 19 II StromNEV 0,187 Cent je kWh und ist auf 0,237 Cent je kWh in 2015 gestiegen.[358]
4.2.4 Offshore-Haftungsumlage
Die Offshore-Haftungsumlage dient der finanziellen Absicherung von Offshore-Anlagen. Betreiber von Windenergieanlagen auf See können gemäß § 17e I 1 EnWG eine Entschädigung verlangen, wenn die Einspeisung aus einer betriebsbereiten Windenergieanlage länger als zehn aufeinander folgende Tage wegen einer Störung der Netzanbindung unmöglich ist. Der Anspruch auf die Entschädigung entsteht ab dem elften Tag der Störung und ist unabhängig davon, ob der Übertragungsnetzbetreiber die Störung zu vertreten hat.[359]
Dieses Risiko entsteht beispielsweise durch nicht rechtzeitig fertiggestellte Stromnetze. Betriebsbereite Windkraftanlagen können so nicht an das Stromnetz angeschlossen werden. Der Strom aus den Windkraftanlagen kann nicht eingespeist werden, wodurch die Anlagenbetreiber keine Einspeisevergütung nach dem EEG erhalten können. Die Entschädigungszahlung der Übertragungsnetzbetreiber stellt somit eine Schadenersatzleistung für die entgangene EEG-Einspeisevergütung nach §§ 19, 50 EEG dar.[360]
Nach § 17f I EnWG können die Übertragungsnetzbetreiber diese Entschädigungskosten auf die Netzentgelte umlegen. § 17f I EnWG verweist insoweit auf die Vorschrift zum Belastungsausgleich nach § 9 KWKG.[361]
Die Offshore-Haftungsumlage wird somit von allen Letztverbrauchern finanziert. Sie ist auf maximal 0,25 Cent je kWh begrenzt.[362]
Im Jahr 2015 erreichte die Offshore-Haftungsumlage einen negativen Umlagesatz von –0,051 Cent je kWh.[363]
4.2.5 Konzessionsabgabe
Konzessionsabgaben sind Entgelte für die Nutzung kommunaler Wege und Straßen, die von den Energieversorgungsunternehmen an die Kommunen entrichtet werden müssen.[364] Die Nutzung beinhaltet das Betreiben und Verlegen von Leitungen, die der unmittelbaren Versorgung von Letztverbrauchern im Versorgungsgebiet dienen (einfacher Wegenutzungsvertrag nach § 47 I EnWG) oder die zu einem Netz der allgemeinen Versorgung im Gemeindegebiet gehören (qualifizierter Wegenutzungsvertrag nach § 47 II EnWG).[365] Insoweit besteht ein Kontrahierungszwang seitens der Gemeinde gegenüber Energieversorgungsunternehmen für einfache und qualifizierte Wegenutzungsverträge.
Die Höchstgrenze der Konzessionsabgabe richtet sich nach der Konzessionsabgabeverordnung[366]. Gemäß § 2 II KAV hängt die jeweilige Konzessionsabgabe von der Einwohnerzahl der Kommune ab. Sie reicht von 1,32 ct/kWh bei Gemeinden bis 25.000 Einwohnern, bis zu 2,39 ct/kWh bei Gemeinden über 500.000 Einwohnern. Die konkrete Höhe richtet sich jedoch nach dem jeweiligen Wegenutzungsvertrag zwischen Gemeinde und Netzbetreiber.[367]
Im Jahr 2014 betrug die Konzessionsabgabe bei der Belieferung von Haushaltskunden durchschnittlich circa 1,79 ct/kWh. Am Strompreis der Industrie hatte sie lediglich einen Anteil von 0,11 ct/kWh, da diese Stromverbraucher zur Zahlung der Sonder-Konzessionsabgabe gemäß § 2 III Nr. 1 KAV be- rechtigt sind.[368]
Die Konzessionsabgabe ist nach § 4 I 1 KAV in den Netzentgelten auszuweisen. Auf den selbst erzeugten und selbst verbrauchten Strom sind keine Netzentgelte zu entrichten, weshalb auch die Konzessionsabgabe insoweit nicht zu zahlen ist.[369] Benötigen die Eigenversorger die öffentlichen Wege jedoch beispielsweise für eine Direktleitung, so müssen die Kosten für das Nutzungsrecht der öffentlichen Wege direkt mit der jeweiligen Gemeinde verhandelt und direkt an diese beglichen werden. Hierbei handelt es sich dann formell gesehen jedoch nicht um eine Konzessionsabgabe, da der Ei- genversorger kein Energieversorgungsunternehmen ist und für die Gemeinde keine Verpflichtung zur Nutzungsüberlassung besteht.[370]
[340] IW/EWI, Eigenerzeugung und Selbstverbrauch von Strom, S. 18 f.; die netzentgeltbe- zogenen Strompreisbestandteile stellen Bestandteil der Netzentgelte dar, weshalb sie beim Selbstverbrauch entfallen: Stappert/Vallone/Groß, RdE 2015, 62, 65 ff.
[341] Stappert/Vallone/Groß, RdE 2015, 62, 65 ff.
[342] § 1 KWKG.
[343] Nach § 4 I 1 KWKG sind Netzbetreiber verpflichtet, förderfähige KWK-Anlagen unver-
züglich vorrangig an ihr Netz anzuschließen, den erzeugten Strom abzunehmen, zu übertragen sowie zu verteilen. Die Vergütungspflicht ist in § 4 III KWKG festgeschrie- ben.
[344] Jacobshagen/Kachel, in: Danner/Theobald, Energierecht, KWKG § 4 Rn. 38; verglei- che auch §§ 4 IIIa, 3 X KWKG.
[345] IW/EWI, Eigenerzeugung und Selbstverbrauch von Strom, S. 18; BMWi, Staatlich ver- anlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; envia Mitteldeutsche Energie AG, Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, www.enviam.de.
[346] zu den einzelnen Werten der Umlage für jede Letztverbrauchergruppe, siehe: envia Mitteldeutsche Energie AG, Förderung von Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, www.en- viam.de.
[347] Verordnung über Vereinbarungen zu abschaltbaren Lasten (AbLaV) vom 28. Dezem- ber 2012 (BGBl. I 2012, S. 2998).
[348] § 1 S. 1 AbLaV.
[349] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de.
[350] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; envia Mit-
teldeutsche Energie AG, Verordnung zu abschaltbaren Lasten, www.enviam.de;
IW/EWI, Eigenerzeugung und Selbstverbrauch von Strom, S. 18.
[351] § 4 I AbLaV.
[352] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; envia Mit-
teldeutsche Energie AG, Verordnung zu abschaltbaren Lasten, www.enviam.de.
[353] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; envia Mit- teldeutsche Energie AG, Verordnung zu abschaltbaren Lasten, www.enviam.de.
[354] Maslaton Rechtsanwaltsgesellschaft mbH, Die Verordnung zu abschaltbaren Lasten ist seit 01.01.2013 in Kraft – Was hat sich getan?, www.maslaton.de.
[355] § 19 II 1 StromNEV bei atypischer Netznutzung maximale Reduzierung von 20 % und § 19 II 3 StromNEV bei stromintensiven Letztverbrauchern ist eine Staffelung von 10 bis 20 % je nach Verbrauch und Anzahl der Nutzungsstunden vorgesehen.
[356] Näher zum Anzeigeverfahren: Bundesnetzagentur, Individuelle Netzentgelte Strom gem. § 19 StromNEV, www.bundesnetzagentur.de
[357] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; envia Mit- teldeutsche Energie AG, Bundesweite Umlage zur Entlastung stromintensiver Indust- riebetriebe, www.enviam.de; 50Hertz Transmission GmbH/Amprion GmbH/Trans- netBW GmbH/TenneT TSO GmbH, Umlage nach § 19 Abs. 2 StromNEV, www.netztransparenz.de.
[358] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; zu den ein- zelnen Werten der Umlage für jede Letztverbrauchergruppe, siehe: envia Mitteldeut- sche Energie AG, Bundesweite Umlage zur Entlastung stromintensiver Industriebe- triebe, www.enviam.de.
[359] § 19 I 1 EnWG; envia Mitteldeutsche Energie AG, Umlage zur finanziellen Absicherung von Hochsee-Windparkbetreibern, www.enviam.de.
[360] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; envia Mit- teldeutsche Energie AG, Umlage zur finanziellen Absicherung von Hochsee-Windpark- betreibern, www.enviam.de.
[361] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; envia Mit- teldeutsche Energie AG, Umlage zur finanziellen Absicherung von Hochsee-Windpark- betreibern, www.enviam.de.
[362] § 17f V 2 und 3 EnWG.
[363] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de; zu den ein-
zelnen Werten der Umlage für jede Letztverbrauchergruppe, siehe: envia Mitteldeut- sche Energie AG, Umlage zur finanziellen Absicherung von Hochsee-Windparkbetrei- bern, www.enviam.de.
[364] § 48 I 1 EnWG sowie § 1 II KAV.
[365] Näher siehe BDEW, Leitfaden Konzessionsverträge und Konzessionsabgaben in der
Strom- und Gasversorgung, S. 10 ff.
[366] Verordnung über Konzessionsabgaben für Strom und Gas (KAV) vom 9. Januar 1992
(BGBl. I 1992, S. 12).
[367] BMWi, Staatlich veranlasste Bestandteile des Strompreises, www.bmwi.de.
[368] BDEW, BDEW-Strompreisanalyse Juni 2014, S. 6 u. 15.
[369] Stappert/Vallone/Groß, RdE 2015, 62, 68.
[370] §§ 46, 48 EnWG; IW/EWI, Eigenerzeugung und Selbstverbrauch von Strom, S. 16 f.; Theobald, in: Danner/Theobald, Energierecht, EnWG § 46 Rn. 23; Moench/Wag- ner/Schulz/Wrede, Gutachterliche Stellungnahme „Rechtsfragen des Eigenverbrauchs und des Direktverbrauchs von Strom durch Dritte aus Photovoltaikanlagen“, S. 22; siehe zu den Vertragspartnern der Gemeinde auch: BDEW, Leitfaden Konzessionsver- träge und Konzessionsabgaben in der Strom- und Gasversorgung, S. 12 f.