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im Netzgebiet
die meisten Kunden i.S.d. § 36 II EnWG beliefert das EVU im jeweiligen Netzgebiet
Bei der Ermittlung des Grundversorgers ist die Frage zu klären, welcher Energielieferant in einem bestimmten Netzgebiet die meisten Netzkunden beliefert. § 36 Abs. 2 EnWG enthält dabei (ebenso wie das Gesetz im Übrigen) keine Kriterien für die Abgrenzung der Netzgebiete im Sinne dieser Regelung.
Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass als Netzgebiet i. S. d. § 36 Abs. 2 EnWG maximal ein abtrennbares Netz der allgemeinen Versorgung i. S. d. § 3 Nr. 17 EnWG betrachtet werden kann. Erstreckt sich allerdings ein solches Netz auf größere Gebiete (z. B. über mehrere Gemeinden hinweg), dann stellt sich die Frage, inwiefern ein kleinerer Netzabschnitt der Betrachtung des § 36 EnWG zugrunde gelegt werden muss.
Nach meist anzutreffender Meinung ist dieses Problem einerseits über die Grenzen eines Gemeindegebiets zu lösen, andererseits ist dabei der Anwendungsbereich der durch Netzbetreiber mit der jeweils betroffenen Kommune abgeschlossenen Konzessionsverträge hilfreich (vgl. Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, § 36, Rn. 36 ff. sowie Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, S. 171).
Der Gesetzgeber benutzt absichtlich zwei verschiedene Begriffsbestimmungen. Zum einen spricht er in § 18 (1) EnWG von Gemeindegebieten. Zum anderen in § 36 EnWG von Netzgebieten. Daraus lässt sich schließen, dass diesen jeweiligen Gebieten auch unterschiedliche rechtliche Bedeutung zukommen soll. Demnach ist das Netzgebiet i.S.d. § 36 Abs. 2 EnWG das einem Netzbetreiber i.S.v. § 3 Nr. 27 EnWG zuzuordnende Versorgungsnetz, unabhängig davon, auf welchem Gemeindegebiet es sich befindet. Bei der Bestimmung der Größe und des Grenzverlaufs eines Netzgebiets, sollte auf das Gebiet des Konzessions- und Wegnutzungsvertrags i.S.d. § 46 EnWG abgestellt werden. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen §§ 36, 18 und 46 EnWG.
Es ist in der Praxis also möglich, dass das Netzgebiet über die Grenzen eines Gemeindegebiets hinausgeht, mit den Grenzen des Gemeindegebiets übereinstimmt oder auch mehrere Netzgebiete innerhalb einer Gemeinde getrennt betrachtet werden. Letzeres erscheint allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn auch in solchen Fällen mithilfe der Anwendungsbereiche mehrerer Konzessionsverträge die Grenze zwischen Netzgebieten gezogen wird. Es wird wohl unzulässig sein, das Netzgebiet eines Netzbetreibers unter der Herrschaft eines Konzessionsvertrages willkürlich aufzuteilen.
Da das Netzgebiet als ein abtrennbares Netz der allgemeinen Versorgung i. S. d. § 3 Nr. 17 EnWG betrachtet werden kann, fallen geschlossene Verteilernetze nach § 110 I EnWG nicht hierunter. Denn diese stehen nur bestimmten Letztverbrauchern offen. Somit fehlt der erforderliche Drittbezug nach § 3 Nr. 17 EnWG und es handelt sich nicht um eine allgemeine Versorgung. Deutlich erkennen kann man diese Verteilernetze auch daran, dass der Betreiber dieses Netzes keine Kunden anwirbt und auch keine Netzentgelte publiziert, was beides Anzeichen für ein Netz der allgemeinen Versorgung sind. Nach der Rechtssprechung des EuGH, Urteil vom 22.05.2008 - C-439/06, der den § 110 EnWG für nicht vereinbar mit Art. 20 Abs. 1 der Richtlinie 2003/54/EG des Europäischen Parlaments hält, ist der § 110 EnWG enger auszulegen. Nach Art. 3 Abs. 3 EltRL ist (ähnlich wie nach Art. 3 Abs. 3 GasRL) die Grundversorgung von Haushaltskunden ohne Ausnahme sicherzustellen. Wenn man nun den § 110 EnWG richlinienkonform auslegt, fallen Hausaltskunden i.S.d. § 3 Nr. 22 EnWG die an geschlossene Verteilernetze angeschlossen sind, weiterhin unter die Grundversorgungspflicht des Energieversorgers.