ich war hier: BGHinNJW2006s3488

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Eigentumsvorbehalt/ Anwartschaftsrecht


1) Der Sachverhalt (BGH Urteil vom 13.09.2006)


 (image: https://ife.erdaxo.de/uploads/BGHinNJW2006s3488/WIPR3.jpg)


  • der Kläger verkauft seinen PKW zum Preis von 10.000 € an die W GmbH; Übergabe PKW ohne KFZ-Brief
  • die W GmbH verkauft den PKW an den Beklagten, ohne den Kaufpreis an den Kläger zu bezahlen; Zahlung Kaufpreis i.H.v. 11.560 €, Übergabe KFZ mit dem Hinweis: KFZ-Brief wird per Einschreiben nachgeschickt
  • es erfolgte keine Nachsendung des KFZ-Briefes, Kläger ist weiterhin im Besitz des Fahrzeugbriefes
  • der Kläger verlangt nun vom Beklagten die Herausgabe des Fahrzeuges sowie eine Nutzungsvergütung (für die vom Beklagten zurück gelegte Fahrstrecke)


2) relevante Stelle im Prüfungsaufbau


- das Urteil hat eine besondere Relevanz bei der Frage, ob das Eigentum (rechtsgeschäftlich) verloren wurde
=> insbesondere durch den Erwerb eines Anwartschaftsrechts (welches ein dingliches Recht zum Besitz darstellt)

http://80.237.160.189/taris/?root=3061


3) Lösung des Sachverhalts


Entscheidung Berufungsgericht:
K hat gegen B keinen Anspruch auf Herausgabe des PKW gem. § 985 BGB

Begründung:
  1. das Eigentum des B an den PKW wird gem. § 1006 I BGB vermutet
  1. K muss ebenfalls beweisen, dass er sein Eigentum an dem PKW nicht verloren hat -> die Vorlage des Fahrzeugbriefes reicht hierfür nicht aus -> es gibt keine weiteren Beweise
  1. aus dem KV geht nicht hervor, dass der PKW von W unter Eigentumsvorbehalt erworben wurde
  1. aus Sicht des W wurde ihm das Eigentum an dem PKW vorbehaltslos übertragen; die Einbehaltung des KFZ-Briefes dient nur zur Sicherung der Kaufpreiszahlung

Zwerg:
- W hat als Berechtigter über das Fahrzeug verfügt
(die Frage nach einem gutgläubigen Erwerb des PKW durch B stellt sich somit nicht)


Ansicht der Revision:
K könnte gegen B einen Anspruch auf Herausgabe des PKW gem. § 985 BGB haben.

Begründung:
1) die Auslegung ergibt, dass W die Einbehaltung des KFZ-Briefes nur dahingehend verstehen kann, dass K sich das Eigentum am PKW bis zur Kaufpreiszahlung vorbehalten wollte -> mit der Entgegennahme des PKW wurde der bedingten Übereignung konkludent zugestimmt
- somit hat K dem W den PKW nur unter der aufschiebenden Bedingung der vollständigen Kaufpreiszahlung gem. § 449 I BGB übertragen
(da diesbezüglich nichts im KV geregelt ist, ist in diesem Fall unerheblich; ein Eigentumsvorbehalt kann auch nachträglich erfolgen => Voraussetzung ist jedoch, dass spätestens bei Besitzübergabe der Wille deutlich erklärt wurde)
- da W der Kaufpreiszahlung nicht nachgekommen ist, hat er kein Eigentum vom PKW erlangt

2) K hat sein Eigentum auch dann nicht verloren, als der PKW an B verkauft wurde
- Grund hierfür ist die Tatsache, dass W nicht Eigentümer des PKW ist
  • B hätte nur Eigentum erworben, wenn die Verfügung des W mit Einwilligung des K erfolgt wäre (§ 185 I BGB)
=> dies ist hier nicht der Fall, die Einbehaltung des KFZ-Briefes steht dem entgegen
oder
  • wenn B hinsichtlich des Eigentums bzw. der Verfügungsbefugnis des W im guten Glauben gewesen wäre (§ 932 I 1 BGB,§ 366 I HGB)
=>dies ist hier nicht der Fall, da der Beklagte grob Fahrlässig (i.S.v. § 932 II BGB) handelt => er hätte sich anhand des KFZ-Briefes über das Eigentum/ die Verfügungsbefugnis des W vergewissern müssen
(hier greift auch nicht der § 1006 BGB, da feststeht das K Eigentümer des PKW ist)

Zwerg:
- Somit kann K von B die Herausgabe des PKW verlangen

3) Fraglich jedoch ist, ob W bzw. B ein Recht zum Besitz gem. § 986 I S. 1 BGB hatte bzw. hat
W
- der Besitzer kann die Herausgabe der Sache verweigern, wenn er zum Besitz berechtigt ist
  • dies wäre nicht der Fall, wenn K vom Kaufvertrag (wegen ausbleibender Kaufpreiszahlung) zurückgetreten ist
  • W wäre dann gegenüber K nicht zum Besitz berechtigt
B
- könnte ein Recht zum Besitz in Form eines Anwartschaftsrecht gehabt haben
  • K hat dem W durch die aufschiebende Bedingung ein dingliches Anwartschaftsrecht am PKW verschafft
  • Eigentumsübertragung zwischen W und K ist fehlgeschlagen
  • Eigentumsübertragung zwischen B und W ist wirksam vollzogen worden -> wirksame Übertragung des Anwartschaftsrechts
- das Anwartschaftsrecht wäre jedoch ebenfalls hinfällig, falls K vom Kaufvertrag (K-W) zurückgetreten wär

Ergebnis:
- das angefochtene Urteil hat keinen Bestand -> der Rechtsstreit ist noch nicht zur Entscheidung reif
- das Berufungsurteil ist aufzuheben und an das Berufungsgericht zurückzuverweisen


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