Wirtschaftsprivatrecht I
Fall 3 - Versteigerung
E nimmt häufig an diversen Versteigerungen teil. Auch auf der alljährlichen Weinversteigerung des S ist E zum wiederholten Male dabei. Als S gerade Angebote für einen besonders edlen Tropfen Rotwein entgegennimmt, entdeckt E unter den Anwesenden eine alte Bekannte und winkt ihr zu. Das Winken mit der Hand signalisiert nach den deutlich ausgehängten Versteigerungsbedingungen die Abgabe eines höheren Kaufgebots. Nach dem Winken des E wird kein höheres Kaufgebot mehr abgegeben, womit E den Zuschlag zum Preis von 150 € erhält. Muss E den Wein bezahlen? Abwandlung 1: Muss E den Wein bezahlen, wenn er niemals zuvor auf einer Versteigerung gewesen ist? Abwandlung 2: Muss E 150 € bezahlen, wenn er die Hand gehoben hat, weil er irrtümlich geglaubt hat, dass das Gebot noch bei 50€ läge, obwohl es in Wirklichkeit schon bei 150 € lag? |
LösungI. Anspruch des S gegen E aus § 433 Abs. 2 BGB
1. Angebot des E
a) obj. TB: (+)
-->Heben der Hand auf Versteigerung und sichtbare Versteigerungsbedingungen
b) subj. TB
aa) Handlungswille (+)
bb) Erklärungsbewusstsein (-)
subjektives Bewusstsein erforderlich.
Potentielles Erklärungsbewusstsein erforderlich. Das besteht, wenn der Erklärende bei Anwendung der verkehrserforderlichen Sorgfalt hätte erkennen könne, dass sein Verhalten als WE aufgefasst wird. Der Konflikt wird durch die entsprechende Anwendung des Anfechtungsrechts gelöst.
cc) Geschäftswille (-)
Somit Angebot (+)
2. Annahme des S (+) durch Zuschlag
II. Somit muss E den Wein bezahlen. Abwandlung 1: I. Anspruch des S gegen E auf Zahlung aus § 433 Abs. 2 BGB Voraussetzung für die Einigung ist ein Vertragsschluss gemäß §§ 145 ff. BGB
1. Angebot des E (+)
a) objektiver Erklärungstatbestand (+)
Zwar keine ausdrückliche Erklärung, aber aus Sicht eines objektiven Beobachters konkludentes Verhalten.
b) subjektiver Erklärungstatbestand (+)
aa) Handlungswille (+)
Winken ist willensgesteuertes Verhalten
bb) Erklärungsbewusstsein (+)
Es gehört zum Allgemeinwissen, dass das Handheben auf einer Versteigerung die Abgabe eines Gebots beinhaltet (Ausführungen s.o.).
cc) Geschäftswille
Keine Wirksamkeitsvoraussetzung.
2. Annahme des S mit dem Zuschlag (§ 156 Abs. 1 BGB)
II. S kann Zahlung von 150 € verlangen. III. Falls E anficht analog § 119 Abs. 1 BGB Anspruch S gegen E auf Schadensersatz gemäß § 122 Abs. 1 BGB (+) Zu ersetzen ist der Vertrauensschaden: Aufwendungen, Differenz zu einem tatsächlich niedrigeren Verkaufspreis. Abwandlung 2: Problematisch ist hier nur der Geschäftswille des E. Dieser war auf 50 € gerichtet, nicht auf 150 €. Der Geschäftswille ist aber nicht notwendiger Bestandteil einer WE. E muss daher grds. 150 € zahlen, kann aber gem. § 119 Abs. 1. Alt. BGB anfechten. |
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