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Wirtschaftsprivatrecht II


Fall 27 - Staubsauger



Die Eheleute M und F leben in einem gemeinsamen Haushalt in M. Während einer mehrwöchigen Geschäftsreise des M gibt plötzlich der alte Staubsauger der F bei der Hausarbeit seinen Geist auf. Kurz entschlossen begibt sie sich deshalb zu Elektrohändler U und kauft ein neues Gerät zum Preis von 400 €. Dabei wird ein Ratenzahlungskauf von 8 Monatsraten zu 50 € vereinbart. F wird über alle erforderlichen Formalien informiert. Als M drei Wochen später von seiner Reise zurückkehrt, ist er alles andere als glücklich über die Wahl seiner Frau. Dennoch verlangt U nun Zahlung von ihm.

Rechte des M?



Lösung


Ein Anspruch des U gegen M auf Zahlung des Kaufpreises (in Raten) könnte sich aus § 433 Abs. 2 ergeben.

1. Dazu müsste zunächst ein Kaufvertrag zwischen U und M geschlossen worden sein. Direkt hat U aber nur mit F gem. § 433 über den Staubsauger kontrahiert. M könnte jedoch auch aus diesem Geschäft verpflichtet sein, wenn die Voraussetzungen des § 1357 Abs. 1 eingreifen.

a) Dann müsste es sich um ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs handeln. Der Begriff des Lebensbedarfs i.S.d. § 1357 ist an das Unterhaltsrecht gem. § 1360a angelehnt und wird dementsprechend weit gefasst. Jedenfalls fallen darunter sämtliche Gegenstände, die nach den persönlichen Verhältnissen der Eheleute erforderlich sind, die Bedürfnisse der Haushaltsführung abzudecken. Der Kauf eines Staubsaugers, der zur Reinigung des gemeinsamen ehelichen Haushalts dient, stellt daher ein solches Geschäft dar.

b) Weiterhin müsste das Geschäft zur Bedarfsdeckung angemessen gewesen sein. Die Angemessenheit orientiert sich an Art und Umfang der durchschnittlichen Lebensgewohnheiten von Familien in vergleichbarer sozialer Lage. Auf die persönlichen Lebensverhältnisse der Eheleute M und F wird im Sachverhalt nicht näher eingegangen. Ein Staubsaugermodell im Wert von 400 € befindet sich zwar in einer gehobenen Preisklasse, allerdings ist zu berücksichtigen, dass es sich dabei gleichwohl um kein Luxus-, sondern ein reines Bedarfsgut handelt. Daher ist noch davon auszugehen, dass das mit U geschlossene Geschäft der F nach den konkreten Umständen keine vorherige Absprache mit M erfordert hätte und somit angemessen i.S.d. § 1357 Abs. 1 S.1 war. Damit hat F auch M durch ihren Vertragsschluss im Rahmen der gesetzlichen Verpflichtungsermächtigung des § 1357 verpflichtet. Auf eine Vertretungsmacht der F nach § 164 oder die Offenkundigkeit bei Abgabe ihrer entsprechenden Willenserklärung kam es damit nicht an.

2. Der von F geschlossene Vertrag müsste aber auch grundsätzlich wirksam sein. Zumal F den Vertrag in Form eines Ratenzahlungsgeschäfts vereinbart hat, könnten die Voraussetzungen der §§ 501 i.V.m. 492 Abs.1 S.1 bis 4, Abs. 2 und 3, 502 Abs. 1 beachtlich sein. U hat hier als Unternehmer i.S.d. § 14 gehandelt, während F als Verbraucherin gem. § 13 aufgetreten ist. Der persönliche Anwendungsbereich für verbraucherrechtliche Finanzierungshilfen nach §§ 499 ff. ist damit eröffnet. Ebenso liegt ein Teilzahlungsgeschäft nach § 499 Abs. 2 vor. Infolgedessen waren von U bei Vertragsschluss die umfangreichen formellen Anforderungen der §§ 501 i.V.m. § 492 und § 502 zu erfüllen. Nach den Sachverhaltsangaben wurden sämtliche Formalien eingehalten. Damit ist der geschlossene Vertrag auch in dieser Hinsicht wirksam.

3. Fraglich ist aber, ob sich nun M sich von dem Vertrag nach § 501 i.V.m. §§ 495 Abs. 1, 355 wieder lösen kann. Problematisch ist insofern, ob ein mögliches Widerrufsrecht des M aufgrund der Wirkung des § 1357 an das Widerrufsrecht der F gebunden und mit diesem gleichlaufen würde. Wegen der ordnungsgemäßen Belehrung der F wäre ein solches Widerrufsrecht zum Zeitpunkt der Rückkehr des M drei Wochen nach dem Vertragsschluss und der Übergabe des Staubsaugers nämlich bereits gem. § 355 Abs. 1 S. 2 verfristet. Zur Lösung des Konflikts zwischen § 1357 einerseits und § 501 i.V.m. 495 Abs. 1, 355 werden verschiedene Lösungen vorgeschlagen.

a) Nach einer Ansicht ist der Wertung des § 1357 der Vorrang zu geben, zumal anderenfalls dessen Bedeutung erheblich reduziert würde (Schanbacher, NJW 1994, S. 2335, (2336). Dann stünde M kein Widerrufsrecht mehr zu.

b) Die Gegenansicht befürwortet hingegen eine Privilegierung des mitverpflichteten Ehegatten, indem entweder § 1357 auf die Fälle der §§ 491 ff., §§ 499 ff. überhaupt nicht angewendet werden soll oder zumindest eine eigene Belehrung gegenüber dem mithaftenden Ehegatten für den Fristbeginn vorausgesetzt wird (vgl. Palandt, § 1357, Rn. 11).

c) Der letztgenannten Sichtweise ist zu folgen. Anerkannt ist, dass die Vorschriften der §§ 491 ff. auch dann analog anzuwenden sind, wenn ein Schuldbeitritt durch einen Verbraucher zu einem Vertrag erfolgt, der Darlehens- oder Teilzahlungscharakter hat (vgl. BGH, NJW 1996, S. 2156). Dann erscheint es aber wertungswidersprüchlich einen ausdrücklich als Gesamtschuldner Beitretenden durch die hohen formellen Anforderungen der §§ 501 i.V.m. §§ 492 Abs. 1 S.1 bis S. 4, Abs. 2 und 3, § 502 Abs. 1 zu schützen, einen Ehegatten aber über § 1357 ohne jede Belehrung haften zu lassen. Um die auf Gläubigerschutz gerichtete Regelung des § 1357 dennoch zu berücksichtigen ist jedoch der Ansatz vorzuziehen, grundsätzlich eine Verpflichtung über § 1357 anzunehmen, den Lauf der Widerrufsfrist aber bis zur eigenen Belehrung zu hemmen.

Demzufolge hat M mangels Belehrung ihm gegenüber auch drei Wochen nach Übergabe des Staubsaugers noch ein Widerrufsrecht gegenüber U, das dessen Kaufpreisanspruch aus § 433 Abs. 2 zum Erlöschen bringen kann.













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