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Wirtschaftsprivatrecht II

Inhalt der Verträge

Teil 3: Allgemeine Geschäftsbedingungen

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A. Vorliegen von AGB

Überblick
Gemäß § 305 Abs. 1 S. 1 BGB sind AGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrages stellt.
Vertragsbedingungen sind alle Regelungen, die sich auf den Abschluss oder den Inhalt eines Vertrages beziehen. Äußere Form und Umfang sind unerheblich, § 305 Abs. 1 S. 2. Allerdings kann im Einzelfall zweifelhaft sein, ob eine rechtsgeschäftliche Erklärung oder eine rechtlich unverbindliche Äußerung vorliegt. Hier ist auf den Eindruck abzustellen, den die Erklärung beim Empfänger hervorruft.

Siehe hierzu auch folgendes Urteil:
BGH, U. v. 23.3.1988 VIII ZR 175/87

Die Vertragsbedingung muss schon vor Vertragschluss vollständig formuliert und abrufbar sein (sog. Vorformulierung). Auf die Form der Speicherung (z.B. Schriftstück, PC-Speicherung) kommt es nicht an.

Siehe hierzu auch folgendes Urteil
BGH, U. v. 30.9.1987, IVa ZR 6/86

Dies bedeutet nicht, dass die AGB bereits mehrfach verwendet wurden. Es ist vielmehr auf die Absicht des Verwenders abzustellen, auch wenn es tatsächlich nur zur einmaligen Verwendung kommt. Eine mindestens dreifache Verwendungsabsicht wird von der h.M. verlangt. Zu beachten ist allerdings § 310 Abs. 3 Nr. 2 BGB bei Verbraucherverträgen.

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Vertragsbedingungen sind einseitig vom Verwender gestellt, wenn sie vom Verwender in den Vertrag eingebracht werden (für Verbraucherverträge § 310 Abs. 3 BGB beachten) und nicht individuell ausgehandelt sind. Einseitig gestellte Vertragsbedingungen liegen vor,
  • bei nur formularmäßigen Bestätigungen des Kunden,die Klauseln seien ausgehandelt
  • wenn Kunde formalisierte Wahlmöglichkeit zwischenverschiedenen Klauseln hat, die Varianten selbst aber nicht abänderbar sind.

Nicht einseitig gestellt sind Vertragsbedingungen,
  • wenn eine zunächst einseitig gestellte Klausel vom Verwender auf Drängen des Vertragspartners abgeändert wurde
  • wenn der Verwender die Klausel ernsthaft zur Disposition stellt und dem Vertragspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt. Die tatsächliche Möglichkeit muss bestehen, den Inhalt beeinflussen zu können.



BGH, U.v. 25.6.1992, VII ZR 128/91: (…)
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH liegt ein Aushandeln dann vor, wenn der Verwender den in seinen AGB enthaltenen “gesetzesfremden” Kerngehalt, also die den wesentlichen Inhalt der gesetzlichen Regelung ändernden oder ergänzenden Bestimmungen inhaltlich ernsthaft zur Disposition stellt und dem Verhandlungspartner Gestaltungsfreiheit zur Wahrung eigener Interessen einräumt mit zumindest der realen Möglichkeit, die inhaltliche Ausgestaltung der Vertragsbedingungen beeinflussen zu können (Senat, NJW-RR 1987, 144 (…); Senat, NJW 1992, 1107 (…), jeweils m. w. Nachw.). Es genügt nicht, wenn der Verwender den Inhalt einer Klausel lediglich erläutert und erörtert und dies den Vorstellungen des Partners entspricht.

bb) Diese Rechtsprechung hat das BerGer. nicht hinreichend beachtet. Der Aussage des Zeugen G ist nicht zu entnehmen, der Bekl. zu 1 sei im Laufe des Gesprächs mit einer Änderung der von ihm formulierten Klausel über Beginn und Dauer der Gewährleistungsfrist auf Wunsch des Ehemanns der Kl. einverstanden gewesen. Der Ehemann der Kl. hat eine Änderung der vorgeschlagenen Klausel trotz der Erörterung weder erbeten noch gar durchgesetzt. In der Schilderung des Zeugen über den Verhandlungsgang spricht nichts dafür, der Bekl. zu 1 habe die von ihm vorgeschlagene Klausel über Beginn und Dauer der Verjährungsfrist für seine Haftung ernsthaft zur Disposition gestellt. Der Hinweis auf unterschiedliche mögliche Gewährleistungsfristen genügt dafür nicht. Der Bekl. zu 1 hat den Ehemann der Kl. vielmehr mit rechtlich unzutreffenden Erwägungen zu gewinnen gesucht, der Klausel im Hinblick auf einen angeblich sachgerechten Gleichlauf der Haftung des Architekten mit der der Bauhandwerker zuzustimmen. Die Darstellung des Zeugen über das Verhandlungsergebnis läßt allenfalls darauf schließen, der Ehemann der Kl. habe die Klausel angesichts der vermeintlich zutreffenden Erläuterungen akzeptiert. Ein solches Einvernehmen eines Vertragspartners stellt jedoch keine individuell gestaltete und damit ausgehandelte Vereinbarung über die Dauer der Verjährungsfrist dar.



Vertragsbedingungen müssen vor, spätestens bei Vertragsabschluss gestellt werden. Klauseln auf Rechnungen und Lieferscheinen gelten nicht.

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B. Einbeziehung in den Vertrag

§ 305 Abs. 2 Nr. 1 BGB
Die wirksame Einbeziehung von AGB in den Vertrag richtet sich nach § 305 Abs. 2 BGB. Sie ist kein besonderes Rechtsgeschäft, sondern ein Teil des Vertrages. Gem. § 305 Abs. 2 Nr. 1 Alt. BGB muss spätestens bei Vertragsschluss ausdrücklich darauf hingewiesen werden, dass die AGB Vertragsbestandteil werden sollen. Der Hinweis kann mündlich und schriftlich auf der Vertragsurkunde selbst erfolgen. Bei Vertragsschluss im Internet bzw. im elektronischen Geschäftsverkehr bedarf es eines entsprechenden Hinweises z.B. auf der Website des Anbieters.

Die Ausnahmeregelung des 305 Abs. 2 Nr. 1 2. Alt. BGB lässt auch einen „deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses genügen. Dies ist jedoch nur zulässig, falls der ausdrückliche Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses auf unverhältnismäßige Schwierigkeiten stößt. Dies gilt bei Massengeschäften des täglichen Lebens, wie z.B. Verträge an der Kinokasse und in Fällen des automatischen Vertragsschlusses ohne Anwesenheit des Verwenders (z.B. Warenautomaten, Schließfächer etc.). Der Aushang muss derart gestaltet sein, dass er dem Kunden ohne weiteres auffällt. Der Ort des Vertragschlusses ist, wo der Kunde die Entscheidung über den Abschluss des Vertrages trifft. Der Kunde muss in zumutbarer Weise von dem Inhalt der AGB Kenntnis nehmen können, § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Dies bedeutet, dass die AGB grds. für den Durchschnittskunden mühelos lesbar (keine ungewöhnlich kleine Schriftgröße) und ohne übermäßigen Zeitaufwand zu verstehen (keine gehäufte und gezielte Verwendung von Fachausdrücken um den Regelungsgehalt der AGB zu verschleiern) sein müssen. Des Weiteren muss der Verwender eventuelle für ihn erkennbare körperliche Behinderungen der anderen Vertragspartei berücksichtigen. (Bsp.: Gegenüber Menschen mit Sehbehinderung müssen AGB in akustischer Form zugänglich gemacht werden).

Der Vertragspartner muss sich mit der Geltung der AGB ausdrücklich oder konkludent einverstanden erklären, § 305 Abs. 2 a.E. BGB. Verwenden beide Seiten voneinander abweichende AGB, dann decken sich die Willenserklärungen insoweit nicht, als die AGB voneinander abweichen. Grds. gilt gem. § 150 Abs. 2 BGB die abweichende Annahme als Ablehnung des Angebots verbunden mit einem neuen Antrag. Führen die Parteien den Vertrag jedoch aus,geben sie zu erkennen, dass sie den Vertrag nicht an der Divergenz der AGB scheitern lassen wollen. Die AGB gelten daher insoweit, als sie übereinstimmen (BGH NJW 1985, 1839; 1991, 1606).

Siehe hierzu auch folgende Entscheidung:
BGH, U. v. 20.3.1985 – VIII ZR 327/83

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C. Überraschende Klauseln

§ 305 c Abs. 1 BGB
Die Einbeziehung der AGB kann trotz vorliegen aller Voraussetzungen an § 305 c Abs. 1 BGB scheitern, wenn es sich um sog. überraschende Klauseln handelt. Solche Klauseln liegen vor, wenn sie „nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrages so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht“. Das Überraschungsmoment kann sich hierbei sowohl auf den Inhalt, als auch auf die äußere Form beziehen.

D. Folgen bei Nichteinbeziehung

§ 306 BGB
Die Folgen einer unwirksamen Einbeziehung sind in §306 BGB geregelt. Scheitert die Einbeziehung der AGB an § 305 Abs. 2 BGB oder § 305 c Abs. 1 BGB, bleibt der restliche Vertrag grds. wirksam. Statt der nicht einbezogenen AGB gilt die dispositive gesetzliche Regelung (Bsp. Gewährleistungs-ausschluss beim Kaufvertrag wird durch die gesetzliche Regelung der §§ 434 ff. BGB ersetzt). Eine Ausnahme besteht nach § 306 Abs. 3 BGB bei unzumutbarer Härte; hier nimmt das Gesetz Gesamtunwirksamkeit an. Die Vorschrift ist als Ausnahmeregelung jedoch sehr eng auszulegen.

E. Auslegung der AGB

Auslegungsregeln
Sind AGB unklar, so muss zunächst durch Auslegung ihr Inhalt bestimmt werden. Es gelten grds. die Auslegungsregeln für das Rechtsgeschäft, also einfache Auslegung (§§ 133, 157 BGB) und ergänzende Auslegung. Individualabreden zwischen den Vertragsparteien, die den AGB entgegenstehen haben Vorrang, § 305 b BGB. Ist eine Klausel der AGB auch unter Berücksichtigung aller zur Auslegung heranzuziehenden Umstände weiterhin unklar und sind mindestens zwei Auslegungsvarianten rechtlich vertretbar, so gilt das Auslegungsergebnis, das für den Verwender ungünstiger und für den Kunden günstiger ist, § 305 c Abs. 2 BGB.

F. Inhaltskontrolle

§ 305 c Abs. 1 BGB
Wirksam in den Vertrag einbezogene AGB unterliegen der Inhaltskontrolle nach §§ 307-309 BGB, wenn von der dispositiven gesetzlichen Regelung abgewichen wird oder diese ergänzt wird, § 307 Abs. 3 BGB. Nicht zur Inhaltskontrolle führen daher die wörtliche oder sinngemäße Übernahme der gesetzlichen Regelung in die AGB und bloße Leistungsbeschreibungen, welche keine rechtlichen Gehalt haben (z.B. Preisvereinbarungen, Angemessenheit des Preis-Leistungs-Verhältnisses).

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Das Gesetz enthält einzelne Klauselverbote (§§ 308,309), eine Generalklausel (§ 307 Abs. 1, 2) und ein Umgehungsverbot (§ 306 a).

1. Anwendbarkeit der Inhaltskontrolle

§ 310 BGB
Für den in § 310 Abs. 1 BGB genannten Personenkreis sind die §§ 308, 309 nicht anwendbar. Allerdings sind Klauselkataloge im Rahmen der Generalklausel (§ 307 BGB) zu berücksichtigen. Ein Verstoß gegen §§ 308, 309 BGB hat daher Indizwirkung für die Unangemessenheit der Klausel nach § 307 BGB.

2. Prüfungsreihenfolge
a. Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit

§ 305 c Abs. 1 BGB

Ein Verstoß gegen die in § 309 BGB aufgeführten Klauselverbote ohne Wertungsmöglichkeit führt automatisch zur Nichtigkeit der betreffenden Klausel.
Katalog der Klauselverbote:

  • Preiserhöhungenbei Leistungen innerhalb von vier Monaten nach Vertragsschluss, Nr. 1
    • Ausnahme bei Dauerschuldverhältnissen
  • Ausschluss oder Einschränkung von Leistungsverweigerungsrechten (§§ 273, 320 BGB), Nr. 2
  • Ausschluss des Aufrechnungsverbots bei unbestrittenen oder rechtskräftigen Forderungen, Nr. 3
  • Freistellung von Verpflichtung zu Mahnung oder Leistungs- oder Nacherfüllungsanspruch, Nr. 4
  • Pauschalierung von Schadensersatz- oder Wertminderungsansprüchen, wenn 
    • Pauschalierung den typischen Schaden übersteigt
  • Verweigerung des Nachweises geringeren Schadens, Nr. 5
  • Versprechen einer Vertragsstrafe bei Nichtabnahme, Annahme- oder Zahlungsverzug sowie Lösung vom Vertrag, Nr. 6
  • Haftungssausschluss oder -begrenzung
    • Bei fahrlässiger Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit
    • Bei sonstiger grob fahrlässiger Rechtsgutverletzung, Nr. 7
    • Ausnahme bei öffentlichen Personenbeförderungsverträgen
  • Haftungsausschlüsse bei Pflichtverletzungen
    • Ausschluss des Vertragslösungsrechtsdes anderen Teils
    • Bei Mängelansprüchen für neue Sachen oder Werke
      • Ausschluss und Verweisung auf Dritte
      • Beschränkung auf Nacherfüllung
      • Ausschluss der Nacherfüllungskosten
      • Vorenthalten der Nacherfüllung bis zur Zahlung
      • Ausschlussfrist für Mängelanzeigen unter einem Jahr
      • Erleichterung der Verjährung unter einem Jahr, Nr. 8
  • Laufzeit bei Dauerschuldverhältnissen
    • Bindung über mehr als zwei Jahre
    • Stillschweigende Verlängerung um jeweils mehr als ein Jahr
    • Längere Kündigungsfrist als drei Monate, Nr. 9
    • Ausnahme: Lieferung zusammengehörig verkaufter Sachen, Versicherungs-und Urheberrechtsverträge
  • Wechsel des Vertragspartnersbei Kauf-, Dienst- oder Werkverträgen, Nr. 10
    • Ausnahme: Namensnennung des Dritten im Vertrag oder Vertragslösungsrecht des anderen Teils
  • Haftung des Abschlussvertreters
    • auf eigene Haftung oder Einstandspflicht
    • auf über § 179 BGB hinausgehende Haftung bei vollmachtloser Vertretung, Nr. 11
  • Änderung der Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils
    • für Umstände im Verantwortungsbereich des Verwenders
    • durch Bestätigung bestimmter Tatsachen
  • Ausnahme: unterschriebene Empfangsbestätigung, Nr. 12
  • Verpflichtung zu strengerer Form als Schriftform für Anzeigen und Erklärungen, Nr. 13


b. Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit

§ 308 BGB
Bei einem Verstoß gegen die Klauselverbote mit Wertungsmöglichkeit aus § 308 BGB wird der Vertragspartner des Verwenders regelmäßig unangemessen benachteiligt, der Verstoß führt somit regelmäßig zur Unwirksamkeit der Klausel. Allerdings besteht in den Fällen des § 308 BGB ein richterlicher Beurteilungsspielraum, im Einzelfall aufgrund von Besonderheiten eine Klausel trotzdem für wirksam zu erachten. Im Zweifel ist eine umfassende Interessenabwägung durchzuführen.

Katalog der Klauselverbote:
  • Unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Annahme- und Leistungsfrist, Nr. 1
  • Unangemessen lange oder nicht hinreichend bestimmte Nachfrist, Nr. 2
  • Rücktrittsvorbehalt ohne sachlich gerechtfertigten Grund, Nr. 3
    • Ausnahme bei Dauerschuldverhältnissen
  • Unzumutbarer Änderungs- und Abweichungsvorbehalt, Nr. 4
  • Fingierte Erklärungen, Nr. 5
    • Ausnahmen:
  • Angemessene Frist zur Abgabe einer ausdrücklichen Erklärung
  • Verpflichtung zu Hinweis auf besondere Bedeutung des Verhaltens
    • Gilt nicht bei bestimmten Bauleistungen (VOB/B)
  • Fiktion des Zugangs, Nr. 6
  • Unangemessen hohe Nutzungsvergütung oder Aufwendungsersatz bei Rücktritt oder Kündigung, Nr. 7
  • Bei Nichtverfügbarkeit der Leistung fehlende Verpflichtung des Verwendung trotz Rücktrittsvorbehalt (Nr. 3) zur
    • Unverzügliche Information über Nichtverfügbarkeit
    • Unverzüglichen Erstattung der Gegenleistung, Nr. 8



c. Generalklausel
3. Umgehungsverbot
G. Folgen bei Unwirksamkeit
H. Besonderheiten bei Verbraucherverträgen



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