Diogenes aus Sinope (412 - 323 v. Chr.) ist wohl der bekannteste Kyniker. Er lehnte das Streben nach materiellem Besitz ab und verachtete gesellschaftliche Konventionen. Doch wie viele andere seiner Zeit prägte er seine Philosophie nicht nur, sondern lebte sie. Seine überlieferten Anekdoten regen sogar noch heute viele Menschen zum Nachdenken an und haben eine belehrende Wirkung.
"Als er einen Jüngling erröten sah, sagte er: "Mut, mein Sohn, das ist die Farbe der Tugend.""
Diogenes sieht das Empfinden von Scham als tugendhaft an. Denn dieses Gefühl ist ein Charakterzug moralischer und anständiger Menschen.
Ohne Zweifel trifft Diogenes' Auffassung zu. Ein skrupelloser Mensch schämt sich für nichts. Dies beweisen zahlreiche Beispiele aus der Geschichte.
Wenn wir nicht mehr erröten könnten, hätten wir wahrscheinlich jegliche Sittlichkeit verloren und wären zur verdorbenen Seite der Welt gewechselt.
Auch in der Natur gibt es dafür ein Beispiel, den Mutterinstinkt. Genau wie dieser dem Tier angeboren ist, trifft das auch für die Scham bei tugendhaften Menschen zu. Hierbei sind die Moral- und Wertvorstellungen des Menschen mit der Tiermutter, die das Leben ihrer Jungen sichern will, gleichzusetzen. Beides zeugt von äußerster Tugend.
Nachdem zehntausende Menschen die DDR verlassen hatten, sprach das ehemalige Politbüromitglied Günter Schabowski als einziger von einer "quälende[n]" und "zutiefst beschämenden" Situation. Ihm wurde klar, dass die Politik, die unter anderem er geprägt hatte, versagt hatte.
Der irisch-britische Satiriker und Nobelpreisträger George Bernard Shaw (1856 -1950) sagte einst: "Je mehr ein Mensch sich schämt, desto anständiger ist er.". Wie Diogenes war auch er der Meinung, dass ein vorhandenes Gefühl von Scham die Anständigkeit des Menschen nach sich zieht.
Diogenes aus Sinope will uns vor Augen führen, dass es keine Schande ist, sich zu schämen. Im Gegenteil! Nur Menschen, die Sittlichkeit besitzen, verfügen über diese Fähigkeit.