Beendigung des Insolvenzverfahrens
A. Aufhebung
Nach Abschluss des Insolvenzverfahrens aufgrund Zweckerreichung erfolgt die Aufhebung durch Beschluss des Insolvenzgerichts. Sobald die Schlussverteilung vollzogen ist, beschließt das Insolvenzgericht die Aufhebung des Insolvenzverfahrens (§ 200 Abs. 1 InsO). Der Beschluss und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekanntzumachen (§ 200 Abs. 2 InsO). Eine Aufhebung findet ebenso statt nach rechtskräftiger Bestätigung des Insolvenzplans (§ 258 Abs. 1 InsO). Vor der Aufhebung hat der Verwalter die unstreitigen fälligen Masseansprüche zu berichtigen und für die streitigen oder nicht fälligen Sicherheit zu leisten (§ 258 Abs. 2 S. 1 InsO). Der Beschluss und der Grund der Aufhebung sind öffentlich bekanntzumachen (§ 258 Abs. 3 S. 1 InsO). |
B. Einstellung
Die Einstellung, also die vorzeitige Beendigung des Verfahrens, erfolgt zum einen mangels Masse nach § 207 InsO, wenn sich nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens herausstellt, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken (§ 207 Abs. 1 S. 1 InsO). Die Einstellung unterbleibt, wenn ein ausreichender Geldbetrag vorgeschossen wird oder die Kosten gestundet werden (§ 207 Abs. 1 S. 2 InsO). Vor der Einstellung sind die Gläubigerversammlung, der Insolvenzverwalter und die Massegläubiger zu hören (§ 207 Abs. 2 InsO). Der Insolvenzverwalter hat keine Befugnis, gegen die Fortsetzung des Insolvenzverfahrens Beschwerde zu erheben, wenn damit ein von ihm gestellter Antrag, das Verfahren mangels Kostendeckung einzustellen, abgelehnt worden ist [BGH ZIP 2007, 134]. Darüber hinaus erfolgt eine Einstellung des Verfahrens, wenn eine die sonstigen Masseverbindlichkeiten deckende Masse nicht vorhanden ist, § 208 InsO. Sind die Kosten des Insolvenzverfahrens gedeckt, reicht die Insolvenzmasse jedoch nicht aus, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen, so hat der Insolvenzverwalter dem Insolvenzgericht anzuzeigen, dass Masseunzulänglichkeit vorliegt (§ 208 Abs. 1 S. 1 InsO). Gleiches gilt, wenn die Masse voraussichtlich nicht ausreichen wird, um die bestehenden sonstigen Masseverbindlichkeiten im Zeitpunkt der Fälligkeit zu erfüllen (§ 208 Abs. 1 S. 2 InsO). Eine Definition der sonstigen Masseverbindlichkeiten findet sich in § 55 InsO. Forderungen i.S.d. § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO, sogenannte Neumasseverbindlichkeiten, sowie Altmasseverbindlichkeiten i.S.d. § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO könnnen nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit nach § 208 Abs. 1 InsO nicht mehr mit der Leistungsklage verfolgt werden [BGH ZIP 2008, 2284]. Für die Abgrenzung von Altmasseverbindlichkeiten zu Neumasseverbindlichkeiten ist ausschließlich der Zeitpunkt maßgebich, in dem die Masseverbindlichkeit begründet worden ist; auf den Entstehungsgrund der Forderung kommt es nicht an [BGH ZIP 2006, 1004, 1006]. Die vollstreckungsrechtlichen Folgen der Anzeige sind in § 210 InsO geregelt. Sobald der Insolvenzverwalter die Masseunzulänglichkeit angezeigt hat, ist die Vollstreckung wegen einer Masseverbindlichkeit im Sinne des § 209 Abs. 1 Nr. 3 InsO unzulässig (§ 210 InsO). Das Vollstreckungsverbot nach § 210 InsO ist auf das Rangverhältnis zwischen den ersten Rang zu berichtigenden Kosten, § 209 Abs. 1 Nr. 1 InsO und den im zweiten Rang zu berichtigenden sog. Neumasseverbinlichkeiten, § 209 Abs. 1 Nr. 2 InsO entsprechend anzuwenden [BGH ZIP 2006, 1999, 2000; 1004]. Nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit ist ein Erlass eines Kostenfestsetzungsbeschlusses zugunsten eines sog. Altmassegläubigers unzulässig, auch zugunsten eines Neumassegläubigers [BGH ZIP 2008, 1035]. Bei Masseunzulänglichkeit ist grds. davon auszugehen, dass die Kosten eines Rechtsstreits nicht aus der verwalteten Vermögensmasse aufgebracht werden können [BGH ZIP 2008, 1035]. Die Einstellung des Verfahrens erfolgt gemäß § 211 InsO. Sie ist nicht mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar [BGH MW 2007, 555]. Die Insolvenzanfechtung bleibt auch nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit zulässig [BGH ZIP 2001, 1777]. Bei einer Bürgschaft entfällt das Recht, Zahlung auf erstes Anfordern zu verlangen, dem Gläubiger stehen die Rechte aus einer gewöhnlichen Bürgschaft zu [BGH NJW 2002, 3170]. Weiterer Einstellungsgrund ist der Wegfall des Eröffnungsgrundes auf Antrag des Schuldners. Das Insolvenzverfahren ist auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn gewährleistet ist, dass nach der Einstellung beim Schuldner weder Zahlungsunfähigkeit noch, soweit die Überschuldung Grund für die Eröffnung des Insolvenzverfahrens ist, Überschuldung vorliegt (§ 212 S. 1 InsO). Darüber hinaus erfolgt eine Einstellung mit Zustimmung der Gläubiger nach § 213 InsO. Danach ist das Insolvenzverfahren auf Antrag des Schuldners einzustellen, wenn er nach Ablauf der Anmeldefrist die Zustimmung aller Insolvenzgläubiger beibringt, die Forderungen angemeldet haben (§ 213 Abs. 1 S. 1 InsO). Bei Gläubigern, deren Forderungen vom Schuldner oder vom Insolvenzverwalter bestritten werden und bei absonderungsberechtigten Gläubigern entscheidet das Insolvenzgericht nach freiem Ermessen, inwieweit es einer Zustimmung dieser Gläubiger oder einer Sicherheitsleistung gegenüber ihnen bedarf (§ 213 Abs. 1 S. 2 InsO). |
C. Rechtsfolgen
Mit der Beendigung des Insolvenzverfahrens erhält der Insolvenzschuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis zurück. Er kann über die Gegenstände aus der Insolvenzmasse, die nicht verwertet worden sind, wieder frei verfügen. Unwirksame Verfügungen werden wirksam nach § 185 Abs. 2 BGB. Der Schuldner ist dagegen nicht berechtigt, einen bisher vom Insolvenzverwalter geführten Anfechtungsprozess weiterzuführen, weil er hinsichtlich des geltend gemachten Rückgewähranspruchs nicht dessen Rechtsnachfolger i.S.d. § 239 ZPO ist. Denn der Insolvenzschuldner ist weder außerhalb noch innerhalb des Insolvenzverfahrens berechtigt, eigene Rechtshandlungen oder gegen ihn gerichtete Rechtshandlungen seiner Gläubiger nach den §§ 129 ff. InsO anzufechten. Als weitere Rechtsfolge verlieren die Insolvenzorgane, d.h. die Gläubigerversammlung, der Gläubigerausschuss und der Insolvenzverwalter ihre Befugnisse. Weiterhin sind die Gläubiger hinsichtlich ihres Vorgehens gegen den Insolvenzschuldner nicht mehr beschränkt; sowohl das Prozessverbot gemäß § 87 InsO als auch das Vollstreckungsverbot gemäß § 89 InsO entfallen. Es gilt das sog. Recht der freien Nachforderung. |