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Informationsrecht
Fall 7 - Skiurlaub
Die C ist eine Tochter des verstorbenen Fürsten von Monaco. B verlegt die Zeitschrift „Frau im Spiegel”. In der Ausgabe Nr. 9/2002 vom 20. 2. 2002 dieser Zeitschrift wurde berichtet, dass der Fürst von Monaco erkrankt sei. Bebildert war der Bericht unter anderem mit einer Fotografie, welche die C im Skiurlaub neben ihrem Ehemann auf der Straße in St. Moritz zeigt. In der Ausgabe Nr. 9/2003 vom 20. 2. 2003 berichtete die Zeitschrift erneut über einen Winterurlaub der C in St. Moritz unter Beifügung eines Bildes, das die C und ihren Ehemann auf öffentlicher Straße in St. Moritz unter vielen Menschen zeigt. In der Ausgabe Nr. 12/2004 vom 11. 3. 2004 berichtete das Blatt über den bevorstehenden „Rosenball” in Monaco; dieser Bericht wurde unter anderem mit einer Aufnahme illustriert, welche die C und ihren Ehemann in einem öffentlichen Zweier-Sessellift in Z. in Skikleidung zeigt. C verlangt von B, es zu unterlassen, diese Aufnahmen erneut zu veröffentlichen. Zu Recht? |
Lösungshinweise
1. Bildnisse einer Person dürfen grundsätzlich nur mit deren Einwilligung verbreitet werden (§ 22 Satz 1 KUG). Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein dem Abgebildeten die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise er der Öffentlichkeit imBild vorgestellt wird.
Im Übrigen ist auch bei Personen, die unter dem Blickpunkt des zeitgeschichtlichen Ereignisses im Sinn des § 23
Abs. 1 Nr. 1 KUG an sich ohne ihre Einwilligung die Verbreitung ihres Bildnisses dulden müssten, eine Verbreitung der Abbildung nicht zulässig, wenn hierdurch berechtigte Interessen des Abgebildeten verletzt werden (§ 23 Abs. 2 KUG). Mithin kommt eine Ausnahme vom Erfordernis der Einwilligung grund-sätzlich nur in Betracht, wenn die Berichterstattung ein Ereignis von zeitge-schichtlicher Bedeutung betrifft. Dies umfasst vor allem im Hinblick auf den Informationsbedarf der Öffentlichkeit nicht nur Vorgänge von historisch-politischer Bedeutung, sondern ganz allgemein das Zeitgeschehen, also alle Fragen von allgemeinem gesellschaftlichem Interesse und wird mithin vom Interesse der Öffentlichkeit bestimmt.
2. Zum Kern der Presse- und der Meinungsbildungsfreiheit gehört es, dass die Presse in den gesetzlichen Grenzen einen ausreichenden Spielraum besitzt, innerhalb dessen sie nach ihren publizistischen Kriterien entscheiden kann, was
öffentliches Interesse beansprucht, und dass sich im Meinungsbildungsprozess herausstellt, was eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ist. Soweit der Pressedieses Recht nur "in bestimmten Grenzen" zugestanden wird, bedarf es einer Abwägung zwischen Pressefreiheit und Informationsrecht der Öffentlichkeit einerseits und dem Schutz der Privatsphäre. Auch wenn die Presse zur Wahrung der Pressefreiheit und zur Vermeidung einer vom Grundgesetz untersagten Zensur selbst
nach publizistischen Kriterien entscheiden darf, worüber sie berichten will, kann sie sich damit nicht der Abwägung mit der geschützten Privatsphäre derjenigen entziehen, über die sie berichten will.
3. Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den Informationsbelangen der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen desto schwerer, je geringer der In-formationswert für die Allgemeinheit ist. Das Interesse der Leser an bloßer Unterhaltung hat gegenüber dem Schutz der Privatsphäre regelmäßig ein geringeres Gewicht und ist nicht schützenswert.
4. Das in der Zeitschrift veröffentlichte Bild war einem Bericht über den Winterurlaub beigefügt und zeigt die oben genannten Personen auf öffentlicher Straße unter vielen Menschen. Zwar darf die Presse grundsätzlich selbst darüber bestimmen, was sie für berichtenswert hält. Die Betroffenen hielten sich zudem in der Öffentlichkeit unter anderen Menschen auf.
Die Wortberichterstattung über den Urlaub betrifft aber selbst bei Anlegung eines großzügigen Maßstabs keinen Vorgang von allgemeinem Interesse und kein zeitgeschichtliches Ereignis. Auch der beanstandeten Abbildung sind kein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse und keine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis zu entnehmen. Die Aufnahme zeigt die Betroffenen imUrlaub, der auch bei "Prominenten" zum grundsätzlich geschützten Kernbereich der Privatsphäre gehört.
5. Bei der erforderlichen Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht ist nach den oben wiedergegebenen Grundsätzen der Rechtsprechung zubeachten, dass es eine entscheidende Rolle spielt, ob die Presse eine neue und wahre Information von allgemeinem Interesse für die öffentliche Meinungsbildung mitteilt oder ob der Informationswert für die Öffentlichkeit - wie hier - wesentlich in der Unterhaltung ohne gesellschaftliche Relevanz besteht (vgl. BVerfG, BVerfGE 34, 269, 283 f.; 101, 361, 390 f.; Senat, BGHZ 131, 332, 342 f.). Im letzten Fall besteht kein berücksichtigenswertes Informationsinteresse der Öffentlichkeit, das eine Bildveröffentlichung entgegen dem Willen des Abgebildeten erlaubte (§ 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG); die abgebildete Person muss die regelmäßig in der Bildveröffentlichung liegende Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre und damit ihres allgemeinen Per-sönlichkeitsrechts nicht ohne Einwilligung hinnehmen (§ 22 KUG).
Siehe hierzu auch folgende Entscheidung: VI ZR 50/06 vom 6. März 2007 |
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