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Netzanschluss

Rechtsfragen des Anschlusses an das Versorgungsnetz

Die Frage des (physischen) Netzanschlusses ist im Hinblick auf die Verbindung der
  • Letztverbraucher,
  • Erzeugungs- oder Speicheranlagen,
  • gleich- oder nachgelagerten Netze
mit einem (anderen) Netz mit unterschiedlichen Interessen- und Problemlagen verbunden. Die daraus resultierenden Rechtsfragen bedürfen - zumindest in einer teils regulierten und teils liberalisierten Verfassung der Energiemärkte - einer klaren rechtlichen Regelung. Einige beispielhafte Themen werden im nachstehenden Fallbeispiel angesprochen.

A. Grundlegende Informationen

1. Rechtsquellen
Die Frage des Netzanschlusses ist in § 17 EnWG sowie in § 18 EnWG geregelt. Dabei bestimmen die Vorschriften den grundsätzlichen Rechtsrahmen und die primären Pflichten der Netzbetreiber im Zusammenhang mit dem Anschluss an das Energienetz. Diese Pflichten sind in den Netzanschlussverordnungen geregelt: in der NAV für Stromnetze und in der NDAV für Gasnetze.

2. Anspruch auf Netzanschluss
Sofern die Voraussetzungen des § 17 bzw. des § 18 EnWG erfüllt sind, hat das am Anschluss an das Energieversorgungsnetz interessierte Rechtssubjekt einen Anspruch auf Anschluss. Dabei ist aber zu beachten, dass der Anspruch grundsätzlich nur im Sinne eines Kontrahierungszwangs zu verstehen ist. D. h. es besteht in erster Linie ein Anspruch auf Abschluss eines Vertrages, auf dessen Grundlage der Anschluss erst erfolgt.

Voraussetzungen des Anspruchs gem. § 18 EnWG sind:
1. Anspruchsteller: Letztverbraucher
2. Anspruchsgegner
      • EV-Unternehmen
      • betreibt Netz der allgemeinen Versorgung
3. Vorbehalt der wirtschaftlichen Zumutbarkeit, § 18 Abs. 1 S. 2 EnWG
4. keine Ausnahme des § 18 Abs. 2 EnWG
Vgl. im Detail folgende Darstellung. Zum Anspruch gem. § 17 EnWG vgl. diesen Aufbau.




B. Fallbeispiel
A hat ein Grundstück mit 5 ha Wald und einer Waldhütte gekauft. Nach Streit mit seiner Ehefrau möchte er die Familienwohnung verlassen und dauerhaft in der Waldhütte wohnen. Bis auf einen Stromanschluss ist die Hütte durchaus so ausgestattet, dass sie bewohnt werden könnte. Deshalb möchte A vom örtlichen Energieversorger EV verlangen, dass er einen Stromanschluss in der Hütte erhält.

Das öffentliche Stromnetz befindet sich im 4 Kilometer entfernten Dorf. Das Dorf liegt in einer von EV komplett versorgten Gemeinde. Darin werden insgesamt 10 Häuser mit Strom versorgt.

C. Fragen
1) Kann A von EV verlangen, dass er an das Stromnetz mit einer speziell zur Waldhütte zu bauenden Stromleitung angeschlossen wird?
2) Welche Art von Anschluss kann A verlangen?
3) Unter welchen Umständen kann EV den Anschluss verweigern?
4) Welche Bedingungen darf EV stellen?


1. Antwort auf Frage 1: Kann A Anschluss an die Stromleitung verlangen?
A könnte einen Anschlussanspruch gem. § 18 EnWG gegen EV haben. § 18 ist dabei als eine gegenüber § 17 speziellere Vorschrift vorrangig zu prüfen, weil im vorliegenden Fall der Anschluss an ein Niederspannungsnetz der allgemeinen Versorgung gefragt ist und A vermutlich als Letztverbraucher zu qualifizieren ist.
Voraussetzung für einen Anschlussanspruch nach § 18 EnWG ist, dass:
    • der Anspruchsteller Letztverbraucher i.S.d. Vorschrift ist,
    • Ausnahmen des § 18 Abs. 2 EnWG dem Anspruch nicht im Wege stehen,
    • der Anschluss an ein Niederspannungs- oder Niederdrucknetz der allgemeinen Versorgung erfolgen soll und
    • dem Netzbetreiber kein Verweigerungsrecht wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit zusteht.

a. Anspruchsberechtigter - Letztverbraucher
Diesen Anspruch könnte A besitzen, wenn A ein Letztverbraucher ist. Die Definition des Letztverbrauchers wurde in § 3 Nr. 25 EnWG festgelegt. A möchte Energie für den Eigenverbrauch beziehen. Deshalb ist A gem. § 18 Abs. 1 i. V. m. als Letztverbraucher anzusehen. Deshalb ist festzustellen, dass A berechtigt ist, den Anspruch aus § 18 zu erheben.

b. Keine Ausnahmen gem. § 18 Abs. 2 EnWG
Des Weiteren darf keine Ausnahme des § 18 Abs. 2 EnWG bestehen. Dieses wäre der Fall, wenn A für die Deckung seines Eigenbedarfs eine Anlage zur Erzeugung von Elektrizität betreibt oder sich von einem Dritten an das Energieversorgungsnetz anschließen lässt. Dies ist im Sachverhalt nicht ersichtlich.

c. Anschluss an ein Netz der allgemeinen Versorgung im Niederspannungsbereich
A strebt einen Stromanschluss an Netz der allgemeinen Versorgung an. Diese allgemeinen Versorgungsnetze werden von einem Netzbetreiber im Sinne des § 3 Nr. 27 EnWG unterhalten. Es soll das Netz des Versorgungsunternehmens in Anspruch genommen werden, das in der betroffenen Gemeinde Netz unterhält. Ein gewöhnlicher Hausanschluss erfolgt auch stets aus dem Niederspannungsbereich. Demnach soll hier ein Anschluss unter den Bedingungen des § 18 Abs. 1 EnWG erfolgen.

d. Kein Verweigerungsrecht bei EV
Fraglich ist, inwiefern EV im vorliegenden Fall den Anschluss wegen wirtschaftlicher Unzumutbarkeit verweigern könnte. Zur Prüfung eines Verweigerungsgrundes muss die Unzumutbarkeit des Anschlusses bzw. der Anschlussnutzung kontrolliert werden. EV kann sich dabei ausschließlich auf Unzumutbarkeit aus wirtschaftlichen Gründen berufen.
EV könnte den Anschluss gegenüber A verweigern, wenn der Anschluss mit einem unangemessenen hohen technischen bzw. finanziellen Aufwand verbunden ist. Zu beachten bleibt, dass die Kosten für den Netzanschluss grundsätzlich auf den Letztverbraucher, also A, nach den Vorschriften der NAV abgewälzt werden können. Die Verlegung der Stromleitung zum 4 km entfernten Dorf stellen insofern dann keine wirtschaftliche Unzumutbarkeit nach § 18 Abs. 1 S. 2 EnWG dar, wenn EV die daraus resultierenden Kosten nicht tragen muss. Für eventuell unverhältnismäßigen Aufwand für die spätere Wartung des Anschlusses bestehen im Sachverhalt keine Anhaltspunkte, insofern ist festzustellen, dass trotz der großen Entfernung zum Netz der Anschluss des Hauses des A für EV nicht unverhältnismäßig ist.

Im Ergebnis besitzt A also gegenüber EV einen Anspruch auf Netzanschluss gem. § 18 Abs. 1 EnWG.


2. Antwort auf Frage 2: Welche Art von Anschluss?
Gem. § 18 EnWG kann der Anspruchsteller ausschließlich einen Anschluss an das Niederspannungs- bzw. Niederdrucknetz erwirken.

Im Bereich der Stromversorgung sind grds. 4 Netzebenen zu unterscheiden:
    • die Höchstspannung, diese umfasst eine Spannung von 220/ 380 kV, für Kraftwerke
    • die Hochspannung, 110 kV, vorwiegend Großindustrie und Schienenverkehr,
    • die Mittelspannung 10/ 20 kV, vorwiegend für Kleinindustrie,
    • die Niederspannung umfasst 230/ 400 V, betrifft insbesondere den Stromanschluss von Haushalten sowie die Lichtversorgung.
Für Höchstspannung, Hochspannung und Mittelspannung besteht ein Anspruch auf Netzanschluss gem. § 17 EnWG.


3. Antwort auf Frage 3: Wann kann der EV verweigern?
Der Energieversorger kann den Anschluss verweigern, wenn ihm dies nicht zugemutet werden kann (vgl. bereits oben). Der Maßstab der Unzumutbarkeit ist anders bei § 17 EnWG als bei § 18 EnWG. Zur Unzumutbarkeit bei § 18 EnWG vgl. folgenden Artikel.

a. Verweigerungsrecht nach § 17 Abs. 2 EnWG
Betreiber von Energieersorgungsnetzen können einen Netzanschluss verweigern, soweit sie nachweisen, dass ihnen die Gewährung des Netzanschlusses aus betriebsbedingten oder sonstigen wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist

b. Verweigerungsrecht nach § 18 Abs. 1 EnWG
Energieversorger haben die Pflicht jedermann an ihr Energieversorgungsnetz anzuschließen und die Nutzung des Anschlusses zur Entnahme von Energie zu gestatten. Diese Pflicht besteht nicht, wenn der Anschluss oder die Anschlussnutzung für den Betreiber des Energieversorgungsnetzes aus wirtschaftlichen Gründen nicht zumutbar ist.
Eine Einschränkung erfolgt hier bei Anlagen zur Erzeugung von Elektrizität zur Deckung des Eigenbedarfs. Diese haben den Verweigerungsanspruch aus § 17 EnWG Beispiel für Unzumutbarkeit: Extremes Missverhältnis zwischen den zu erwartenden (laufenden) tatsächlichen Kosten des Netzbetreibers und durch Netzentgelte und Baukostenzuschüsse zu erwirtschaftenden Erlösen.


4. Antwort auf Frage 4: Welche Bedingungen kann EV im Einzelnen stellen?
Alle Bedingungen, die in der NAV vorgesehen sind und die der Versorger darüber hinaus (sofern zulässig) in seine Anschlussbedingungen aufnimmt. Die wichtigsten Bedingungen, die in der NAV geregelt sind, werden nachstehen erwähnt.

a. § 9 NAV
Der Netzbetreiber ist berechtigt, vom Anschlussnehmer Erstattung von Kosten für Anschlussherstellung und Änderungen des Anschlusses verlangen. Dabei erfolgt individuelle Berechnung je Haushalt und es sind in jedem Fall Unterschiede zwischen einem Niederspannungskabelnetz und einem Freileitungsnetz üblich. Eine Pauschalberechnung ist gem. § 9 I 2 NAV möglich.

c) § 11 Abs. 1 NAV

Baukostenzuschuss
Der Netzbetreiber kann von dem Anschlussnehmer einen angemessenen Baukostenzuschuss verlangen.

Der Baukostenzuschuss stellt einen verursachungsorientierten Beitrag für die erstmalige Bereitstellung des Anschlusses des Netzbetreibers zum Anschlussnehmer dar. Die Kosten ergeben sich aus der Bereitstellung, Errichtung und Verstärkung von Netzanlagen. Der Netzbetreiber kann nur soviel vom Anschlussnehmer verlangen, wie ihm vorgehalten werden kann. Bemessen wird der Zuschuss dann im Verhältnis zur Gesamtkosten.
Baukostenzuschüsse dürfen allerdings höchstens 50 vom Hundert der Kosten abdecken.

d) § 10 NAV:

Für den Fall, dass auf dem Grundstück des Anschlussnehmers eine Transformatorenanlage aufgestellt werden muss, kann der Netzbetreiber verlangen, dass vom Anschlussnehmer ein geeigneter Raum oder Platz zur Verfügung gestellt wird. Dieser muss für die gesamte Dauer des Netzanschlussverhältnisses zur Verfügung stehen und auch 3 Jahre nach Beendigung.
Der Netzanschlussnehmer hat diesen Platz unentgeltlich zur Verfügung zu stellen, solange es ihm zumutbar ist.
Ist bereits eine Transformatorenanlage auf dem Grundstück errichtet und ist diese auf einem, für den Anschlussnehmer unzumutbaren Stelle, so kann er die Verlegung der Anlage vom Netzbetreiber verlangen. Hierbei werden die Kosten vom Netzbetreiber getragen.

e) § 12 NAV:

Besteht eine Notwendigkeit, dass eine Leitung zur Zu- und Fortleitung der Elektrizität zur örtlichen Versorgung oder ein Leitungsträger über ein Grundstück gelegt werden muss, sind die Grundstückseigentümer dazu verpflichtet dies unentgeltlich zuzulassen.
Diese Pflicht betrifft allerdings nur Grundstücke, die an das Elektrizitätsversorgungsnetz angeschlossen sind, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einem an das Netz angeschlossenen Grundstück genutzt werden oder für die die Möglichkeit des Netzanschlusses sonst wirtschaftlich vorteilhaft ist.

Allerdings stellt die Unzumutbarkeit auch hier wieder eine Rolle, denn die Pflicht entfällt wenn Unzumutbarkeit für den Anschlussnehmer besteht oder keine Notwendigkeit mehr für die Leitung besteht. Ebenfalls kann der Anschlussnehmer verweigern, wenn es um eine Leitung für ein Nachbargrundstück geht. Ist es hier für den Netzbetreiber zumutbar, dass die Leitung über das betreffende Grundstück gelegt wird, kann der Anschlussnehmer dies verlangen.
Der Anschlussnehmer ist rechtzeitig zu benachrichtigen in wie weit sein Grundstück durch die Leitung zur örtlichen Versogung beansprucht werden soll.
Wie auch bei der Transformatorenanlage ist der Grundstückseigentümer dazu verpflichtet, die Leitung oder den Leitungsträger noch 3 Jahre nach Beendigung des Netzanschlussverhältnisses zu dulden.

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