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Energielieferverträge - Regeln des EnWG

Rechtsfragen der Grundversorgung sowie der Ersatzversorgung mit Energie

A. Einleitung
Energie wird auf der Grundlage eines Vertrages geliefert, den der Letztverbraucher mit seinem Vertragspartner nach zivilrechtlichen Regeln abschließt. Der Energieliefervertrag ist jedoch mindestens in zweierlei Hinsicht von einem anderen zivilrechtlichen Vertrag zu unterscheiden. Zum einen weist die Ware einige Besonderheiten auf - die Notwendigkeit der Nutzung einer bestimmten Infrastruktur, Einbeziehung anderer Rechtssubjekte in den Belieferungsvorgang etc.
Zum anderen bedarf das im EnWG enthaltene Prinzip der Energieversorgung nach Marktregeln einer Korrektur jedenfalls dort, wo sich der Kunde nicht um seine Versorgung kümmert bzw. wenn der jeweilige Kunde für das Energieversorgungsunternehmen eher problematisch ist und das Unternehmen eventuell den Kunden loswerden möchte.

Aus diesen Gründen sieht das EnWG einige besondere Regeln vor, wie eine flächendeckende Versorgung sicherzustellen ist und wer in diesem Zusammenhang die daraus entstehenden Lasten zu tragen hat. Darüber hinaus sieht das Gesetz einige Rahmenbedingungen vor, innerhalb deren ein Energieliefervertrag frei gestaltet werden kann.


B. Grundlagen


1. Begriffe
Die Begriffe Grundversorgung, Grundversorger, Ersatzversorgung und Haushaltskunden werden in Kurzform im Lexikon näher beschrieben. Eine ausführliche Erläuterung der Zusammenhänge folgt innerhalb der nächsten Gliederungspunkte.

2. Rechtsquellen
Die Grundlage für die Regelung der Grund- und Ersatzversorgung bildet das europäische Gemeinschaftsrecht, d. h. die Richtlinien 2009/72/EG und 2009/73/EG. Die Fragen der Versorgung der (Letzt-)Verbraucher mit Energie sind in den §§ 36 ff. EnWG geregelt. In diesen Vorschriften sind allerdings nur die grundlegenden Pflichten des Versorgers im Bereich der Grundversorgung beschrieben. Der detaillierte Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen dem Versorgungsunternehmen und dem Haushaltskunden ist nicht im EnWG sondern in Ausführungsverordnungen geregelt, die gem. § 39 EnWG erlassen wurden: in der StromGVV und in der GasGVV.

C. Grundversorgung
Sofern ein Strom- oder Gaskunde seinen Lieferanten nicht nach allgemeinen Marktregeln auswählt, sondern Energie einfach nur bezieht (ein Industriekunde hat diese Möglichkeit nicht, jedoch ein Haushaltskunde i. S. d. § 3 Nr. 22 EnWG sehr wohl), stellt sich die Frage, von wem diese Energie bezogen wird. Das EnWG sieht dafür den sog. Grundversorger vor, der die sog. Grundversorgung für all diejenigen Kunden übernimmt, welche keine expliziten Energielieferverträge (Sonderverträge) abschließen und dennoch versorgt werden müssen. Im Zusammenhang mit dem Grundversorger und der Grundversorgung stellen sich einige rechtliche Fragen, die nachstehend zu behandeln sind.

1. Ermittlung des Grundversorgers
Das EnWG regelt in § 36 Abs. 2 EnWG die Frage, wer Grundversorger ist. Grundversorger ist das Energieversorgungsunternehmen, welches bestimmte (materielle) Voraussetzungen erfüllt und entsprechend festgestellt wird (formelle Voraussetzung).

a. materielle Voraussetzungen (§ 36 II 1 EnWG)
Voraussetzung ist die Belieferung der meisten Haushaltskunden in einem Netzgebiet mit Energie. Maßgeblich ist dabei nicht die Anzahl der versorgten Personen sondern die Anzahl der abgeschlossenen Verträge (d. h. bei Haushlatskunden z. B. ein Vertrag je Haushalt mit dem Energieversorgungsunternehmen zählt nur einmal, unabhängig davon, wie viele Familienangehörige dem Haushalt angehören). Wie das Netzgebiet genau zu bestimmen ist, klärt das Gesetz allerdings nicht.

 (image: http://ife.erdaxo.de/uploads/EnergieRGrundversorgung/bild_1.png)


Die obige Grafik stellt in etwa die Situation im Fallbeispiel (s. u.) und zeigt, dass die Bestimmung des Netzgebietes (wo verlaufen die Grenzen eines Netzgebietes i. S. d. § 36 EnWG?) entscheidenden Einfluss auf die Frage hat, wer auf einem bestimmten Gebiet Grundversorger ist. Das Problem hierbei ist, dass es keine gesetzliche Regelung zur Einteilung des Netzgebietes gibt. Demzufolge stellt sich die Frage, ob der Netzbetreiber bzw. Versorger hier durch eine entsprechende Gestaltung der Wirkungsbereiche einzelner Gesellschaften das Netzgebiet bestimmen und die Grenzen festlegen kann. Diese Frage wurde weiter unten beim Fallbeispiel detailliert beantwortet. Zur Frage des Netzgebietes vgl. auch folgende Ausführungen.

b. formelle Voraussetzungen (§ 36 II 2 EnWG)
Die Grundversorgungspflicht entsteht erst dann, wenn der Grundversorger für das jeweilige Netzgebiet gem. § 36 II 2 EnWG festgestellt wird. Die Feststellung des (eventuell neuen) Grundversorgers erfolgt für jeweils drei folgende Kalenderjahre im vorangehenden Jahr. Die Feststellung erfolgt durch den Netzbetreiber des jeweiligen Netzgebietes. Vgl. dazu auch die Ausführungen weiter unten zum Fallbeispiel.

2. Pflichten des Grundversorgers im Überblick
Wird ein EVU als Grundversorger festgestellt, dann treffen ihn folgende Pflichten:
    • gem. § 36 I i. V. m. § 1 EnWG ist der Grundversorger verpflichtet, jeden _Haushaltskunden_ mit Strom in Niederspannung und mit Gas in Niederdruck entsprechend den Vorgaben (sicher, preisgünstig, verbraucherfreundlich, effizient und umweltfreundlich) zu beliefern
    • des weiteren muss die Versorgung zu den allgemeinen (veröffentlichten) Preisen und Bedingungen des Grundversorgers erfolgen
    • diese Bedingungen hat der Grundversorger jedem Neukunden sowie allen übrigen Kunden rechtzeitig vor Vertragsschluss bzw. mit der Vertragsbestätigung unentgeltlich auszuhändigen (§ 2 I StromGVV)
    • zusätzlich ist der Grundversorger verpflichtet, den Kunden über Änderungen zu unterrichten und diese Änderungen auf seiner Internetseite zu veröffentlichen.

3. Der Grundversorgungsvertrag
Obwohl die Grundversorgung praktisch ohne Zutun des Kunden stattfinden kann, handelt es sich dabei um ein vertragliches Schuldverhältnis. Einige Besonderheiten des zugrunde liegenden Vertrages sind nachstehend beschrieben.

a. Abschluss des Vertrages
Der Energieliefervertrag ist kein im BGB typisiertes Schuldverhältnis. Für einen Vertragsschluss benötigt man aber auch hier grundsätzlich - wie immer im Zivilrecht - ein Angebot und eine Annahme. In welcher Form die Rechtsverhältnisse zwischen den Versorgungsunternehmen und den Haushaltskunden begründet werden, wird durch die Ausführungsverordnungen (StromGVV und GasGVV) detailliert bestimmt. Der Grundversorgungsvertrag sollte jeweils nach § 2 I StromGVV bzw. § 2 I GasGVV in Textform geschlossen bzw. nachträglich in Textform bestätigt werden. Die beiden Paragraphen verwenden hier die Soll-Formulierung. Dies zielt allerdings mehr auf eine beweiskräftige Dokumentation hin. Demnach kommt es auch gemäß § 125 BGB nicht gleich zu einer Nichtigkeit des Vertrages, falls die Textform nicht eingehalten wurde und der Vertrag mündlich oder konkludent zustande gekommen ist.
Einen konkludenten Abschluss des Vertrages sieht ausdrücklich § 2 Abs. 2 StromGVV und GasGVV vor. Dies ist demnach insbesondere dann der Fall, wenn der Haushaltskunde einfach Energie aus dem Netz der allgemeinen Versorgung entnimmt, indem er Geräte einschaltet, die Energie verbrauchen. Das stellt bereits die Angebotsannahme dar und kann - obwohl es nur eine tatsächliche Handlung ist - auch als eine entsprechende konkludente Willenserklärung verstanden werden. In einem solchen Fall ist der Haushaltskunde gemäß § 2 II StromGVV bzw. § 2 II GasGVV angehalten, die Entnahme von Elektrizität oder Gas in Textform dem Grundversorger mitzuteilen. Daraufhin soll das Versorgungsunternehmen dann wieder eine Bestätigung des Vertragsschlusses in Textform nachreichen.

b. Allgemeine Preise und Bedingungen
Zur Grundlage des Grundversorgungsvertrages gehören auch die allgemeinen Preise und Bedingungen gemäß § 36 I EnWG. Sie stellen dabei eine Art AGB der Grundversorgungsverträge. Es ist dabei allerdings zu beachten, dass die meisten Vorgaben des Rechtsverhältnisses zwischen dem Haushaltskunden und dem Grundversorger bereits in der StromGVV und in der GasGVV geregelt sind und der Grundversorger lediglich diejenigen Inhalte regeln kann, die entweder in den Verordnungen nicht vorgegeben sind oder wenn in den Verordnungen dafür speziell Raum vorgesehen ist.
Mit dem § 39 EnWG hat sich der Gesetzgeber zusätzlich die Möglichkeit offen gehalten, die allgemeinen Preise und Bedingungen selbst zu regeln. Dies geht allerdings nur innerhalb der selbstgewählten Grenzen des § 1 I EnWG, welcher die Ambitionen an die Versorung der Allgemeinheit definiert. Von der Möglichkeit wurde bislang kein Gebrauch gemacht.

Art. 36 Abs. 1 EnWG sieht vor, dass der Grundversorger sowohl Allgemeine Bedingungen wie auch Allgemeine Preise der Versorgung veröffentlicht. Die Allgemeinen Bedingungen enthalten in erster Linie die Konditionen, zu denen der Grundversorger die Haushaltskunden mit Strom oder Gas beliefert, d. h. Art und Umfang der Versorgung, Aufgaben und Rechte des Grundversorgers, Abrechnung der Energielieferung, Beendigung des Grundversorgungsvertrages. Sie sind durch die StromGVV und GasGVV staatlich vorgegeben. Die Allgemeinen Preise hingegen sind Verzeichnisse mit Preisen, zu denen Haushaltskunden mit Strom und/ oder Gas versorgt werden, sobald das Grundversorgungsverhältnis begründet wird. Sie können sich dabei aus einem festen Grundpreis und einem verbrauchsabhängigen Arbeitspreis zusammensetzen.
Neben der StromGVV und GasGVV kann der Grundversorger einige Fragen des Grundversorgungsverhältnisses in gewissem Maße selbst regeln. Dies geschieht - sofern im Rahmen der StromGVV und GasGVV zulässig in den sog. ergänzenden Bedingungen. Diese werden - sofern veröffentlicht - zusätzlich in den Grundversorgungsvertrag aufgenommen und gelten dann ebenso automatisch. Ein Beispiel für die in ergänzenden Bedingungen regelungsfähigen Fragen sind die Mahn- und Inkassokosten.

4. Ausnahmen von der Grundversorgungspflicht (§§ 37, 36 I 2 EnWG)
Unter Umständen hat ein Haushaltskunde keinen Anspruch auf die Grundversorgung. Dies ist in folgenden Konstellationen der Fall:

a. Eigen- oder Drittversorgung, § 37 Abs. 1 EnWG
Der Anspruch auf Grundversorgung ist gem. § 37 I EnWG ausgeschlossen, wenn der Kunde nicht nur ein letztverbrauchender Haushaltskunde ist, sondern auch eine eigene Erzeugungsanlage nutzt oder sich von einem Dritten versorgen lässt. Bei einer Eigenerzeugungsanlage ist insofern irrelevant, wer diese im technischen Sinne betreibt.
In einigen Fällen besteht der Anspruch auf Grundversorgung dennoch (Ausnahme von der Ausnahme des § 37 Abs. 1 EnWG). Dies ist dann der Fall, wenn der Kunde gem. § 37 I S. 3 EnWG:
      • eine Notversorgung parat hält (das Notstromaggregat darf allerdings wirklich nur in seiner Funktion betrieben werden, d. h. um den Eigenbedarf abzudecken, wenn die öffentliche Versorgung ausbleibt; im Übrigen darf es nur 15 Stunden pro Monat zur Erprobung betrieben werden);
      • oder eine Kraft-Wärme-Kopplungsanlage betreibt (sofern diese Anlage eine Leistung von höchstens 50 kW hat);
      • oder eine Anlage zur Gewinnung von Energie aus erneuerbaren Quellen (EEG-Anlage ohne Leistungsbegrenzung) betreibt.

b. Zusatz- oder Reserveversorgung
Die Ausnahme des § 37 Abs. 1 EnWG hat keinen unbedingten Charakter. Der Kunde kann trotz der Eigen- oder Drittversorgung an der Grundversorgung dennoch interessiert sein. Im Falle einer eigenen Erzeugungsanlage, die seinen gesamten Bedarf deckt, kann er eine Reserveversorgung benötigen, die im Falle des Ausfalls oder der Wartung der Eigenerzeugung genutzt wird.
Die Reserveversorgung ist gem. § 37 Abs. 2 EnWG nur zumutbar, wenn sie den gesamten Eigenbedarf erfasst und ein fester, von der jeweils gebrauchten Energiemenge unabhängiger angemessener Leistungspreis mindestens für die Mindestvertragslaufzeit eines Jahres bezahlt wird.
Ungeachtet des § 37 II EnWG kann der Kunde im Rahmen des Zumutbaren auch eine Zusatzversorgung verlangen, insbesondere dann, wenn seine alternative Versorgung seinen Eigenbadarf nicht komplett decken kann. Das heißt, dass die Eigen- oder Drittversorgung den Anspruch nicht komplett ausschließt, sondern diesen insofern modifiziert, als die wirtschaftliche Zumutbarkeit unter den geänderten Umständen (keine vollständige Versorgung durch den Grundversorger) zu prüfen ist. Ist sie nicht gegeben, entfällt der Anspruch; bleibt sie bestehen, dann kann der Kunde eine angepasste Versorgungsart in Anspruch nehmen.

c. wirtschaftliche Unzumutbarkeit gem. § 36 I 2 EnWG
Haushaltskunden können von der Grundversorgung ausgeschlossen werden, wenn die Grundversorgung für den Grundversorger wirtschaftlich unzumutbar ist. Diese Ausnahme der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit ist in § 36 I 2 EnWG vorgesehen. Demnach ist der Grundversorger von der Versorgungspflicht befreit, wenn die schutzwürdigen wirtschaftlichen Interessen des Grundversorgers nicht angemessen berücksichtigt würden oder es zu wesentlichen Sondervorteilen beim Kunden käme, welche gleichzeitig die Wahrung der Preisgerechtigkeit verletzen. Die Gründe für eine wirtschaftliche Unzumutbarkeit liegen folglich meist in der Person des Haushaltskunden und ergeben sich aus alten oder noch aktuellen Grundversorgungsverhältnissen wie beispielsweise:
      • Zahlungsunfähigkeit
      • Zahlungsverweigerung
      • aufgelaufene Zahlungsrückstände
      • Kreditunwürdigkeit
      • vorangegangene Fälle des Energiediebstahls
Um den Gründen für diese Ausnahme, d. h. dem Inkassorisiko entgegenzuwirken, kann der Grundversorger von dem Haushaltskunden Vorauszahlungen und Sicherheitsleistungen verlangen. Die Sicherheitsleistungen können allerdings nur hilfsweise angewendet werden, wenn tatsächlich ein Risiko besteht. Im Übrigen ist zu beachten, dass ein nur temporäres Versorgungsinteresse in der Regel als zumutbar anzusehen ist, dies bei Mietern von Hotelwohnungen oder selten genutzten Ferienbehausungen der Fall sein kann, wenn die Versorgung nicht durch den Eigentümer gewährleistet wird.

Durch den Verweis in § 38 I EnWG auf den § 36 I EnWG gilt die Ausnahme der wirtschaftlichen Unzumutbarkeit zusätzlich auch für die Ersatzversorgung, welche weiter unten in diesem Artikel ausführlicher erläutert wird.

5. Beendigung der Grundversorgung
Die Beendigung des Grundversorgungsvertrages kann wie gewohnt durch eine ordentliche oder außerordentliche Kündigung erfolgen. Grundsätzlich gilt gemäß § 20 StromGVV bzw. § 20 GasGVV eine Frist von 1 Monat zum Ende eines Kalendermonats. Falls ein Haushaltskunde jedoch umzieht, verkürzt sich die Kündigungsfrist auf 2 Wochen zum Monatsende.
Möchte hingegen der Grundversorger kündigen, bedarf es der weiteren Voraussetzung des § 36 I S.2 EnWG. Demnach muss seine Grundversorgungspflicht auch weggefallen sein.

Ordentliche Kündigung
      • hier reicht jeweils die Textform aus
      • falls der Haushaltskunde kündigt, muss der Grundversorger dies innerhalb von 2 Wochen auch in Textform bestätigen
      • für den Kündigungsfall darf der Grundversorger keine zusätzlichen Entgelte verlangen (auch nicht bei Wechsel zu einem konkurrierenden Lieferanten)

Fristlose Kündigung
      • die Möglichkeit der fristlosen Kündigung steht ausschließlich dem Grundversorger zu
      • aber nur in besonderen Fallkonstellationen des § 21 i. V. m. 19 StromGVV bzw. § 21 iVm 19 GasGVV
      • nach § 19 I StromGVV bzw. § 19 I GasGVV kann ohne vorherige Androhung die Energiebelieferung unterbrochen werden, wenn Energiediebstahl vorliegt
      • nach § 19 II StromGVV bzw. § 19 II GasGVV bedarf es einer vorherigen Androhung
      • danach darf Grundversorger auch die Belieferung unterbrechen, wenn ein Fehlverhalten des Haushaltskunden vorliegt
      • dies ist häufig bei nicht beglichenen Zahlungsverpflichtungen gegeben
      • hier soll aber Stilllegung der Engeriezufuhr noch im Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung des Kunden stehen

6. Ökonomische Implikationen der Grundversorgung
Die Grundversorgung erfolgt in aller Regel zu höheren Preisen, als die Belieferung aufgrund von Sonderkundenverträgen. Da der Grundversorger seine Kunden nicht frei wählen kann, werden innerhalb der Preise der Grundversorgung insbesondere auch Risikozuschläge für nicht eintreibbare Forderungen und viele andere Kostenfaktoren berücksichtigt, um das erhöhte Ausfallrisiko tragen zu können. Wenn also zu den Grundversorgungskunden im Gebiet der Grundversorgung nun beispielsweise viele sozial schwächere Kunden gehören, die nicht zahlen oder in sonstiger Weise Probleme bereiten, dann ist die Stellung des Grundversorgers problematisch.
Auf der anderen Seite lohnt es sich - wegen der höheren Preise - eindeutig Grundversorger insbesondere dann zu sein, wenn die Grundversorgungskunden finanziell liquide sind und ihre Rechnungen prinzipiell ordnungsgemäß bezahlen. In solchen Fällen zeigen sich die dabei erzielten Umsätze als sehr vorteilhaft.


D. Die Ersatzversorgung
Bei der geltenden Konstruktion des Energiemarktes in Deutschland ist es möglich, dass ein Haushaltskunde Energie bezieht, ohne einen Liefervertrag dafür zu haben, obwohl er nicht unter die Grundversorgung fällt. Dann kann die Strombelieferung keinem Sondervertrag und auch nicht der Grundversorgung zugeordnet werden. Zu einer solchen Konstellation kann es grundsätzlich nur kommen, wenn mit dem Sondervertrag zwischen einem Haushalt und dem Energieversorgen etwas schief geht. Es kann beispielsweise bei einem Wechsel zwischen den Energieversorgern zu Verzögerungen kommen oder auch der Vertrag zwischen dem Netzbetreiber und dem Lieferanten unwirksam sein, sodass der Lieferant folglich keinen Netzzugang erhält. Daneben kann aber auch der Energielieferant insolvent gehen und den Verbraucher in eine Art vertragslose Lage versetzen. Für diese Fälle sieht das Gesetz in § 38 EnWG dies og. Ersatzversorgung vor.

1. Voraussetzungen
Für die Ersatzversorgung im Sinne des § 38 EnWG benötigt man einen vertragslosen Zustand des Letztverbrauchers und daneben den Energiebezug im Bereich der Niederspannung oder des Niederdrucks aus dem Netz der allgemeinen Versorgung. Dann greift die Ersatzversorgung als Rettungsnetz und gewährt dem Haushaltskunden eine vorläufige Rechts- und Versorgungssicherheit.

2. Rechtsfolgen
Gemäß § 38 I 1 EnWG wird der Energiebezug eines Haushaltes im Falle der Ersatzversorgung so behandelt, als würde er durch den Grundversorger selbst erfolgen. Damit ist der Grundversorger zur temporären Energiebelieferung verpflichtet und muss dafür den Abnehmerkreis sogar noch weiter ziehen, als er es im Rahmen der Grundversorgungssituation pflegt. Denn die Ersatzversorgung begünstigt alle Letztverbraucher und schließt auch Abnehmer mit einem größeren Energiebezug über die 10.000 kWh Vertrauchsgrenze hinaus mit ein. Diese Erweiterung ist hier besonders wichtig, da gerade der Bezug von Kunden mit sehr hohem Verbrauch erst recht nicht in einem vertragslosen Zustand erfolgen sollte.

3. Vertragsschluss
Der Beginn der Ersatzversorgung wird durch den Zeitpunkt der erstmaligen Energieentnahme bestimmt. Das Schuldverhältnis kann demnach unter Umständen auch schon entstehen, bevor der Grundversorger davon Kenntnis erlangt. Es ist deshalb kein Vertrag, sondern ein gesetzliches Schuldverhältnis.
Auch in Bezug auf die Ersatzversorgung finden sich ergänzende Regelungen in der StromGVV und GasGVV wieder. So muss unter anderem der Grundversorger gemäß § 3 II StromGVV bzw. § 3 II GasGVV seiner Mitteilungspflicht nachkommen und den Kunden über den Zeitpunkt des Beginns und über das Ende der Ersatzversorgung in Textform informieren. Innerhalb dieser Mitteilung muss auch daraufhin gewiesen werden, dass nach Ablauf der vorübergehenden Ersatzversorgung ein neuer Energieliefervertrag notwendig ist und dieser mit dem potenziellen Versorgungsunternehmen auch konkludent geschlossen werden kann.

4. Allgemeine Preise und Bedingungen
Genau wie bei der Grundversorgung wird auch die Ersatzversorgung inhaltlich durch die allgemeinen Preise und Bedingungen bestimmt. Nach § 1 I 3 StromGVV bzw. § 1 I 3 GasGVV finden hier wieder die Bestimmungen der beiden Ausführungsverordnungen Anwendung.
Im Falle der Ersatzversorgung dürfen unter Umständen sogar Preise festgesetzt werden, welche von den Grundversorgungspreisen nach oben hin abweichen.

5. Ende der Ersatzversorgung
Der Zustand der Ersatzversorgung soll selbstverständlich keine Dauerlösung darstellen. Daher wird auch in § 38 II EnWG die Maximaldauer auf 3 Monate beschränkt. Somit läuft die Energiebelieferung im Sinne der Ersatzversorgung auch ohne ein Kündigungsschreiben genau 3 Monate nach Beginn der Versorung einfach aus.
Alternativ kann die Ersatzversorgung auch bereits zu einem früheren Zeitpunkt beendet werden. Dies geschieht, wenn der Letztverbraucher einen neuen Energieliefervertrag abschließt. In diesem Zuge wird nämlich der Kunde von seinem neuen Lieferanten beim Netzbetreiber zur Nutzung angemeldet. Damit ist der vertragslose Zustand aufgehoben und der Energiebezug kann wieder einem bestimmten Liefervertrag zugeordnet werden.


E. Fallbeispiel
Stadtwerke Osthausen GmbH (O) und Stadtwerke Westhausen GmbH (W) betreiben Stromversorgungsnetze in benachbarten, unmittelbar aneinander angrenzenden Stadtgemeinden sowie im Umland der beiden Städte. Beide Unternehmen haben den Netzbetrieb in jeweils eine Netzgesellschaft ausgegliedert. Die jeweilige Stammfirma der Stadtwerke ist für den Stromvertrieb zuständig. Zwischen den Unternehmen herrscht ein erbitterter Wettbewerb - jedes Unternehmen versucht, bessere Ergebnisse zu erwirtschaften, als das jeweils andere. Seit der Liberalisierung der Strommärkte werben die benachbarten Stadtwerke sich auch gegenseitig Kunden ab.

Die O hatte traditionell etwas mehr Kunden, weil die Stadt O und die umliegenden Ortschaften etwas mehr Einwohner haben (insgesamt 130.000 angeschlossene Haushalte). Da aber im recht großen, im Westen des Gemeindegebiets liegenden Stadtteil Osthausen-Grauslich (ca. 20.000 Haushalte) ausgesprochen viele sozial schwache Einwohner leben, ist das Finanzergebnis der O nicht besser, als das der W. Viele Kunden aus dem problematischen Stadtteil, die im Rahmen der Grundversorgung mit Strom beliefert werden, bezahlen ihre Rechnungen nicht. Die Eintreibung von daraus resultierenden Forderungen gestaltet sich schwer und langwierig, viele Forderungen müssen immer wieder abgeschrieben werden.

Die W versorgt lediglich 105.000 Haushalte und Gewerbetreibende, dafür wirbt sie viel aggressiver und gewinnt im direkt benachbarten Gebiet - auch im Stadtteil Osthausen-Grauslich - immer mehr Kunden. Dabei ist der Vertrieb der W derart geschickt, dass ausschließlich zahlende Kunden abgeworben werden. Im Ergebnis beliefert W insgesamt 25.000 Haushalte und kleine Gewerbetreibende aus dem Netzbereich der O.

Da auf diese Weise die O immer mehr lukrative Kunden verliert, die Grundversorgung der sozial schwachen Letztverbraucher aber dennoch gewährleisten muss, sieht sie sich gezwungen, gegen diese "ungesunde Schieflage" (so die Geschäftsleitung der O) etwas zu unternehmen. Dabei kommt man bei O auf folgende Idee:
- die Netzgesellschaft der O wird in zwei GmbH-s aufgeteilt - in die Osthausen-Netzgesellschaft GmbH (ON) und in die Osthausen-Grauslich-Netz GmbH (OGN);
- die letztgenannte Gesellschaft (OGN) übernimmt einen relativ gut abtrennbaren Netzbereich im Stadtteil Osthausen-Grauslich und in einigen kleinen, technisch mit dem Netz des Stadtteils gut verbundenen Gewerbegebieten (insgesamt 16.000 Haushalte bzw. Gewerbeeinheiten).

Die Maßnahmen werden umgesetzt und nun bereitet sich die O darauf vor, dass im Stadtteil Osthausen-Grauslich die W die Grundversorgung übernehmen soll.


1. Wann muss ein Energieversorgungsunternehmen die Pflicht zur Grundversorgung übernehmen?
Das Energieversorgungsunternehmen muss die Grundversorgungspflicht übernehmen, wenn es gemäß § 36 II 1 EnWG im Netzgebiet der allgemeinen Versorgung die meisten Haushaltskunden beliefert. Dabei spielen die aktuellen gegebenen Marktverhältnisse eine große Rolle. Maßgeblich dabei ist die Zahl der Verträge über die Abnahmestellen der Haushaltskunden. Gemeint ist nicht die Anzahl der von dem Energieversorgungsunternehmen versorgten Personen bzw. Vertragspartner sondern die Zahl der Vertragsverhältnisse. Auch die Art und der Umfang der Versorgung von Haushaltskunden ist hier bedeutungslos (es spielt also keine Rolle, ob es sich um Ersatzversorgung, Grundversorgung oder Reserveversorgung etc. handelt).
In diesem Fall hat O 130.000 angeschlossene Haushalte, was der Mehrheit entspricht. W hingegen hat nur 105.000 angeschlossene Haushalte. Somit ist hier O der Grundversorger.
Dies muss zusätzlich durch den Netzbetreiber gemäß § 36 II 2 EnWG festgestellt werden. Dieser muss dann die nach Landesrecht zuständige Behörde informieren.

2. Welche Pflichten resultieren aus der Festlegung als Grundversorger?
Der Grundversorger muss gemäß § 1 I EnWG eine sichere, preisgünstige, verbraucherfreundliche, effiziente und umweltverträgliche Versorgung anbieten. Er muss gemäß § 36 I S.1 EnWG für das jeweilige Netzgebiet seine allgemeinen Preise und Bedingungen öffentlich bekannt geben und im Internet veröffentlichen. Zudem ist er gemäß § 18 I EnWG verpflichtet Haushaltskunden zu beliefern und diese nach § 36 I S.1 EnWG unter Kontrahierungszwang bedingungsgemäß zu versorgen.
Wie bereits erwähnt, ist O hier Grundversorger. Er ist folglich verpflichtet, unabhängig von der Attraktivität der zu versorgenden Gebiete für jeden Haushaltskunden einen sicheren, preisgünstigen, effizienten und umweltverträglichen Strom zu liefern. Die allgemeinen Preise und Bedingungen werden gemäß § 39 II S.1 EnWG von dem Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie überwacht. Dabei muss sicher gestellt werden, dass jeder Haushaltskunde von einem Energieversorgungsunternehmen beliefert wird. Die Ausgestaltung der Preise und Leistungen richtet sich nach § 1 I EnWG, da es im § 36 EnWG und den folgenen Paragraphen des EnWG keine materiellen Vorgaben gibt. Weitere Verordnungen zu den allgemeinen Preisen und Bedingungen finden sich in der StromGVV und GasGVV.

3. Muss W im oben geschilderten Fall die Grundversorgung im benannten Stadtteil übernehmen?
W müsste Verpflichteter i. S. d. § 36 I S.1 EnWG sein. Die formelle Voraussetzung hierfür ist die Feststellung nach § 36 II EnWG. Materiell muss W gemäß § 36 II EnWG ein Energieversorgungsunternehmen sein, die meisten Haushaltskunden im Netzgebiet der allgemeinen Versorgung versorgen. An diesem Punkt stellt sich allerdings die Frage, ob eine solche von O geplante Aufspaltung des Netzgebietes auf die Frage Einfluss hat, wie das Netzgebiet i. S. d. § 36 II EnWG zu bestimmen ist.

Wie bereits weiter oben im Artikel beschrieben, bestehen keine konkreten gesetzlichen Vorgaben zur Netzgebietseinteilung. Fraglich ist insbesondere, ob die Einteilung abhängig vom Gebiet einer Gemeinde, dem Netz eines einzelnen Netzbetreibers oder unabhängig von diesen Faktoren erfolgen soll. Die gemeindegebietsbezogene Einteilung enstpricht in der Regel einem Konzessionsvertag. Darunter versteht man spezielle Wegenutzungsrechte, die zur Verlegung und zum Betrieb von ganzen Netzen der allgemeinen Versorgung dienen. Über die Netzgebietseinteilung gibt es verschiedene Auffassungen bzw. Meinungen. Im Berliner Kommentar (Säcker) wird die Ansicht vertreten, dass die Netzgebietsverteilung gemeindegebietsübergreifend erfolgen kann und bezieht sich dazu auf die Vorschriften § 36 II EnWG und § 18 I EnWG. Hellermann wiederum ist der Meinung, dass die Netzgebietsverteilung gemeindegebietsbezogen erfolgen sollte und verweist auf die § 3 Nr. 17 EnWG und § 46 II S. 1 EnWG. Dies spiegelt die alte Regelung von 1998 wieder, die den Konzessionsvertrag zwischen Energieversorgungsunternehmen und Gemeinden als Rechtsgrundlage bei der Bestimmung der Bezugsgröße des Netzgebietes vorgeschrieben hat.

Das Netzgebiet ist in der Regel gemeindegebietsbezogen, d. h. aber auch, dass solch ein Netzgebiet auch kleiner sein könnte als das jeweilige Gemeindegebiet, weshalb eine im Fallbeispiel vorgenommene Aufspaltung denkbar ist und Einfluss auf die Bestimmung des Netzgebietes haben könnte. Allerdings ist ein Netzgebiet, das nicht mit dem Gemeindegebiet deckungsgleich ist, grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn dies auf die Struktur der Konzessionsverträge i. S. d. § 46 EnWG zurückzuführen ist. Es muss jeweils eine klare Abgrenzung ersichtlich sein, was der Konzessionsvertrag unterstützen würde. Sonst wäre die Bestimmung des Grundversorgers zu kompliziert.
Im vorliegenden Fall würde das bedeuten, dass die Aufteilung der Netzgesellschaft bei O keine Auswirkung auf die Bestimmung des Netzgebietes im Hinblick auf die Grundversorgung haben kann. Das Netzgebiet sollte für beide Netzbereiche zusammen erfolgen, sofern diese nur einem Konzessionsvertrag mit der Gemeinde unterliegen. Das ist die Regel, ein anderer Zustand ist im Sachverhalt nicht zu erkennen.



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