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Netzgebiet

Begriff des Netzgebietes i. S. d. § 36 Abs. 2 EnWG

In § 36 Abs. 2 EnWG macht der Gesetzgeber die Bestimmung eines EVU als Grundversorger davon abhängig, wie viele Kunden das jeweilige EVU in einem Netzgebiet versorgt. Dabei enthält weder § 36 EnWG noch das übrige Energierecht eine Definition des Netzgebietes.

Es besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass als Netzgebiet i. S. d. § 36 Abs. 2 EnWG nur ein bestimmbarer Bereich eines Netzes der allgemeinen Versorgung i. S. d. § 3 Nr. 17 EnWG betrachtet werden kann. Erstreckt sich allerdings ein solches Netz über größere Gebiete (z. B. über mehrere Gemeinden hinweg), dann stellt sich die Frage, inwiefern ein kleinerer Netzabschnitt der Betrachtung des § 36 EnWG zugrunde gelegt werden muss.

Nach meist anzutreffender Meinung ist dieses Problem einerseits mithilfe der Grenzen eines Gemeindegebiets zu lösen. Die auf das Gemeindegebiet bezogene Einteilung der Netzgebiete entspricht in der Regel auch einem Konzessionsvertag [1]. Der Konzessionsvertrag wird deshalb ebenfalls als ein Abgrenzungskriterium für Netzgebiete herangezogen [2]. Dennoch werden in Bezug auf die Netzgebietseinteilung unterschiedliche Auffassungen vertreten. Zum einen wird vertreten [3], dass die Netzgebietsverteilung gemeindegebietsübergreifend erfolgen kann und mit dem Gemeindegebiet nicht deckungsgleich ist, was aus § 36 Abs. 2 EnWG und § 18 Abs. 1 EnWG folgen soll. Andere [4] wiederum sind der Meinung, dass die Netzgebietsverteilung gemeindegebietsbezogen erfolgen sollte, was aus § 3 Nr. 17 EnWG und § 46 Abs. 2 S. 1 EnWG resultieren soll. Dies würde auch die alte Regelung von 1998 widerspiegeln, die den Konzessionsvertrag zwischen Energieversorgungsunternehmen und Gemeinden als Rechtsgrundlage bei der Bestimmung der Bezugsgröße des Netzgebietes vorgeschrieben hat.

Dabei ist auch der Umstand zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber zwei unterschiedlich Begriffsbestimmungen benutzt. Zum einen spricht er in § 18 Abs. 1 EnWG von Gemeindegebieten. Zum anderen in § 36 EnWG von Netzgebieten. Daraus lässt sich schließen, dass diese Begriffe - auch wenn häufig gleichbedeutend - durchaus unterschiedlichen Inhalt haben können.

Demnach ist festzustellen, dass das Netzgebiet i. S. d. § 36 Abs. 2 EnWG als das einem Netzbetreiber i. S. v. § 3 Nr. 27 EnWG zuzuordnende Versorgungsnetz zu sehen ist, unabhängig davon, wo Gemeindegrenzen verlaufen. Bei der Bestimmung der Größe und des Grenzverlaufs eines Netzgebiets, sollte auf das Gebiet des Konzessions- und Wegnutzungsvertrags i. S. d. § 46 EnWG abgestellt werden. Das ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen §§ 36, 18 und 46 EnWG. Mit anderen Worten scheint nur eine Lösung überzeugend zu sein, dass das Netzgebiet in der Regel gemeindegebietsbezogen definiert werden muss. Es kann allerdings auch kleiner ausfallen als das jeweilige Gemeindegebiet, weshalb eine Aufspaltung des Gemeindegebietes denkbar ist und Einfluss auf die Bestimmung des Netzgebietes haben kann. Allerdings ist ein Netzgebiet, das nicht mit dem Gemeindegebiet deckungsgleich ist, grundsätzlich nur dann anzunehmen, wenn dies auf die Struktur der Konzessionsverträge i. S. d. § 46 EnWG zurückzuführen ist. Es muss jeweils eine klare Abgrenzung ersichtlich sein, was der Konzessionsvertrag unterstützen würde. Sonst wäre die Bestimmung des Grundversorgers nicht hinreichend klar möglich.

Es ist in der Praxis also möglich, dass das Netzgebiet mit den Grenzen des Gemeindegebiets übereinstimmt oder auch mehrere Netzgebiete innerhalb einer Gemeinde getrennt betrachtet werden. Letzteres erscheint allerdings nur dann gerechtfertigt, wenn in solchen Fällen mithilfe der Anwendungsbereiche mehrerer Konzessionsverträge die Grenze zwischen Netzgebieten gezogen wird. Es wird wohl unzulässig sein, das Netzgebiet eines Netzbetreibers unter der Herrschaft eines Konzessionsvertrages willkürlich aufzuteilen.

Was bislang nicht abschließend geklärt ist, ist eine Zusammenfassung von mehreren Gemeinden und Konzessionsverträgen innerhalb eines Netzgebietes. Die Übernahme von früher unterschiedlichen Netzgebieten durch einen Netzbetreiber kann durchaus die Frage aufwerfen, ob dieser Netzbetreiber die Netzgebiete als ein Netzgebiet betrachtet. Das Gesetz steht einer solchen Integration zumindest nicht im Wege. Dies würde eine Zusammenfassung von mehreren Netzgebieten in einem ermöglichen, wenn ein Netzbetreiber für diese Gebiete zuständig ist. Dafür spricht die Übertragung der Verantwortung in Bezug auf die Festlegung des Grundversorgers in § 36 Abs. 2 EnWG auf den Netzbetreiber. Inwiefern daraus das Prinzip "ein Netzbetreiber ein Netzgebiet" abgeleitet werden kann, mag dahingestellt bleiben. Eine einheitliche Festlegung des Netzgebietes und damit Grundversorgers erscheint möglich.



[1] Unter Konzessionsverträgen sind Verträge über Wegenutzungsrechte zu verstehen, die zur Verlegung und zum Betrieb von ganzen Netzen der allgemeinen Versorgung dienen, die für das Gebiet einer Gemeinde in einem Vertrag zusammengefasst werden.
[2] Vgl. Hellermann in Britz/Hellermann/Hermes, § 36, Rn. 36 ff. sowie Koenig/Kühling/Rasbach, Energierecht, S. 171.
[3]Busche in: Säcker, Berliner Kommentar, § 36 EnWG, Rn. 28 ff.
[4] Hellermann, in: Britz/Hellermann/Hermes, EnWG - Kommentar, § 36, Rn. 37-38.


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