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Rechtsgeschäftliche Übertragung von Eigentum an Immobilien

Regeln und Prüfungsaufbau


Die rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung an Immobilien unterscheidet sich grundlegend von der Übereignung von beweglichen Sachen. Zwar ist der entsprechende Prüfungsaufbau prinzipiell vergleichbar aufgebaut, d. h.
  • neben einer Einigung
  • ist auch eine dem Publizitätsgrundsatz entsprechende Erkennbarkeit der Übertragung notwendig
  • wobei die Einigkeit auch bis zum Vollzug des Rechtserwerbs notwendig ist und
  • der Verfügende muss berechtigt sein, das Eigentum zu übertragen.

Die meisten der o. g. Voraussetzungen sind aber anders zu prüfen, als im Falle einer beweglichen Sache:
  • die Einigung ist in der besonderen Form der Auflassung vorzunehmen (vgl. § 925 BGB),
  • die Publizität erfolgt durch Grundbucheintragung, § 873 BGB,
  • die Einigkeit der Parteien ist in der Regel (§ 873 Abs. 2 BGB) verbindlich und kann deshalb nicht widerrufen werden,
  • ein Erwerb vom Nichtberechtigten richtet sich nach §§ 892 BGB ff.

Die nachstehend im Einzelnen kurz behandelten Voraussetzungen der Eigentumsübertragung an Immobilien sind auch als Baumstruktur unter folgender Adresse zu finden.

A. Auflassung
Die Auflassung ist eine spezielle Form einer rechtsgeschäftlichen Einigung und wird für die Eigentumsübertragung an Immobilien vorausgesetzt. Es ist zu beachten, dass die Form der Erklärungen sowohl § 873 Abs. 2 BGB wie auch § 925 Abs. 1 BGB geregelt ist und sich die Frage stellen kann, welche der beiden Vorschriften greift. In der Praxis wird die Auflassung in der Regel mit notarieller Beurkundung einhergehen, weshalb dann die Voraussetzungen beider Vorschriften erfüllt sind.

Die Auflassung ist gem. § 925 Abs. 2 BGB bedingungsfeindlich. Eine bedingte Übertragung von Immobiliareigentum ist insofern nicht möglich. Auch Befristung ist unzulässig.

B. Eintragung
Die Grundbucheintragung hat konstitutive Wirkung im Falle der Eigentumsübertragung an Immobilien. Die Eintragung hat unter den Voraussetzungen der Grundbuchordnung zu erfolgen (GBO). Es ist insbesondere zu beachten, dass das Verfahren auf Antrag zu führen ist, so dass eine Eintragung ins Grundbuch ohne Antrag nicht erfolgen kann. Ferner ist die Eintragung nur dann zulässig, wenn der Betroffene zustimmt (die Eintragung bewilligt), § 19 GBO. Dabei wird eine Person als bewilligungsberechtigt nur dann angesehen, wenn sie im Zeitpunkt der neuen Eintragung als (bisher) Berechtigte eingetragen ist. Auch ist zu beachten, dass insbesondere bei der Eigentumsübertragung die Form der beizufügenden Urkunden besonders zu beachten ist.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann die Eintragung vorgenommen werden. Erst mit der Eintragung erwirbt der neue Eigentümer das Eigentum im rechtlichen Sinne.

C. Einigsein bei Eintragung
Ähnlich, wie bei beweglichen Sachen, ist auch im Falle von Immobiliareigentum zu beachten, dass die dingliche Einigung keine Verpflichtung enthält, sondern nur eine Rechtsveränderung zum Gegenstand hat. Mit der Einigung darüber, dass das Eigentum übergehen soll, verpflichtet sich der Veräußerer zu nichts, sondern äußert den Willen, dass in einem bestimmten Augenblick eine bestimmte Veränderung eintreten soll. Solange diese Rechtsänderung nicht eintritt, kann er seine Meinung diesbezüglich jederzeit ändern. Zumindest vom Grundsatz her.

Dies ist allerdings weder aus Sicht des Gesetzgebers noch in der Praxis eine gewünschte Regel. Deshalb ist in § 873 Abs. 2 BGB vorgesehen, dass eine dingliche Einigung unter gewissen Voraussetzungen bindend ist. Diese Voraussetzungen (eine Alternative ist die notarielle Beurkundung) sind in der Praxis in aller Regel erfüllt, so dass sich die Frage nach "noch Einigkeit" im Zeitpunkt der Vollendung der Rechtsübertragung selten stellen.

D. Berechtigung
Entsprechend dem Grundsatz nemo plus iuris transferre potest quam ipse habet ist auch im Falle der Übertragung von Eigentum an einer Immobilie erforderlich, dass der Verfügende auch berechtigt ist, über die Immobilie zu verfügen. Dies ist in der Regel dann der Fall, wenn der Verfügende auch Eigentümer ist. Das heißt, dass grundsätzlich erst eine ins Grundbuch eingetragene Person (konstitutive Wirkung der Grundbucheintragung) über eine Immobilie verfügen könnte.

1. Ausnahme des § 185 Abs. 1 BGB, auch sog. Kettenverfügungen
Insbesondere bei sog. Kettenverfügungen (sofern diese in der Praxis erforderlich und sinnvoll sind) wären Transaktionen durch den o. g. Grundsatz sehr erschwert.

Vor diesem Hintergrund kommt eine andere Lösung ins Spiel, die dem Umstand zu verdanken ist, dass
    • die Auflassung in der Regel unwiderruflich ist (bei notarieller Beurkundung),
    • Verfügung mit Einwilligung des Berechtigten auch als Verfügung eines Berechtigten anzusehen ist.
In diesem Fall der Verfügung über eine Immobilie, bei welcher der Veräußerer noch nicht eingetragener Eigentümer ist, er aber eine Auflassung zu seinen Gunsten vorlegen kann, wird die Verfügung gem. § 185 Abs. 1 BGB nicht beanstandet, sie ist wirksam und führt zur Eigentumsübertragung, sofern die übrigen Voraussetzungen erfüllt sind. Die Auflassung wird als Einwilligung des Veräußerers zur Einräumung von Eigentum (Eintragung eines anderen Eigentümers) gesehen.

2. Sonderfall der nachträglichen Verfügungsbeschränkungen
Der Erwerber erwirbt das Eigentum vom Berechtigten gem. § 878 BGB auch dann, wenn bei Eintragung ins Grundbuch eine Verfügungsbeschränkung eingetreten ist, sofern diese Einschränkung nach einer verbindlichen Einigung und nach dem Grundbuchantrag eingetreten ist.
Die Vorschrift regelt nicht etwa den Fall, dass der Veräußerer in der Zwischenzeit das Eigentum verliert, weil für diesen Fall § 892 BGB anzuwenden ist. Sie hilft dem Erwerber in den Fällen etwa einer Insolvenz (§ 80 Abs. 1 InsO), bei der Testamentsvollstreckung (§ 2205 BGB), Nachlassverwaltung (§ 1985 BGB) und bei einer Vereinbarung zum Inhalt von Sondereigentum gem. § 12 Abs. 1 WEG.

3. Gutgläubiger Erwerb gem. § 892 BGB
Die Bedeutung, die für bewegliche Sachen der Besitz hat, hat für Immobilien das Grundbuch und eine entsprechende Eintragung in diesem. Die Vermutungswirkung des Grundbuchs geht sogar weiter als die Vermutungsregel des § 1006 BGB für bewegliche Sachen: man spricht vom öffentlichen Glauben des Grundbuchs, vgl. § 891 BGB sowie § 892 BGB.

Im Rahmen des öffentlichen Glaubens des Grundbuchs ist ein gutgläubiger Erwerb von Eigentum an einer Immobilie vom Nichtberechtigten möglich. Die dafür einschlägigen Voraussetzungen sind:

a. Anwendbarkeit der Regeln - Verkehrsgeschäft etc.
Auch im Falle einer Immobilie ist ein Erwerb vom Nichtberechtigten nur im Rahmen eines sog. Verkehrsgeschäftes zulässig. Im Detail kann an dieser Stelle weitgehend auf die Regeln des Prüfungsaufbaus verwiesen werden, die sowohl für bewegliche Sachen wie auch für Immobilien gelten.

b. Unrichtigkeit des Grundbuchs
Die Gutglaubensvorschrift des § 892 BGB setzt voraus, dass die tatsächliche Rechtslage von den Eintragungen im Grundbuch abweicht. Dabei ist die Vorschrift sowohl auf falsche Eintragung des Eigentümers wie auch auf viele weitere Umstände anzuwenden (Existenz eines beschränkten dinglichen Rechts, Vorhandensein einer relativen Verfügungsbeschränkung etc.). Im Falle der Eigentumsübertragung kann sich die Unrichtigkeit nur auf Eigentumsverhältnisse beziehen.

c. Legitimation des Verfügenden
Der Verfügende (der die Eintragung auch bewilligen muss) muss durch die unrichtige Lage im Grundbuch legitimiert sein. Alternativ kann sich die Legitimation daraus ergeben, dass der Veräußerer sich auf einen Erbschein beruft, der ihn als Erben der eingetragenen Person ausweist oder von der eingetragenen Person eine unwiderrufliche Einwilligung (Auflassung) vorlegen kann.

d. Guter Glaube des Erwerbers
Der gutgläubige Erwerb gem. § 892 BGB ist nur dann ausgeschlossen, wenn der Erwerber von der Unrichtigkeit des Grundbuchs wusste. Nicht einmal grob fahrlässige Unkenntnis schließt die Redlichkeit des Erwerbers aus. Daher ist die Feststellung des guten Glaubens in diesem Falle relativ einfach - dabei führt die Vermutung der Redlichkeit auch dazu, dass die den Erwerb bestreitende Person die positive Kenntnis der wahren Umstände des Falles nachweisen muss.
Problematisch ist allerdings die Frage, zu welchem Zeitpunkt der Erwerber gutgläubig sein muss. Unproblematisch ist dies dann, wenn der Erwerber bei Vollendung des Erwerbs gutgläubig i. S. der Vorschrift ist. Dies ist auch der Regelfall, allerdings nicht die einzige Möglichkeit. Gem. § 892 Abs. 2 BGB reicht die Gutgläubigkeit bei Beantragung der Eintragung (Zeitpunkt der Antragstellung) aus, wenn die Eintragung die letzte Voraussetzung des Rechtserwerbs war.

e. Keine eingetragenen Widersprüche
Gegen falsche Eintragungen im Grundbuch kann Widerspruch beantragt und eingetragen werden. Er verhindert zwar nicht jegliche Verfügungen, beseitigt aber den öffentlichen Glauben des Grundbuchs, gutgläubiger Erwerb ist dann nicht mehr möglich, wenn der Widerspruch gegen diese spricht.


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